Ferrari in Maranello: Besuch vom Goldenen Tapir
Einige Fans und Fachleute können über Sebastian Vettel sagen, was sie wollen; dass seine Fehler Ferrari den Weg zum WM-Titel 2018 verbaut haben, dass er im entscheidenden Moment zu wenig kühles Blut hatte und all das. Und natürlich geht eine Mitschuld am verlorenen Duell gegen Lewis Hamilton auf die Kappe des Heppenheimers. Aber niemand kann in Abrede stellen: Der vierfache Formel-1-Weltmeister hat Stil. Zunächst war bekanntgeworden, dass er Niki Lauda einen bewegenden Brief geschickt hat, um den 69jährigen Wiener nach dessen Lungentransplantation aufzumuntern. Und nun kommt heraus: Der WM-Zweite von 2017 und 2018 hat einen Brief an die Belegschaft von Ferrari verfasst, um sich für den Einsatz aller Fachkräfte zu bedanken.
Kurz darauf erhielt auch Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene Post, die war allerdings ein wenig umfangreicher: Vor den Toren von Ferrari wurde ein goldener Tapir ausgeladen. Das wird jetzt den meisten Lesern ausserhalb von Italien wenig sagen, aber in der Heimat von Ferrari ist der Tapir bekannt wie ein bunter Hund.
Der Tapir ist eine zweifelhafte Auszeichnung des italienischen Satirikers Valerio Staffelli. Staffelli ist elementarer Bestandteil der Sendung «Striscia la notizia» von «Canale 5». Die vor dreissig Jahren erstmals ausgestrahlte Sendung zieht die täglichen Nachrichten durch den Kakao oder nimmt Politiker und Unternehmer auf die Schippe. Der Goldene Tapir ist dabei ein Preis für Menschen, die ein Ziel nicht erreicht oder sich einen groben Schnitzer geleistet haben. Die meisten Empfänger reagieren mit angemessenem Schalk und können über sich selber lachen, andere sind eher dünnhäutig: Es ist schon vorgekommen, dass Staffelli den Leuten hinterherrennen musste, weil sie angesichts des Satirikers und des Tapirs Reissaus nahmen.
Anderen geht offenbar der Humor verloren: Bei der versuchten Übergabe des Tapirs an RAI-Uno-Direktor Fabrizio Del Noce erhielt Staffelli das eigene Mikro ins Gesicht, was mit einem Nasenbruch endete.
Maurizio Arrivabene verhielt sich da schon etwas souveräner. In der an Heilig Abend ausgestrahlten Sendung wollte Staffelli vom Ferrari-Teamchef wissen, ob Ferrari im WM-Kampf gegen Mercedes vielleicht aus Versehen einen Fiat-Punto-Motor eingebaut hatte. Arrivabene schmunzelte: «Nein, an der Motorleistung lag es nicht. Wir haben Gutes erreicht und weniger Gutes, aber letztlich wollten wir uns ja die Chance nicht entgehen lassen, am Ende des Jahres den Tapir zu bekommen.»
Zum Schluss verabschiedete sich Staffelli aus Maranello mit einer Anspielung auf das «cavallino rampante», das sich aufbäumende Pferdchen, das Markenzeichen von Ferrari: «Hoffen wir, dass Ferrari im kommenden Jahr nicht zum „tapiro rampante” wird.»