Darum bleibt der Titelkampf bis Le Mans 2019 spannend
Der Toyota TS050 Hybrid von Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López gewann bei der FIA WEC in Shanghai
Ganz klar: Die LMP1-Kategorie der Sportwagen-WM (FIA WEC) ist derzeit eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Trotz etlicher Anpassungen der EoT (Equivalence of Technology) gehen die Siege in den einzelnen Rennen stets nur über Toyota. Das war zuletzt auch bei den 6 Stunden von Shanghai so, als Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López ihren zweiten Saisonsieg feierten. Zwar kam Rebellion den Hybrid-Rennern in der Qualifikation sehr nahe, doch im Renntrimm sahen die Privatwagen wieder kein Land gegen das Werksimperium.
Durch das Ergebnis aus Shanghai spitzte sich nun auch der toyotainterne Fight um die Fahrer-WM-Krone weiter zu. In der Gesamtwertung liegen die Rennsieger mit 97 Zählern nur noch fünf Punkte hinter den Teamkollegen Sébastien Buemi, Kazuki Nakajima und Fernando Alonso. «Es ist großartig zu siegen und dass wir die Dynamik von Fuji mitnehmen konnten, besonders da es das letzte Rennen des Jahres ist. Jetzt werden wir uns über den Winter weiter vorbereiten, damit wir die Saison auch stark beenden können», kommentierte der Brite Conway das Ergebnis.
Conway/Kobayashi/López haben sich schon die ganze Saison über als das leicht schnellere Toyota-Gespann bewiesen. Jedoch wirkte es zu Saisonbeginn so, als favorisiere Toyota den TS050 Hybrid um Fernando Alonso. Doch seit den 6 Stunden von Fuji triumphieren nun auch Conway/Kobayashi/López. Wie es scheint, hat hier ein Umdenken bei der Toyota-Teamführung stattgefunden.
Der Grund dafür liegt auf der Hand und ist im Ergebnis des Rennens in Silverstone zu finden. Da überquerten beide Toyota als erstes die Ziellinie (natürlich Buemi/Nakajima/Alonso vor Conway/Kobayashi/López). Doch aufgrund einer Beanstandung am Unterboden flogen beide Hybrid-Bomber nachträglich aus der Wertung. Durch das abgeänderte Resultat überflügelte das Rebellion-Trio Mathias Beche, Gustavo Menezes und Thomas Laurent mit 63 WM-Punkten auch den Toyota von Conway/Kobayashi/López (46) in der Tabelle und lag nur noch zwei Zähler hinter den Leadern Buemi/Nakajima/Alonso.
Dieser Post-Silverstone-Tabellenstand muss als eine Art Warnschuss wahrgenommen worden sein. Bei einem weiteren Nuller von Buemi/Nakajima/Alonso (der bei Langstreckenrennen mit Fahrzeugen aus vier unterschiedlichen Klassen gleichzeitig auf der Strecke nicht gerade unwahrscheinlich ist) wäre die Tabellenführung womöglich dahin gewesen. Indem seit Fuji nun auch Conway/Kobayashi/López gewinnen, hat Toyota also zwei heiße Eisen im Feuer um den Fahrertitel.
Nun stehen noch drei Rennen in der 'Super-Season 2018/19' der FIA WEC an. Dabei ergibt sich eine ganz merkwürdige Konstellation. Denn nur noch für die 6h von Spa-Francorchamps werden die Punkte anhand des üblichen Schemas (25 Zähler für den Sieg) verteilt. Aufgrund der Überlänge werden die 1000 Meilen/Acht Stunden von Sebring 1,25-fach gewertet und die 24 Stunden von Le Mans anderthalbfach.
Im Klartext bedeutet dies, dass Toyota die WM-Krone aller Voraussicht nach nicht mehr vorzeitig sicherstellen kann. Hinzu kommt, dass das Renngeschehen in Le Mans immer seine eigenen Gesetze hat. Sollten beim Klassiker an der Sarthe beide Toyota ausfallen, könnte das in der Tabelle aktuell drittplatzierte Rebellion-Trio (derzeit 73 Punkte) bei einem eigenen Sieg an der Sarthe 38 Meisterschaftspunkte einfahren - und womöglich sich vielleicht sogar den WM-Titel sichern.
Toyota ist dieses latent im Hintergrund schwelende Risiko bewusst. Die einzige Möglichkeit hier entgegenwirken zu können ist, beide TS050 Hybrid bis zum Saisonende frei von Teamorder fahren zu lassen. Somit wird sich wohl tatsächlich erst in Le Mans entscheiden, wer die Fahrer-WM 2018/19 gewinnt. Dem Zuschauer dürfte dieser Fakt sicherlich Freude bringen.