Gerhard Berger: Sebastian Vettel läuft die Zeit davon
Gerhard Berger
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde viel spekuliert: Zieht Sebastian Vettel die Reißleine und beendet seine Karriere? Sein Vertrag bei Ferrari läuft zwar noch bis 2020, doch der Deutsche wird auch das fünfte Jahr bei den Roten ohne Titel beenden.
Vettel hatte immer wieder betont, dass er trotz aller Rückschläge nicht flüchten wird, ein Rücktritt oder ein Wechsel zu einem anderen Team sei keine Option. Sein Ex-Team Red Bull Racing wird in diesem Zusammenhang immer wieder als mögliches Ziel genannt.
Einer, der eine Überraschung nicht ausschließt, ist Gerhard Berger. Der Österreicher würde sich über ein Karriereende des 32-Jährigen nicht wundern. «Ich traue es ihm schon zu, weil der Sebastian ein sehr intelligenter Kerl ist. Er hat in seinem Leben sicher noch viele Themen, die er gerne einmal angehen würde. Er ist sehr familiär, hat Kinder, hat viel Geld verdient, Geld braucht er also nicht mehr und er ist auch sehr genügsam mit sich selbst. Sein Herz hängt neben seiner Familie sehr an seinen alten Motorrädern und alten Autos», sagte Berger der dpa.
Berger weiter: «Ich kann mir schon gut vorstellen, dass, wenn er eines Morgens in der Früh aufsteht und sagt, mir geht es auf die Nerven, dann mache ich eben etwas anderes oder fahre solche Autos, die mir mehr Spaß machen als unter einem so komplexen Reglement wie derzeit.»
Der heutige DTM-Chef weiß: «Es ist nicht so, dass er nicht für Überraschungen gut wäre.»
Berger kennt Vettel gut, er war Mitbesitzer des Toro-Rosso-Teams, als der Deutsche 2008 in Monza sensationell sein erstes Formel-1-Rennen gewann.
Hinzu kommt, dass Vettel auch Teamkollege Charles Leclerc im Nacken hängt. Der Monegasse schlägt sich in seinem ersten Ferrari-Jahr gut und setzt den Heppenheimer ordentlich unter Druck. Dazu ist die Scuderia chancenlos gegen Mercedes, auch Red Bull Racing schickt sich an, Ferrari zu überholen.
«Mit dieser Situation fertig zu werden, ist für Sebastian nicht einfach», so Berger: «Ihm läuft die Zeit davon. Sebastian bringt sein Team momentan nicht ausreichend weiter. Da unterscheidet er sich ein bisschen von Michael (Schumacher), der viel strenger mit dem Team war und es mehr gelenkt hat. Das ist kein Vorwurf an Sebastian, der sehr fleißig und sehr gescheit ist, das ist aber nicht sein Naturell. Er sieht da eher das Management in der Pflicht, dass das Team funktioniert.»