Formel-1-Kritik: Hans-Joachim Stuck spricht Klartext
Hans-Joachim Stuck: «Die Aerodynamik ist aus meiner Sicht ein völlig überreiztes Thema – egal in welcher Serie»
Für Hans-Joachim Stuck ist klar: «Die Formel 1 ist nicht zuschauerfreundlich.» Dies betont der frühere GP-Pilot in einem Interview mit den Kollegen von «Sponsors.de». Gewohnt offen kritisiert der Präsident des Deutschen Motors Sport Bundes (DMSB) dabei: «Wenn sie sehen, wie dort an der Rennstrecke alles abgeschottet wird, dann kann ich nur sagen: Kein Wunder, dass die Fans wegbleiben.»
Der zweifache Le-Mans-Sieger hielt aber auch fest: «Auf einer Skala von eins bis zehn gebe ich ihr aber trotzdem eine Acht.» Denn die Formel 1 sei nach wie vor die wichtigste Motorsport-Serie der Welt, ist er überzeugt. «Was Bernie Ecclestone in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat, ist in der Motorsportwelt einmalig», erklärte Stuck, und zählte auf: «Die Fans bekommen die weltweit prominentesten Fahrer zu sehen und in der Königsklasse engagieren sich prestigeträchtige Teams wie Ferrari, Mercedes und Renault. Das darf in meinen Augen nicht einfach bei der Bewertung unter den Tisch gekehrt werden.»
Bei der Fan-Nähe könne sich der WM-Zirkus aber ein Beispiel am Truck-Rennen am Nürburgring nehmen, so Stuck. «Genau wie in der Formel 1 nehmen auch bei den Truck-Rennen namhafte Hersteller von Mercedes bis Scania teil. Aber diese sind im Vergleich viel zugänglicher und bieten den Fans abseits der Strecke viele interessante Aktivitäten wie Einblicke ins Fahrerlager und Musikkonzerte am Rennwochenende», erklärt er, und lobt: «Fan-Nähe und -Mehrwerte werden hier sehr gross geschrieben. Die familienfreundlichen Veranstaltungselemente werden durch günstige Ticketpreise abgerundet. Es gilt, die richtige Mischung zwischen Fan-Engagement und bezahlbaren Tickets zu schaffen. Beides gibt es in der Formel 1 nicht.»
Doch nicht nur bei der Fan-Nähe und den Ticket-Preisen sieht der Deutsche Handlungsbedarf: «Es gibt einen Punkt, der über allem schwebt: Die Sportart Formel 1 muss wieder spannender werden», ist er sich sicher. Darüber hinaus müsse das Reglement vereinfacht werden, denn er ist überzeugt: «Der Fan versteht die Rennen aufgrund des schwierigen technischen Regelwerks einfach nicht.»
«Es kann in meinen Augen zudem nicht sein, dass in der Formel 1 nur 22 Fahrzeuge an den Start gehen. Die Serie muss für die Teams so erschwinglich sein, dass da 30 Fahrzeuge dabei sind. Sauber beispielsweise ist ein Top-Rennstall, aber die Schweizer werden mit ihren bescheidenen Mitteln niemals ernsthaft mit den Werksteams konkurrieren können», fordert Stuck weiter, und schlägt vor: «Wir müssen diese unglaubliche Entwicklung mit dem Streben nach Rekorden, die den Motorsport zu einem gewissen Grad sicher auch charakterisiert, etwas zurückdrehen.»
Als Beispiel nennt der 74-fache GP-Teilnehmer die Aerodynamik: «Das ist aus meiner Sicht beispielsweise ein völlig überreiztes Thema – egal in welcher Serie. Sie verursacht nicht nur Kosten, sondern macht die Rennen auch langweilig. Die Fans wollen echten Motorsport mit echten Überholmanövern sehen und nicht irgendwelche sinnlosen technischen Neuerungen wie einen Klappflügel. Zudem müssen die Rennfahrer wieder ein wichtiges Teil im Auto werden. Dann bin ich mir sicher, dass wir nicht nur Kosten einsparen könnten, sondern auch der Fan wieder mehr Spass an der Strecke hat.»