McLaren-Renault, Toro Rosso-Honda: Die Vorteile
Fernando Alonso freut sich: Den Honda-Motor ist er Ende 2017 los
Das Tauziehen um die Formel-1-Motorverteilung ab 2018 fand auf höchster Ebene statt: FIA-Präsident Jean Todt schaltete sich genau so ein wie Formel-1-CEO Chase Carey. Für den Franzosen und den US-Amerikaner war elementar, Honda nicht als Formel-1-Motorenlieferant zu verlieren. Wochenlang hat das Gezerre um die Triebwerke gedauert, in Singapur wurde alles innerhalb weniger Minuten verkündet.
12.29 Uhr: Renault beendet die Partnerschaft mit der Scuderia Toro Rosso.
12.30: McLaren und Honda trennen sich.
12.35 Uhr: McLaren und Renault bestätigen ein Dreijahresabkommen.
12.40 Uhr: Renault verkündet Sainz als Fahrer für 2018.
12.40 Uhr: Toro Rosso verkündet das Mehrjahresabkommen mit Honda.
Natürlich wurden in den Communiqués ausnehmend nette Worte gefunden, aber die Fans können nicht für dumm verkauft werden. Die Bilanz von McLaren und Honda ist enttäuschend. Die Frage war: Wie verkaufen wir diese Blamage, ohne das Gesicht zu verlieren?
Es ist leicht, auf Honda herumzuhacken und festzuhalten, dass zweieinhalb Jahre Erfolglosigkeit mit McLaren jämmerlich sind. Da gibt es nichts zu beschönigen. Wenn McLaren und Honda von einer Trennung im gegenseitigen Einverständnis sprechen, ist das eine ziemlich grosszügige Auslegung der Wahrheit. Denn McLaren wollte nur noch weg, und Honda wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.
Und doch haben die ganzen Veränderungen zahlreiche positive Seiten, die wir kurz beleuchten.
Die Formel 1 verliert keinen Autohersteller, das ist ein wichtiges Signal. Wenn Honda bleibt, hat das die Formel 1 vor dem Dilemma bewahrt: Wer von Ferrari, Mercedes und Renault sollte McLaren mit Motoren beliefern?
Ein McLaren-Abkommen mit Renault garantiert, dass Fernando Alonso bleibt. Das ist für die Formel 1 ein Gewinn, der Asturier hat Millionen von Fans, die sich nichts sehnlicher wünschen als ein besseres Auto für den zweifachen Weltmeister.
Der Spanier wird sich wohl nur für ein Jahr binden, um Ende 2018 frei zu sein, wenn der Fahrermarkt im grösseren Fluss sein wird als heute.
Renault erhält mit Carlos Sainz einen Piloten, der wie Nico Hülkenberg regelmässig in die Top-Ten fahren kann. Red Bull wiederum weiss: Bei Renault kann Sainz schneller reifen als bei Toro Rosso – nicht zuletzt deshalb, weil Nico Hülkenberg für den Spanier eine andere Messlatte darstellt als Daniil Kvyat.
Renault will auf Augenhöhe mit Ferrari und Mercedes gelangen. Das ist mit einem Team reich an Ressourcen wie McLaren einfacher als mit dem Partner Toro Rosso.
Honda kann ohne Druck zulegen. Von McLaren-Honda wurden Siege erwartet. Von einem Toro Rosso-Honda mit Gasly und Kvyat bestimmt nicht.
Honda spart einen Batzen Geld: Bei McLaren wurden die Fahrergehälter bezahlt, dazu ein Teil des Entwicklungsbudgets übernommen. Die Rede ist von 100 Millionen Dollar.
Red Bull spart ebenfalls einen Batzen Geld: Statt für Toro Rosso die Renault-Antriebseinheiten bezahlen zu müssen, gibt es die japanischen 1,6-Liter-V6-Motoren von Honda kostenfrei, was an Entwicklungszuschuss hinzukommt, kann Toro-Rosso-Designer James Key ins Auto investieren.
Red Bull weiss: Wenn Honda endlich in die Gänge kommt, sind die Japaner ein mindestens so potenter Partner wie Renault – das ist wichtig für Red Bull Racing, wenn Ende 2018 das Abkommen mit den Franzosen ausläuft.
Welches sind nun die nächsten Schritte?
McLaren wird bestätigen, dass Fernando Alonso bleibt. Der Spanier hat keine echte Alternative. Formel-3-Juwel Lando Norris wird 2018 dritter Fahrer von McLaren-Honda und eine Saison Formel 2 fahren.
Renault wird sich nochmals anschauen, was finanziell schwerer wiegt: Den glücklosen Palmer abzuschieben und damit abfinden zu müssen oder WM-Rang 5 abzuschreiben. Noch können die Franzosen vom gegenwärtigen achten Platz im Konstrukteurs-Platz weg, die fünftplatzierten Engländer von Williams sind erreichbar. Aber nicht mit Palmer. Gleichzeitig hat Toro Rosso kein Interesse daran, Sainz abzugeben. Auch für sie geht es im harten Mittelfeldkampf um viel Geld. Palmer behauptet, einen wasserdichten Vertrag zu haben.
Toro Rosso wird Pierre Gasly als zweiten Fahrer neben Daniil Kvyat bestätigen, wenn das Team weiterhin Ausbildungsplatz des Red-Bull-Nachwuchses sein soll. In Singapur ist auch in den Raum gestellt worden, dass auf Wünsche des neuen Motorpartners Honda eingangen werden könnte.
Sergio Pérez unterzeichnet bei Force India. Ein Wechsel zu Williams wäre für den Mexikaner kein Fortschritt.
Williams benötigt neben Teenager Lance Stroll einen Piloten, der mehr als 25 Jahre alt ist (wegen Sponsor Martini) und der erfahren genug ist, die Entwicklung eines Rennautos voranzutreiben. Daher ist der Weg von Pascal Wehrlein zu Williams verbaut. Wahrscheinlichste Lösung: Felipe Massa hängt noch eine Saison an. Wenn sich Renault davor scheute, Robert Kubcia für 2018 zu verpflichten, wird Williams kaum mutiger sein.
Sauber hat für 2018 noch keinen Piloten bestätigt. Alles andere als ein Duo Marcus Ericsson und Charles Leclerc wäre eine fette Überraschung.