Blick hinter die Kulissen des Porsche 919 Hybrid
Er ist der clevere Kopf hinter der Technik des Porsche 919 Hybrid: Alexander Hitzinger
Herr Hitzinger, nach dem klaren Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans erschien Porsche beim vierten Lauf der FIA WEC am Nürburgring mit einer neuen Aerodynamik. Worauf haben Sie bei der Entwicklung besonderen Wert gelegt?
Alexander Hitzinger: Das Ziel für das Aero-Paket war ganz klar: Der Abtrieb sollte erhöht werden. Diese Massnahme muss jedoch immer in gutem Verhältnis zum Luftwiederstand stehen, um die Gesamteffizienz nicht zu mindern. Ausserdem sollte die Aero-Sensitivität minimiert werden, wie zum Beispiel die Crosswind-Anfälligkeit. Dazu kommt: Mehr Abtrieb hat theoretisch auch immer positiven Einfluss auf den Reifenverschleiss. Denn man erhöht das Grip-Niveau und verbessert das Handling. Als Folge bauen die Reifen weniger ab.
Welche zeitlichen Rahmenbedingungen gilt es bei der Entwicklung eines solchen Pakets zu beachten?
Wir haben einen gewissen Zyklus: Zuerst arbeiten wir mit Hochdruck an dem Auto für Le Mans. Doch zu einem bestimmten Zeitpunkt muss ein Schnitt gemacht werden, um die Le-Mans-Spezifikation final zu definierten. Das bedeutet: Die Entwicklung wird eingefroren und im Anschluss werden jede Menge Teile produziert. Das ist sozusagen eine Tod-Zeit: Denn das Paket ist fertig, aber das Rennen in Le Mans steht noch bevor. Doch da beginnt schon die Entwicklung der Spezifikation für die Läufe nach Le Mans. Wenn diese abgeschlossen ist, hat man innerhalb der Saison jedoch nicht mehr die Zeit, um noch grossartige Änderungen an der Hardware zu machen. Somit läuft dann die Entwicklung für das nächstjährige Auto an.
Das bedeutet: Sie werden mit dem aktuellen Stand des Porsche 919 Hybrid die Saison 2015 zu Ende fahren?
Das bestehende Paket wird trotzdem weiter optimiert. Zum Beispiel beim Setup, der Software oder der grundsätzlichen Funktionalität. Eben das, was schnell umsetzbar ist. Aber an der Hardware, die ja lange Lieferzeiten hat, können wir keine Optimierungen mehr machen. Deswegen entwickeln wir die Komponenten so, dass wir einigermassen flexibel sind. Also beispielsweise etwas mit dem Abtrieb spielen können. In gewisser Weise generieren wir einen Baukasten, aus dem wir uns dann jeweils immer das herausholen, was wir für die einzelnen Strecken brauchen. Diesen Baukasten erweitern wir für den Rest der Saison aber nicht mehr.
Als Porsche 2014 in die LMP1-Klasse einstieg, haben Sie sich für einen kleinen Turbomotor und Batterien als Speichermedium entschieden. Wie sehr freut es Sie, dass jetzt auch die Konkurrenz, zumindest teilweise, in diese Richtung gehen will? Gibt das eine gewisse Genugtuung?
Ja klar, absolut. Am Anfang haben die drei Hersteller drei verschiedene Konzepte heraus gebracht. Es wurde überall viel diskutiert, welche Idee wohl die beste sei. Ich habe mir nur gedacht: OK, schauen wir mal und warten ab. Und jetzt kristallisiert sich halt schon heraus, dass unser Konzept in die Richtung weist.
Im zweiten Teil des Interviews mit Alexander Hitzinger blickt der Technische Direktor auf die Saison 2016 und erklärt, welche Neuerungen in den kommenden Jahren in der LMP1-Klasse zu erwarten sind.