Rücktritts-Gerüchte: Wieder Wirbel um Lewis Hamilton
Lewis Hamilton
Hamiltons stoische Weigerung gegen strikte Anweisungen vom Mercedes-Kommandostand beim Abu-Dhabi-GP sorgte für Ärger im Mercedes-Lager. Motorsportchef Toto Wolff schloss Sanktionen gegen den Briten nicht aus. Im Rahmen der Feiertour gemeinsam mit Champion Nico Rosberg bat der Österreicher um Geduld. Wolff hatte unmissverständlich klargemacht, dass Anarchie nicht gehe, auch wenn er Hamiltons Sicht verstehen könne.
Für britische Medien reichte das aus, um über einen Rauswurf zu spekulieren. Parallel macht nun eine Rücktritts-Geschichte die Runde, die allerdings schon etwas länger zurückliegt. Vom F1-Experten des britischen TV-Senders Sky, Martin Brundle, wurde Hamilton in Abu Dhabi auf den Barcelona-GP angesprochen. «Nach dem Crash in Spanien sagtest du: „Ich höre auf. Ich gebe auf. Ist da was Wahres dran?», fragte Brundle.
Hamilton entgegnete: «Das sind private Dinge, die in der Vergangenheit liegen.» Ein Dementi, eine Verweisung in das Reich der Gerüchte und Fabeln, hört sich anders an.
Der Hintergrund: In Barcelona waren Hamilton und sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg in der ersten Runde nach wenigen hundert Metern kollidiert und ausgeschieden. Zwei Dinge machten Hamilton zu schaffen: Sein Rückstand von damals satten 43 Punkten, auch bedingt durch technische Probleme an seinem Boliden. Und der Umstand, dass die Verantwortlichen neutral blieben, was die Schuldfrage anging. Für Hamilton war die Sachlage klar: Rosberg war der Auslöser des Crashs. Doch im Gegensatz zur Vergangenheit hielten sich Wolff und Niki Lauda zurück.
Hamilton war am Boden, sagte später über seine Gemütslage, die Situation sei ein «massives Tief» gewesen, sein Rückstand im Titelkampf schien ihm «aussichtslos». Nicht nur, weil er besagte technische Probleme hatte, sondern weil Rosberg bis Barcelona auch die ersten vier Rennen alle gewonnen hatte.
Offenbar waren damalige Gedanken an einen sofortigen Rücktritt kein spontanes Hirngespinst, eine erste Emotion eines für seine Emotionen bekannten Fahrers. Denn offenbar hat Mercedes Hamiltons Gedankenspiele ernst genommen.
Ein Hinweis darauf: Bei den dem GP in Barcelona folgenden Testfahrten war Esteban Ocon am zweiten Tag als Fahrer vorgesehen, am späten Dienstagabend um 20 Uhr wurde allerdings Pascal Wehrlein für einen Einsatz abkommandiert. Mercedes erklärte den spontanen Fahrerwechsel mit der Erfahrung Wehrleins im Gegensatz zu Ocon, dadurch konnte allerdings Hamilton wiederum nicht wie geplant in Silverstone testen. Es ist also nicht verwunderlich, dass nun spekuliert wird, Mercedes-Junior Wehrlein sei damals für einen möglichen spontanen Einsatz im Silberpfeil beim anschließenden Monaco-GP vorbereitet worden.
Mercedes hatte Gerüchte in diese Richtung, die es schon damals gab, übrigens dementiert. «Manchmal ist ein Gerücht so verrückt, dass es keine Antwort verdient hat», twitterte das Team. Wer oder was Hamilton umgestimmt hat? Auch da sprießen die Gerüchte: Möglicherweise Wolff und Lauda, selbst Rosberg wird als Kandidat genannt, der Hamilton in einem gemeinsamen Gespräch zum Umdenken bewogen hat.
Fakt ist, dass Hamilton aus der Krise so stark wie selten hervorkam, er gewann sechs der folgenden sieben Rennen und setzte sich vor der Sommerpause sogar an die Spitze der WM-Wertung.
Was ein Vorkommnis in der Vergangenheit mit der Gegenwart zu tun hat? Natürlich wird nun eifrig spekuliert, ob Hamilton nach dem verlorenen Titelkampf gegen Rosberg erneut in ein Loch fällt und ähnliche Gedanken wie im Frühjahr hat. Und sicher wird es auch eine große Rolle spielen, welche Konsequenzen Mercedes nach Hamiltons Bummel-Taktik nun letztendlich ziehen wird.
Rosberg meinte dazu: «Wie es Lewis Hamilton jetzt geht, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, wie es mir 2014 und 2015 ging, als ich gegen Lewis den Kampf um die WM verloren habe. Diese Niederlagen waren hart. 2014 ging es ja auch bis zum Finale von Abu Dhabi. Eine solche Niederlage zu verdauen, ist ganz schwierig. 2015 verlor ich in Texas erneut auf eine sehr unangenehme Art und Weise. Ich glaube, Lewis hat nun daran so hart zu knabbern wie ich damals.»