Neues Rätsel Racing-Raritäten: Vier gewinnt – nicht
Aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.
Die richtige Lösung vom letzten Mal: Wir sehen den Ardex S80-BMW der beiden Franzosen Michel Lateste und Patrick Perrier, die mit diesem Wagen erfolglos versuchte, sich für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1981 zu qualifizieren.
Was schnittig ausschaut, muss nicht gezwungenermassen schnell sein. Der Ardex S80 wurde vom französischen Ingenieur Max Sardou entworfen. Der Wagen wirkte wie ein Bügeleisen oder wie aus einem Science-Fiction-Film. Sardou kam mit reichlich Vorschusslorbeer zum Rennwagenbau. So behauptet der Mann mit einem Doktor-Titel in Aerodynamik, er habe schon Jahre vor Lotus-Chef Colin Chapman den Flügelauto-Effekt entdeckt – wenn also über umgekehrte Flügelprofile Abtrieb erzeugt wird.
Daran sind gleich zwei Dinge falsch. Erstens ist nicht Chapman auf die Idee des so genannten Wing-Car gekommen, sondern sein englischer Landsmann Tim Wright, zusammen mit dem damaligen BRM-Technikchef Tony Rudd. Zweitens war das schon Ende der 60er Jahre. Der BRM P142 sollte in Monza 1969 debütieren, aber als der damalige BRM-Star John Surtees auf das im Geheimen in einer Barracke entwickelte Konzept kam, liess er es einstampfen. Der Motorrad- und Automobil-Weltmeister verkannte die Möglichkeiten des Ground-Effect und fand, die Arbeit lenke von der Entwicklung des derzeitigen Renners ab. Es blieb bedauerlicherweise bei Windkanalmodellen.
Zurück zu Max Sardou: Er arbeitete fünf Jahre lang für die Firma SEP in Vernon, welche die Ariane-Raketen mitentwickelt hat. Dr. Sardou gründete 1980 seine eigene Firma, die es noch heute gibt und die über viele Jahre auch dem Rennsport verbunden war – mit aerodynamischen Forschungen für Ferrari (Windkanal-Modellbau), für Lola (Design und Entwicklung des Lola T600, der seine Verwandtschaft mit dem Ardex nicht verleugnen kann), für March, Minardi (heute Toro Rosso) und Peugeot (Langstrecken-WM-Renner). Sardou ist also nicht irgendein weltfremder Aero-Sonderling, sondern hat durchaus gute Arbeit geliefert.
Leider gehörte der Ardex S80 nicht dazu. Das von einem BMW-Reihensechszylindermotor angetriebene Auto war durchaus nicht das schlechteste Auto. Weil es jedoch in der Gruppe 6 eingesetzt wurde, wurde der fabelhafte Porsche 936 zum Stolperstein. Wir hatten eine Regel, wonach ein Auto innerhalb von 110 Prozent des Klassenbesten liegen musste. Der Ardex erreichte eine Zeit von 4:05,020 min, das reichte nicht gegen den Porsche von Jacky Ickx und Derek Bell, die mit 3:29,440 min die Pole-Position erobert hatten.
Davon abgesehen mag der Ardex in den Kurven recht flott gewesen sein, aber in Le Mans zählte Top-Speed mehr, und da waren Michel Lateste und Patrick Perrier die Hände gebunden. Denn das Auto erzeugte viel zu viel Anpressdruck, was auf den Geraden bremste. Die Idee war die richtige, die Umsetzung falsch.
Der Wagen steht heute noch bei Max Sardou, nachdem er eine Weile im Le-Mans-Museum bewundert werden konnte (der Ardex, nicht Sardou).
Der Name geht auf einen französischen Hersteller von Mikroautos und motorbetriebenen Fahrrädern zurück, Sardou hatte sich die Namensrechte daran gesichert.
Der heute 72jährige Michel Lateste war als Le-Mans-Spezialist auf der grossen Rennbühne zu sehen, er trat zu zehn Rennen an, nur einmal kam er ins Ziel, als 20. im Jahre 1983, mit einem Porsche 930 und Raymond Touroul sowie Michel Bienvault als Teamgefährten. Sein bestes Ergebnis international war Rang 11 beim Sportwagenrennen von Sandown Park 1988 (Finale der Sportprototypen-WM). Im Einsitzer war der Erfolg überschaubar: Rang 8 der französischen Formel-3-Meisterschaft 1981.
Der weitgehend unbekannte Patrick Perrier (69) aus Versailles trat vier Mal zu den 24 Stunden von Le Mans an (1977, 1979, 1980), ohne je eine Zielflagge zu sehen.
Der bekannteste Mann, der mit dem Ardex X80 ausrückte, war der dritte Fahrer damals: Der Schauspieler Jean-Louis Trintignant, der den Wagen probefuhr und dann dankend ablehnte. Sein Onkel Maurice hatte zwei Mal den Grand Prix von Monaco gewonnen (1955 und 1958) und 1954 auch Le Mans. Jean-Louis nahm an den 24 Stunden 1980 teil, schied aber wegen Reifenschadens aus.
Dieses Mal zeigen wir einen echten Sonderling: Dieser Rennwagen wurde gebaut, um Kunden Appetit auf mehr zu machen. «Vier gewinnt» galt beim Werkseinsatz dieses Chassis leider nicht. Die Farbkombination kommt uns seltsam vertraut vor (nicht nur weil sich dem Gewand des Weihnachtsmannes entspricht), einige Elemente des Renners ebenfalls, aber so richtig zusammenpassen will das alles nicht.
Was ist das?
Bei welchem Rennen kam der Wagen zum Einsatz?
Viel Spass beim Rätseln und viel Glück!