Eric Boullier zurück: Chaos-Polizist für Le Castellet
Eric Boullier ist zurück. Der 45jährige Franzose hat im vergangenen Jahr seinen Posten als McLaren-Teamchef zur Verfügung gestellt, bevor ihn McLaren-CEO Zak Brown feuern musste. Dann ist es um ihn ziemlich still geworden. Nun hat ihn Christian Estrosi ins Boot geholt, der Organisationsleiter des Grossen Preises von Frankreich in Le Castellet – als strategischer Berater und Botschafter für den Traditions-GP.
Ein wenig Beratung kann nicht schaden: Estrosi und sein Team haben im Juni 2018 tüchtig Prügel eingesteckt, denn besonders an den ersten Tagen war der Verkehr im Grossraum um den Circuit Paul Ricard ein einziger Infarkt. Wut und Häme auf den sozialen Plattformen waren enorm. Der Ärger war nachvollziehbar – einige Fans brauchten für die 40 Kilometer von Marseille zum Circuit Paul Ricard fünf Stunden. Viele von ihnen kehrten entmutigt wieder um und sahen gar nichts. Das Chaos war riesig, und der Unmut wurde nicht geringer, als Formel-1-CEO Chase Carey dazu vor laufender Kamera einen launigen Spruch machte, ach wie beliebt die Formel 1 doch sei. Am Sonntagmorgen stand damals Herr Carey hinter mir im Stau. Da lächelte der US-Amerikaner nicht mehr, sondern wirkte so genervt wie alle Anderen.
Fakt ist: Ich war schon in den 1980er Jahren auf dem Circuit Paul Ricard, Verkehrsprobleme gehören zu diesem Rennen wie ein abendlicher Ausflug nach Bandol am Meer. Die Franzosen scheinen aus Schaden dümmer zu werden, denn am Donnerstag und Freitag regierte das Prinzip Verwirrung. Was nützen Hunderte von Polizisten, wenn sie nichts oder das Falsche tun? Die Ordnungshüter waren schlecht vorbereitet, mit jedem Besucher wurde endlos diskutiert. Da war ein Verkehrskollaps programmiert. Es war auch kein Geniestreich, einen Parkplatz nach dem anderen zu öffnen und zu füllen, statt alle zusammen auf einen Schlag aufzumachen.
Am Samstag war die Lage ein wenig besser. Aber fünf Stunden nach dem Training erst mal noch ein Stündchen auf der Rennanlage zu verweilen, weil die Franzosen zu blöd waren, den Verkehr abfliessen zu lassen, verbesserte die Laune vieler Besucher nicht. Zahlreiche Gäste haben angekündigt, im kommenden Jahr nicht zurückzukehren.
Am lautesten schimpfen übrigens die Briten. Ich fand das lustig: Denn ich habe nicht vergessen, was jahrelang in Silverstone los war.
Wie auch immer: Eric Boullier soll mithelfen, ein neues Chaos zu verhindern. «Wir haben in den sozialen Netzwerken ziemlich düstere Nachrichten erhalten», gibt er zu. «Wir haben sehr viel daran gearbeitet zu verstehen, was damals passiert ist. Jeder weiss, dass Paul Ricard nicht einfach zu erreichen ist, aber das ist 2018 schlecht gelaufen.» Estrosi und seine Mannschaft haben ein frisches Verkehrskonzept erarbeitet, das Shuttle-System verfeinert, eine Verkehrs-App ins Netz gestellt und mehr Parkplätze ausgesteckt. Boullier sieht sich dabei als Bindeglied zwischen allen beteiligten Parteien, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.
Boullier reicht seine neue Rolle vollauf: «Ich war neun Jahre lang Bestandteil des Formel-1-Fahrerlagers, ich habe 22 Jahre Motorsport hinter mir. Ich wollte nicht um jeden Preis ins Fahrerlager zurückkehren. In dieser Phase meiner Karriere hatte ich Lust darauf, etwas ganz Anderes zu machen, also kam das Angebot wie gerufen. Es gibt ein Leben ausserhalb der Formel 1.»