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Formel-1-Technik: 14 heisse Fragen zum Australien-GP

Von Mathias Brunner
​Charlie Whiting, Ansprechpartner der Teams und Rennleiter, stellt sich in Melbourne 14 heissen Fragen und redet über Fahrer, Aufhängungen, Sicherheit, Motoren und den Kopfschutz Halo.

Es ist ein Pflichttermin: Jeweils vor dem Saisonbeginn stellt sich Charlie Whiting den Fragen der Berichterstatter. Der 64jährige Engländer ist seit vielen Jahren Ansprechpartner der Rennställe in Sachen Technik und Formel-1-Rennleiter. Hier nimmt er zu den heissesten vierzehn Fragen vor dem WM-Auftakt in Australien Stellung.

Wieso erhalten die Piloten 2017 wieder eine längere Leine?

Wir haben die Regel einfach etwas breiter aufgestellt. Es ist eine andere Interpretation. Die Rennkommissare sollen sich bei einem haarigen Duell zweier Streithähne einfach nur die Frage stellen – war das nun gefährlich oder nicht? Es soll nicht mehr jede Aktion automatisch untersucht werden, wenn ein Pilot sein Fahrzeug in der Bremszone anders positioniert. Einige Vorfälle, die 2016 noch geahndet wurden, würden 2017 wohl straffrei ausgehen. Die Fahrer sollen mehr Freiheiten erhalten.

Wo stehen wir in Sachen vernetzter Aufhängungen? Ist sich die FIA ihrer Sache sicher, dass alle Rennställe regelkonform arbeiten?

Wir erwarten hier in Australien keine Probleme. Unsere Mitarbeiter Jo Bauer und Martin Budkowski haben im Rahmen der Barcelona-Tests zahlreiche Teams untersucht, der Rest der Autos wird hier in Melbourne inspiziert. Bislang sind wir damit zufrieden, was wir gesehen haben. Wir wollten einfach eingreifen auf der folgenden Basis: Ab welchem Punkt macht eine Aufhängung mehr als sie sollte? Wenn wir den Eindruck haben, dass der vorrangige Sinn einer Vorrichtung nicht mehr die Aufhängung ist, sondern eine Beeinflussung der Aerodyamik, dann müssen wir eingreifen. Wenn eine Aufhängung beispielsweise unterschiedlich schnell rauf- und runtergeht. Der Ball liegt bei den Teams. Sie müssen uns davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Wie steht es um die Einführung des Kopfschutzes Halo?

Wir sind nach wie vor auf Kurs, um ihn 2018 einzuführen. Bislang ist der Halo die einzige Vorrichtung, die uns überzeugt, aber wir sehen uns auch andere Systeme an. Bis Ende April 2017 müssen wir eine Entscheidung haben, ob der Halo 2018 kommt. Weitere Tests damit im freien Training sind nicht vorgesehen. Die Rennställe haben 2016 damit genügend Erfahrungen machen können.

Wir haben derzeit 1,6-Liter-V6-Turbomotoren. Was passiert mit den Motoren über 2020 hinaus?

In der Woche nach dem Australien-GP haben wir eine Sitzung mit den Motorenherstellern, die uns darlegen wollen, in welche Richtung die Reise gehen soll. Wir haben derzeit keinen Plan. Wir wollen uns zunächst die Argumente der Hersteller anhören.

Wird daran gedacht, seitens FIA einzugreifen, wenn ein Motorenhersteller 2017 eklatant hinterher hinkt?

Wir haben festgehalten, nach drei oder vier Grands Prix zu entscheiden, wo die Hersteller in Sachen Leistungsfähigkeit stehen. Dann werden wir darüber beraten, was zu tun ist.

Einige der so genannten T-Flügel, die Zusatzflügel an der Motorabdeckung, scheinen sich bedrohlich zu verbiegen. Ist die FIA da wachsam?

Ja, unser technischer Delegierter Jo Bauer schaut sich das derzeit an.

Bedeutet die neue, schnellere Formel 1 eine Änderung beim verstellbaren Heckflügel, also dem DRS (drag reduction system)?

Auch hier haben wir festgehalten: Sehen wir mal, wie das mit den neuen Autos so läuft. Hier in Australien hätten wir beispielsweise keine Möglichkeit gehabt, die DRS-Zone zu verlängern. Nach dem China-GP sind wir schlauer, ob wir reagieren müssen.

Wird den hässlichen Haiflossen 2018 der Geraus gemacht?

Viele finden diese Flossen hässlich. Ich persönlich habe damit kein Problem, aber wenn eine Mehrheit findet, die sollten weg, dann packen wir das Thema für 2018 an.

Wie wird seitens der Strecken auf die neue, schnellere Formel 1 reagiert?

Die Vorgabe bestand ja darin, die schnellste Formel 1 aller Zeiten zu haben. Klar gucken wir uns anhand von Simulationswerkzeugen an, was dies für die einzelnen Rennstrecken bedeutet. Hier in Australien beispielsweise wurden vier Kurven besser gesichert. Auf neuen Strecken wie Shanghai ist keine Arbeit nötig, auf älteren Bahnen wie Suzuka schon. Ich reiste via Japan hier nach Australien, um mir das in Suzuka anzusehen. Wir wollen die Pisten in einer Art und Weise sichern, damit wir nicht jedes Jahr nachbessern müssen. Die Simulationen basieren auf Daten der Teams und der Streckenbetreiber. Wir können den Speed der Autos fast Meter für Meter berechnen.

Erfüllt Pirelli die Vorgaben der neuen Formel 1?

Es ist noch ein wenig früh, darüber ein Urteil zu fällen, ob die Reifen die Vorgaben erfüllen – sie sollen ja den Piloten erlauben, über längeren Zeitraum härter zu fahren. Schauen wir mal, was in den ersten Rennen passiert. Wenn wir finden, wir sollten etwas ändern, dann werden wir das tun.

Wir werden auf nasser Bahn künftig nach dem Start hinter dem Safety-Car einen stehenden Start erleben. Wird darüber geredet, nach jeder Safety-Car-Phase stehende zu starten?

Ja, darüber wird diskutiert, aber so weit sind wir noch nicht. Wir fangen mal mit dem Start auf nasser Bahn an.

In den USA werden Safety-Car-Phasen gezielt benutzt, um die Spannung der Rennen zu erhöhen. Ist das auf eurem Radar?

Nein. Wir sind der Überzeugung: Für eine Safety-Car-Phase muss es einen triftigen Grund geben. Es soll nicht nur Stilmittel für mehr Show sein.

Gibt es eine Änderung, was den Funkverkehr angeht?

Nein, Fahrer und Rennställe können fast frei miteinander sprechen. Es gibt nur gewisse Nachrichten, die während der Einführungsrunde verboten sind, weil als Hilfe für den Piloten ausgelegt werden könnte. Sonst ist alles freigestellt.

Es ist Mercedes unterstellt worden, dem Benzin gezielt Öl beizufügen, um eine Leistungssteigerung zu erreichen. Ist die FIA beunruhigt?

Nicht beunruhigt, eher interessiert. Wir haben schon bei den Tests in Barcelona begonnen, den Ölkreislauf der GP-Renner unter die Lupe zu nehmen. Wir checken auch stichprobenmässig den Ölverbrauch, um sicherzustellen, dass alles regelkonform bleibt.

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