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British Racing Green: Die Geschichte einer Farbe

Von Mathias Brunner
​Britische Formel-1-Fans träumen davon, dass ihr glorreiches «British Racing Green» in die Königsklasse zurückkehrt, am liebsten mit Aston Martin. Grün steht bekanntlich für die Hoffnung.

Vor kurzem kursierte in England: Der kanadische Unternehmer Lawrence Stroll wolle Anteile an Aston Martin übernehmen. Von da war es nicht weit zur Spekulation, dass er die bekannte englische Marke zum Namensgeber seiner Rennwagen mache und die GP-Fahrzeuge natürlich im traditionellen «British Racing Green» auftauchen würden. Aston Martin klingt eben schöner als Racing Point. Ungeachtet der Tatsache, dass Aston Martin längst wieder in der Formel 1 ist, als Partner von Red Bull Racing: Das ist ein Anlass, die Geschichte zu erzählen, wie «British Racing» zum «Green» kam.

Seien wir mal ehrlich: Rennwagen in traditionellen Landesfarben, das hatte schon was für sich. Heute haben wir ja nur noch Ferrari im klassischen Rot und die Mercedes-Silberpfeile. Immerhin fährt McLaren wieder in Papaya-Orange. Dafür liegt «British Racing Green» auf Eis. Aber wie kamen die Briten eigentlich zu ihrem Grün?

Spezifische Farben für bestimmten Nationen, da müssen wir bis zum Gordon Bennett Cup zurückblättern, der von 1900 bis 1905 ausgetragen wurde – ein jährliches Rennen für Länder-Teams. Die Siegernation sollte jeweils das Rennen im darauffolgende Jahr austragen.

Nationen wie Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, die USA und einige mehr durften je drei Fahrzeug an den Start bringen. Viele Autos waren zunächst grau. Die Fans beklagten sich, dass die Fahrzeuge nicht richtig zuzuordnen seien. Also wählten die Nationen verschiedene Farben. Das ist der Ursprung.

Was heute kaum jemand noch weiss: Zunächst wählten die USA die Farbe rot! Nach jahrelangem Protest der Italiener wurde gewechselt, Italien erhielt Rot, die USA stellten um auf Weiss mit blauen Streifen. Deutsche Renner traten jahrelang in Weiss an, später in Silber.

Für die Briten war Grün die naheliegende Wahl. 1902 hatte sich Selwyn Edge (Napier) den Cup geholt. Weil aber ein Autorennen in England nicht erlaubt wurde, wichen die Organisatoren auf das rennfreundlichere Irland aus. Die grüne Insel, daher grüne Rennwagen, so einfach ist das.

Oder doch nicht?

Der englische Rennhistorik-Experte David Venables vertieft das Thema: «Die meisten Fans identifizieren ‘British Racing Green’ mit dem Lotus von Jim Clark oder den Le-Mans-Siegerautos von Bentley. Die Wahrheit aber ist – eine ganz bestimmte Schattierung gibt es überhaupt nicht.»

Die Grundfarbe geht vielmehr auf Charles Jarrott zurück – und das erste Rennauto im Renngrün war mitnichten ein britisches, sondern ein französisches! Charles Jarrott wurde vom französischen Automobil-Hersteller Panhard als Rennfahrer verpflichtet. Als Jarrott ins Pariser Werk kam, musste ihm mitgeteilt warden, dass er Startnummer 13 erhalten hatte. Die 13 galt schon damals nicht unbedingt als Glücksbringer. Um den Briten etwas zu besänftigen, lackierten die Franzosen den Rennwagen in Grün, einer Farbe, die in Frankreich Glück bringen soll (in anderen Ländern steht sie als Farbe der Hoffnung).

Jarrott wurde Zehnter, ein Unfall, bei dem sein Mechaniker aus dem Wagen geschleudert wurde, endete glimpflich. Vielleicht hatte das Grün ja doch etwas bewirkt.

Beim gleichen Rennen ein Jahr später trat der englische Hersteller Napier mit Olive-grünen Rennwagen an. Einigen Quellen zufolge war Jarrott der Impulsgeber dafür, aber damals wurden viele Napier-Autos in dieser Farbe ausgeliefert. S.F. Edge gewann, damit sicherten sich die Briten – gemäss Reglement der Bennett-Trophy – das Recht, das Rennen im folgenden Jahr auszutragen.

Da Motorsport in England untersagt war, wichen die Briten auf Irland aus. Grossbritannien wurde dabei erneut von Napier repräsentiert, dieses Mal mit drei Smaragd-grünen Rennwagen. Viele sahen das auch als Knicks vor dem traditionellen Grün der Irländer. Bei der 1903er Ausgabe wurde den verschiedenen Landesvertretern erstmals Farben zugeordnet, obschon das nicht im Reglement verankert war – Grün den Briten, Weiss den Deutschen (ein Mercedes, mit dem Belgier Camille Jenatzy siegte), Blau den Franzosen. 

Damit war der Weg vorgegeben: Autohersteller aus England brachten ihre Renner künftig (nicht immer, aber immer öfter) in Grün zu den Veranstaltungen – Sunbeam, Bentley, Vauxhall, Aston Martin, Jaguar, Lotus. Eine entsprechende Vorschrift gab es aber nicht.

In jüngerer Vergangenheit haben einige Briten die unterschiedlichen Schattierungen von «British Racing Green» bewahrt: Bentley (mit dem Le-Mans-Sieg 2003), Jaguar (von 2000 bis 2004 erfolglos in der Formel 1) sowie Caterham (zuvor Team Lotus), der englische GP-Rennstall von AirAsia-Flugunternehmer Tony Fernandes aus Malaysia. Ende 2014 war Caterham pleite und Renngrün ist seither aus der Formel 1 verschwunden.

Klassische Rennfarben

Italien: Rot
Grossbritannien: Grün
Deutschland: Weiss, später Silber
Belgien: Gelb
Frankreich: Blau
Niederlande: Orange
USA: Weiss, dann Weiss mit blauen Streifen, später auch Blau mit weissen Streifen
Schweiz: Rot mit weisser Motorhaube
Irland: Grün-Orange
Spanien: Rot mit gelber Motorhaube
Schweden: Blau-Gelb
Südafrika: Gold mit grüner Motorhaube
Brasilien: Hellgelb mit grünen Felgen
Japan: Weiss mit roter Sonne
Argentinien: Blau mit gelber Motorhaube
Australien: Grün mit goldener Motorhaube

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