Mika Salo: «Stroll/Sirotkin sind gut für Williams»
Als sich im Dezember herauskristallisierte, dass Williams 2018 mit Lance Stroll und Sergey Sirotkin fahren wird, lautete der Tenor in den sozialen Netzwerken: Prima, noch ein Bezahlfahrer.
Die Kritik ist nicht ganz berechtigt: Stroll hat keine schlechte erste Saison abgeliefert (Podestplatz in Baku, nur knapp weniger Punkte geholt als der erfahrene Felipe Massa), und Sergey Sirotkin hat genügend Speed gezeigt, um eine Chance zu erhalten.
Dennoch schimpfte Weltmeister Jacques Villeneuve, Williams habe seine Seele verkauft. Zuerst an den kanadischen Milliardär Lawrence Stroll, der quasi für seinen Sohn ein Team kauft. Dann an die Geldgeber von Sirotkin, die sich den Formel-1-Fahrschein von Sergey angeblich 20 Millionen Euro kosten lassen.
Hinter SMP steht der Besitzer der SMP-Bank, Boris Rotenberg, ein enger Freund von Staats-Chef Putin. SMP unterstützt eine ganze Reihe junger Piloten, im Rahmen des grössten Förderprogramms für russische Rennfahrer.
Rotenberg hat sein Vermögen in der Baubranche gemacht, vorwiegend mit der Konstruktion von Gasleitungen (daher eine enge Verbindung zum Staats-Konzern Gazprom) sowie von chemischen Anlagen und Produkten.
Zusammen mit seinem älteren Bruder Arkady Rotenberg besitzt Boris die SMP (eine 2001 gegründete Bank); darüber hinaus gehört den Rotenbergs die «SGM Group», in welcher die Bau-Aktivitäten gesammelt sind (vorwiegend Stahl-Leitungen für Gazprom).
Die Bank SMP operiert in rund 40 russischen Städten mit mehr als 100 Geschäftsstellen, die Hälfte davon alleine im Grossraum Moskau, Ableger gibt es auch in Lettland. SMP betreibt mehr als 9000 Bank-Automaten und hat sich nach zwölf Jahren unter die 40 grössten Finanz-Institute von Russland geschoben.
SGM steht für «Stroy Gaz Montazh» (Strom, Gas, Montage) – die Gruppe ist der Haupt-Auftragnehmer des Industrie-Riesen «Gazprom» zum Bau von Öl- und Gas-Leitungen. Gazprom wiederum ist das grösste Erdgasförder-Unternehmen der Welt (Umsatz 2011: 120 Milliarden Euro) und der grössten Arbeitgeber Russlands (rund 450.000 Fachkräfte). Der russische Staat hält 50 Prozent am Unternehmen Gazprom plus eine Aktie, im Aufsichtsrat hält die Regierung die Mehrheit der Sitze. Die Beziehung zwischen Gazprom und SMP/SGM gründet auf der Freundschaft zwischen Putin und Rotenberg. Sergej Zlobin, der erste Russe in einem Formel-1-Rennwagen (mit Minardi), ist bis heute im Dunstkreis von Gazprom und SMP geblieben: Er fuhr mit Rotenberg im Ferrari Langstrecken-Rennen.
Villeneuve gibt zu bedenken, dass Williams ohne erfahrenen Mann keinen haben werde, welcher weiss, wie schnell der Wagen wirklich ist. Und wie der Renner entwickelt werden soll. Aber nicht alle sehen das so pessimistisch.
Der 51jährige Finne Mika Salo – von 1994 bis 2002 bei 110 Grands Prix am Start – sagt beim finnischen Fernsehsender MTV: «Das Abkommen zwischen Sirotkin und Williams ist ziemlich schnell zustandegekommen. Williams war die beste Wahl für Sergey. Und ich halte das Fahrerduo für eine gute Kombination, weil beide Piloten sehr erfolgshungrig sind.»
Zum anhaltenden Vorwurf an Sirotkin, ein Bezahlfahrer zu sein, meint Salo: «Sergey ist ein cleveres Bürschchen. Er hat in Sachen Technik und Ingenieurswesen Einiges auf dem Kasten, und bei Renault hat er als dritter Fahrer sein Wissen vertieft.»
«Stroll und Sirotkin werden sich 2018 ungefähr ebenbürtig sein. Sie werden alles geben, um die Nase vorn zu haben, und davon wird Williams profitieren.»