MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Brembo enthüllt: Bremswege 22% kürzer seit 2008

Von Rob La Salle
​Der italienische Bremsenhersteller Brembo wollte herausfinden: Wie haben sich das Bremsen in zehn Jahren Formel-1-Entwicklung verändert? Ein interessanter Vergleich zwischen 2008 und 2018.

Brembo ist fester Bestandteil der Formel 1. Das 1961 gegründete Unternehmen mit Sitz in Curno (Italien) ist seit 1975 in der Formel 1 aktiv. Der GP-Sport wird als Versuchslabor benutzt, um Erfahrungen für die Serienprodukte zu sammeln. Brembo arbeitet 2018 mit Ferrari zusammen, mit Red Bull Racing und Toro Rosso, mit Alfa Romeo-Sauber, Weltmeister Mercedes, Renault sowie Haas

Nun wollten die Italiener herausfinden: Wie hat sich die Formel 1 in Sachen Bremsen in den vergangenen zehn Jahren verändert? Was zeigt ein Vergleich von Daten aus der Saison 2008 und aus dem GP-Jahr 2018? Dabei gilt zu bedenken: Nicht nur die Bremsen haben sich verändert. Auch die Gewichtsverteilung der Autos, die aerodynamische Last sowie, ganz wichtig, wir haben breitere Reifen erhalten. Als Vergleich hat Brembo die Werte des Grossen Preises von Kanada 2008 und 2018 herangezogen.

Bremsweg 22% kürzer
Der verblüffendste Unterschied: Von 2008 bis 2018 ist der Bremweg um 22 Prozent kürzer geworden! Vor der letzten Schikane zu Start und Ziel betrug der Bremsweg vor zehn Jahren 117 Meter, nun reichen 98 Meter. Das führt zu einem Problem – Überholmanöver werden noch schwieriger. Denn Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost hatte uns erklärt: «Wir haben dank anderer Aerodynamik mehr Abtrieb erhalten, dazu mehr mechanischen Grip über die breiteren Reifen. Das erzeugt auch den Effekt, dass die Bremswege noch kürzer werden. Wer die ultrakurzen Bremswege beobachtet, der muss sich nicht darüber wundern, dass es kaum richtige Überholmanöver gibt. Wie soll das auch gehen? In der Kurve zuvor kann ich als Fahrer meinem Gegner nicht nahe genug folgen, um auf der folgenden Geraden vom Windschatten zu profitieren. Denn in der verwirbelten Luft rutscht der Verfolger untersteuernd herum. Durch mehr Abtrieb und breitere Reifen haben wir Autos, die auf den Geraden weniger schnell sind als zuvor, daher ist die Bremszone weiter geschrumpft. Daran muss dringend gearbeitet werden.»

Zeit auf der Bremse: 15% weniger
Gemessen an 2008 verbringt der Formel-1-Pilot 2018 15 Prozent weniger Zeit auf der Bremse. Vor zehn Jahren hatten wir auf dem Circuit Gilles Villeneuve drei Kurven, vor welchen die Fahrer mehr als zwei Sekunden lang auf das Bremspedal traten. Nun liegen die Spitzenwerte bei 2,44 Sekunden vor Kurve 10 und bei 2,0 Sekunden vor Kurve 13.

Bremslast: Plus 4%
Wenn wir wissen, dass die Bremswege um 22 Prozent kürzer geworden sind, die Fahrer aber 15 Prozent weniger lang auf der Bremse stehen, drängt sich die Frage auf: Wieso dieser Unterschied? Antwort: Weil die Fahrer mehr Kraft auf die Bremse bringen als früher. 2008 traten die Piloten mit einem Durchschnittswert von 128,8 Kilogramm auf die Bremse, 2018 liegt dieser Wert bei 133,8 Kilogramm. Das härtere Bremsen wird möglich durch die Verwendung anderer Bremssättel aus einer Aluminium-Lithium-Legierung.

Verzögerung um 12% höher
Effizientere Bremsen und die breiteren Räder haben die Verzögerung erhöht. Zur ersten Kurve hin hingen die Piloten 2008 mit dem 3,7-fachen ihres Körpergewichts in den Sicherheitsgurten, nun liegt dieser Wert bei 4,8g! Das ist noch gar nichts gemessen daran, was in Monza auf die Fahrer zukommen wird. Gemäss Brembo-Berechnungen wird die Verzögerung vor der Parabolica bei 6g liegen.

Bremsscheiben: Von 200 zu 1400 Löchern
Beim Vergleich der Bremsscheiben von 2008 und 2018 fällt auf: Sie sind kleiner geworden und weisen mehr Belüftungslöcher auf. Eine 2008er Scheibe hatte 200 Luftlöcher, 2012 waren es schon 600, 2014 dann 1000. Mehr Löcher bedeutet effizienteren Hitzeabbau. Die Spitzenwerte einer Karbonbremsscheibe liegen bei 1000 Grad Celsius. Seit 2017 und dem Schritt zu breiteren Reifen sind die Scheiben dicker geworden, 32 Millimeter statt wie zuvor 28 mm. Die Scheiben weisen 1400 Löcher auf, die 2,5 mm gross sind und ein einer Hochpräzisions-Bohrmaschine einzeln gesetzt werden. Für eine Scheibe braucht die Maschine dazu bis zu 14 Stunden.

Bremsbeläge: 10% höherer Energie-Abbau
Auch die Bremsbeläge haben sich in diesen zehn Jahren stark verändert. Die Masse sind anders. 2008 waren sie 10,6 x 2,5 cm, nun 18,5 x 2,2 cm. In Kurve 10 wurden 2008 die Scheiben noch 907 Grad heiss, nun an der gleichen Stelle 1000 Grad.

Bremszangen 15% leichter
Die Entwicklung steht nie still. Die Bremszange des Jahres 2018 ist um 15 Prozent leichter als jene des Jahres 2008. Aber nicht jeder Rennstall setzt die gleichen Zangen ein. Das eine Team bevorzugt möglichst leichte Zangen, das geht aber auf die Steifigkeit des Materials. Andere Rennställe bevorzugen steifere Zangen, die jedoch schwerer sind. Die Bremsen generell sind auf die Anforderungen der verschiedenen GP-Renner massgeschneidert, was Lufteinlässe und aerodynamische Anforderungen angeht. Weil der elektrische Generator (die MGU-K) beim Verzögern mitbremst, sind einige Teams zu kleineren Zangen als früher übergegangen, von Sechskolben-Bremssätteln zu vierkolbigen. Das verringert das Gewicht.

Im Grunde ist der Generator für die kinetische Energierückgewinnung nichts anderes als ein Dynamo. Er lädt auf, wenn gebremst wird, er hilft dabei auch dem Bremsvorgang. Das ist ein wenig so, als würden wir beim Privatauto beim Bremsen noch etwas an der Handbremse ziehen. Weil die Teams das wissen, haben sie die Bremsen bewusst kleiner dimensioniert. Das spart Gewicht und erlaubt kleinere Bremsbelüftungen, das wiederum dient der Windschlüpfigkeit.

Nur: Wenn die so genannte MGU-K den Geist aufgibt, dann sind die Bremsen schnell überfordert. Wir haben das vor einigen Jahren bei beiden Mercedes in Kanada erlebt.

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