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Toto Wolff (Mercedes): «WM-Chancen haben alle»

Von Mathias Brunner
​Teamchef Toto Wolff spricht über die Formel-1-WM 2019 und die Chancen von Titelverteidiger Mercedes-Benz. Der 47jährige Wiener meint zu Valtteri Bottas: «Er will seinen Kritikern beweisen, was er draufhat.»

Wer fünf Mal in Folge den Fahrerweltmeister stellt und den Konstrukteurs-Pokal gewinnt, ist automatisch Favorit für die folgende Saison. Dessen ist sich auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff bewusst. Doch der 47jährige Österreicher hat einmal gesagt: «Ein Grund, wieso wir so erfolgreich sein dürfen, besteht darin – wir sehen Erfolg nie als gegeben an, wir sind selbst bei all diesen Siegen und Titel nie selbstgefällig geworden.» Ähnlich äussert sich der Wiener auch im Interview.

Toto, in vier Wochen beginnt die neue Formel 1-Saison. Wie sehen deine Erwartungen aus?

Die Saison 2019 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Das Reglement hat sich erheblich verändert. Wir beginnen bei null und müssen uns erneut beweisen – im Vergleich mit unseren eigenen Erwartungen, aber auch gegen unsere Konkurrenz. Wir gehen mit null Punkten in die Saison. Deshalb dürfen wir nichts als selbstverständlich ansehen und es gibt absolut keinen Grund dafür, automatisch anzunehmen, dass wir erneut vorne liegen werden.
Tatsächlich hat durch die Regeländerungen für die neue Saison jedes Team eine Chance auf den Titel und wir sehen jeden als einen möglichen Konkurrenten an. Aber wir freuen uns auf die Herausforderung. Wir möchten in Barcelona sofort voll einsatzbereit sein, um uns mit den Werten aus unseren Simulationen zu messen und zu erfahren, ob sich unsere Prognosen auf der Strecke bewahrheiten. Wir richten den Blick auf uns selbst, um unsere Performance stetig zu steigern und dann hoffentlich zum ersten Qualifying der Saison am Samstag in Melbourne bereit zu sein.

Du hast beide Fahrer nach der Winterpause getroffen. Wie geht es ihnen?

Sowohl Lewis als auch Valtteri haben sich im Winter eine Weile von der Formel 1 erholt, was wichtig ist. Lewis ist viel gereist, und als wir uns nach der Winterpause getroffen haben, war er gut erholt. Er ist extrem hungrig, wieder Rennen zu fahren. Valtteri verbrachte zunächst einige Zeit mit seiner Familie in Finnland, aber er saß bei der Arctic Rally schon bald wieder in einem Rennauto. Nach der Pause hatten wir ein gutes Gespräch. Er befindet sich in einer guten Verfassung und konnte sich nach einer für ihn nicht immer einfachen Saison komplett erholen. Valtteri weiß, dass er die volle Unterstützung des Teams genießt, um erfolgreich sein zu können, und er kann es kaum noch erwarten, wieder hinter dem Steuer zu sitzen und seinen Kritikern zu zeigen, was er draufhat. Ich freue mich auf einen harten Wettkampf zwischen den beiden. Sie werden hart gegeneinander fahren und hart gegen unsere Konkurrenten kämpfen.

Das Jahr 2019 ist ein ganz besonderes für Mercedes in der Formel 1. Es ist die zehnte Saison für das aktuelle Werksteam der Marke. Wie würdest du die zurückliegenden zehn Jahre zusammenfassen?

Seit unserer Formel 1-Rückkehr als Mercedes-Werksteam im Jahr 2010 haben wir viel erlebt. In den ersten Jahren hatten wir eine steile Lernkurve zu bewältigen, um das langfristige Potenzial des Teams aufzubauen und unsere Performance stetig zu steigern. Unsere erste gute Saison war 2013, als wir den zweiten Platz belegt haben. Daran schloss sich eine Siegessträhne mit fünf aufeinanderfolgenden WM-Doubles an – ein fantastischer Erfolg, den niemand im Team selbst in seinen wildesten Träumen für möglich gehalten hätte. Ganz besonders angesichts der Tatsache, dass wir es mit einer beachtlichen Konkurrenz zu tun hatten.
Die vergangenen zehn Jahre haben Mercedes als Marke geprägt, indem wir alle vierzehn Tage versucht haben, unsere Performance auf der Strecke unter Beweis zu stellen. In diesem Zuge haben wir jeden Moment genossen und man kann anhand des Wachstums erkennen, dass die immer spannender werdenden Titelkämpfe auch den Fans gefallen, denn die Zuschauerzahlen im TV, auf Social Media und an der Strecke steigen stetig an.

In der Saison 2019 tritt Mercedes auch zum ersten Mal sowohl in der Formel 1 als auch in der Formel E an. Wie geht die Marke dieses neue Abenteuer an?

Der Rennsport ist Bestandteil der DNS von Mercedes-Benz. Der erste jemals gebaute Mercedes war ein Rennwagen. Das ist unser Tagesgeschäft – wir bauen Straßenfahrzeuge und Rennautos. Wir nehmen die Herausforderung in jeder Klasse an, in der wir antreten. Die Formel E wird eine komplett neue Spielwiese für uns sein. Es gibt Teams, die schon sehr viel Erfahrung in dieser Serie gesammelt haben und diese Erfahrung ist für den Erfolg in der Formel E entscheidend. Wir stehen also vor einer enormen Herausforderung. Wir gehen die Saison mit ambitionierten Erwartungen an, aber gleichzeitig überschätzen wir unsere Bedeutung in unserer allerersten Formel E- Saison ganz gewiss nicht. Wir werden der einzige Automobilhersteller sein, der sowohl in der Formel 1 als auch der Formel E antritt und die Lehren aus beiden Serien werden auf die Straße übertragen. Dadurch stellen beide Plattformen einen wichtigen Technologietreiber für die gesamte Mercedes- Familie dar.

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