Martin Brundle zu Ferrari: «Räikkönen tut mir leid»
Martin Brundle ist nach dem Bahrain-GP tief beeindruckt von Sebastian Vettel. «Die Pirelli-Techniker sagten – mehr als dreissig Runden mit einem Satz weicher Reifen, das geht nicht. Vettel aber hat mit solch einem Satz 39 Runden zurückgelegt und am Ende den aufrückenden Valtteri Bottas in Schach gehalten. Das war eine herausragende Leistung», so der Engländer in seiner Kolumne für die Kollegen der britischen Sky. «In Melbourne spielte ihm die Safety-Car-Phase in die Hände, in Bahrain war Vettel schlichtweg brilliant. Für mich war das eines seiner besten Rennen.»
Die Renntaktik von Mercedes zwang Ferrari dazu, Vettels Strategie auf einen Stopp zu ändern und zu hoffen, dass der Heppenheimer sein Auto ins Ziel tragen würde. Brundle weiter: «Das hat Ferrari nicht davon abgehalten, mit Kimi etwas Anderes zu versuchen, um die Mercedes unter Druck zu halten und sich selber abzusichern. An sich war das der richtige Gedanke. Keiner konnte Ferrari zu diesem Zeitpunkt garantieren, dass der Einstopper mit Vettel funktionieren würde.«
«Leider ging dann beim Stopp von Kimi alles schief. Obschon hinten links das Rad noch gar nicht abgenommen war, erhielt der Finne die Startfreigabe, Ergebnis – Francesco Cigarini am Boden, das linke Bein gebrochen.»
«Niemand sollte Kimi einen Vorwurf machen. Wenn ein Formel-1-Fahrer mit dem grünen Licht die Freigabe erhält, dann fährt er los. Im modernen Sport ist keine Zeit, um sich noch in Ruhe zu vergewissern, ob auch wirklich alles in Ordnung ist.»
«Und keiner soll glauben, dass Kimi hätten spüren können, welches Drama sich hier anbahnt. Der Wagen rüttelt auf dem Wagenheber, Schlagschrauber surren, Räder werden abgenommen und aufgesetzt, der Fahrer sitzt in seiner Karbonkapsel und versucht, sich in diesen zwei Sekunden geballter Aktion auf seine eigene Aufgabe zu konzentrieren.»
«Kimi tut mir leid. Wegen der Safety-Car-Phase in Australien und des verpatzten Stopps in Bahrain ist er zum Wasserträger degradiert für den Rest der Saison. Vielleicht hat auch er einmal Glück in den kommenden Rennen.»
«Solch kurze Reifenwechsel, immer an der Zweisekunden-Grenze, das setzt die Menschen extrem unter Druck. Niemand will einen Stopp eines Ferraris verpatzen. Dann schiesst der Wagen heran, die Mechaniker auf Augenhöhe mit dem Rad, der Fahrer muss zentimetergenau anhalten, nur so wird es für die tapferen Schrauber möglich, solche Wow-Momente zu erzeugen.»
«Aus der ganzen Situation die FIA-Kasse um 50.000 Euro aufzustocken, ist nicht die passende Antwort. Mir wäre lieber gewesen, dieses Geld wäre ins den Haushalt der Familie von Francesco geflossen.»
«Es ist keine Lösung, für Reifenwechsel eine Mindestdauer zu fordern. Den Stopp künstlich zu verlängern, das liesse die Arbeit der Mechaniker banal und langweilig erscheinen, im Übrigen garantiert kein Fünfsekunden-Stopp Fehlerfreiheit. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die meisten Stopps makellos verlaufen. Und doch muss der Unfall bei Ferrari zu denken geben. Bei den Teams wird derzeit gewiss darüber diskutiert, einige Zehntel für mehr Sicherheit zu opfern.»