6h Silverstone: Die Lehren des Auftakts der FIA WEC
In der FIA WEC wird es 2016 eng zugehen
Blickt man auf die '6 Stunden von Silverstone', bleibt natürlich erst einmal die Disqualifikation des zunächst siegreichen Audi R18 von Marcel Fässler/André Lotterer/Benoît Tréluyer hängen. Doch dieser (nennen wir es unglückliche) Ausgang soll nicht darüber hinwegtäuschen, welch aussergewöhnliche Leistung die Protagonisten der FIA WEC dargeboten haben.
Ganz klar, an der Spitze des Feldes wird in der Saison 2016 endlich der langersehnte enge Dreikampf von Audi, Porsche und Toyota stattfinden. Analysiert man das Geschehen, fällt auf, dass vom reinen Speed her Porsche noch immer leicht die Nase vorne haben sollte – was übrigens auch nicht genannte Fahrer der beiden anderen Fabrikate bestätigten, nachdem sie einige Runden Vis-a-Vis mit dem 919 Hybrid unterwegs waren. Vor allem auf der Bremse ist der Wagen eine Macht. Und ohne den Zusammenstoss von Brendon Hartley mit einem GTE-Boliden hätten die Weissacher wohl das Rennen auch auf der Strecke gewonnen.
Doch die beiden Anderen haben nach ihren vielen Niederlagen im Vorjahr für 2016 mächtig aufgeholt. Audi kämpfte mit Porsche auf Augenhöhe. Beide Fahrzeug-Modelle spulten ähnliche Rundenzeiten ab. Der R18 wusste beispielsweise am Ende der (in Silverstone nicht ganz so langen) Geraden zu überzeugen. Und der Schritt in die 6-MJ-Klasse war vor allem beim Beschleunigen aus engen Kurven spür- und sichtbar. Dazu kommt, dass die Audi R18 (im Gegensatz zu Porsche und Toyota) bekanntlich ja nur über ein Hybrid-System verfügen (KERS auf der Vorderachse). Und das Streckenlayout von Silverstone diesen Fakt nicht gerade begünstigte. Denn die Ingolstädter hatten Probleme, das System jeweils vollständig aufzuladen. Auf anderen (besser geeigneten) Kurses wird also auch hier noch mehr vom neuen Audi zu erwarten sein.
Auch Toyota darf nicht unterschätzt werden. Zwar hatten die Japaner ein eher unauffälliges Rennen, doch sie waren sehr dicht an den beiden Anderen dran. Grundsätzlich musste ja dort auch der grösste Schritt nach vorne gemacht werden – was gelang. Doch um bei der Vergabe des Rennsieges mitreden zu können, waren die Rundenzeiten der TS050 Hybrid einfach noch zu unbeständig. Dennoch: Obwohl der Kurs in Zentral-England für Toyota jener ist, der dem neuen Wagen von allem FIA-WEC-Strecken am wenigsten liegt, konnte man ordentlich auftrumpfen - und hatte erst in den letzten Rennminuten die Führungsrunde verloren. Ab dem zweiten Lauf werden die Japaner siegfähig sein.
Ein noch tieferes Gesamtbild werden dann die 6 Stunden von Spa-Francorchamps bieten. Denn aufgrund der Wetterverhältnisse konnten die Teams eigentlich nur Teile des zweiten freien Trainings am Freitag dazu nutzen, um an der Rennabstimmung zu feilen. Oder anders gesagt: Zu einhundert Prozent waren die Wagen noch nicht eingestellt.
Dann bleibt noch der Blick auf die Rundenzeiten im Allgemeinen. Um die LMP1 etwas einzubremsen haben die Regelhüter den Rennwagen für 2016 bekanntlich pro Runde weniger Treibstoff (und auch weniger maximalen Treibstoff-Durchfluss) zugesprochen. Dennoch wurde die Pole-Position-Zeit aus dem Jahr 2015 schon am Freitag geknackt. Die technischen Abteilungen haben also über den Winter wieder ganze Arbeit geleistet - und somit stehen auch 2016 Rekordrunden an. Diese werden durch die Reglementierung nur eben etwas moderater ausfallen, als wenn noch mit 2015er Konfiguration gefahren worden wäre.