Ferrari-CEO Louis Camilleri: Mehr Geld für Rennstall
Ferrari-Teamchef Mattia Binotto, CEO Louis Camilleri und Charles Leclerc
Ferrari-CEO Louis Camilleri hat an einer Telefonkonferenz teilgenommen, bei welcher es vorrangig um die Verkaufszahlen des italienischen Sportwagenherstellers gegangen ist. Der in Ägypten geborene britisch-amerikanische Spitzenmanager hat aber auch über das Formel-1-Engagement von Ferrari gesprochen.
Dabei hat der 65jährige Camilleri festgehalten: «Das ist ein kritisches Jahr. Unser Ehrgeiz besteht darin, Rennen zu gewinnen – also werden wir weiter unsere Infrastruktur ausbauen, wir werden mehr Ressourcen schaffen und die Technikabteilungen ausbauen. Wir werden auch das 2020er Auto schrittweise entwickeln.»
«Das komplett neue Reglement für 2021 bringt mit sich, dass wir für die übernächste Saison ein ganz anderes Auto bauen. Auch dies erfordert zusätzliche Mittel, die wir auszugeben bereit sind.»
Camilleri ist kein Mann, der sich in den Mittelpunkt schiebt. Wortmeldungen sind rar. Aber wenn er etwas sagt, dann horchen die Journalisten auf. Im Rahmen der Weihnachtsfeier hatte er zur Formel-1-Führung und einem möglichen Nachfolger von F1-CEO Chase Carey festgehalten: «Carey hat gute Arbeit getan. Er stammt aus der Unterhaltungsindustrie, er besitzt kein Fundament aus dem Motorsport. Ich finde, wir brauchen auch künftig einen Formel-1-CEO mit Entertainment-Background, schliesslich reden wir hier von einem Unternehmen, das an der Börse notiert ist. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Letztlich ist das Angelegenheit von Liberty-Media-Geschäftsführer Greg Maffei.»
Camilleri liess das Gerücht nicht unkommentiert, wonach ein möglicher Kandidat für jenen Posten Toto Wolff heisse – selbst wenn der Mercedes-Teamchef wiederholt festgehalten hat, dass er keine Absicht hege, seine Stelle bei den Silbernen zu räumen. Louis Camilleri kann sich nur schwerlich vorstellen, dass Wolff neuer Formel-1-CEO wird. «Ich erkenne da automatisch Interessenkonflikte. Ein Mann, der in den vergangenen Jahren so eine aktive und wichtige Rolle in einem Rennstall spielt, der kann nicht einfach die Verantwortung für die Formel 1 übernehmen. Wenn unser Mattia Binotto ein Kandidat wäre, so bin ich mir sicher – die anderen Rennställe wären davon gewiss nicht begeistert.»
Aus den Worten von Louis Camilleri geht hervor, dass er solche Bedenken bei der heutigen Formel-1-Führung bereits deponiert hat. Er nennt das Veto-Recht von Ferrari «die letzte Zuflucht».
Immer wieder fragen SPEEDWEEK.com-Leser, wie es eigentlich zu diesem Veto-Recht von Ferrari gekommen ist.
Im November 2015 erklärte der frühere Ferrari-Rennchef und heutige FIA-Präsident Jean Todt in einer Medienrunde im Rahmen des Mexiko-GP: «Das Veto-Recht von Ferrari geht auf die 80er Jahre zurück, als das so genannte Concorde-Abkommen entstand (gewissermassen die Formel-1-Verfassung, welche die sportlichen und finanziellen Verbindungen zwischen FIA, Formula One Management und den Rennställen regelt, die Red.). Enzo Ferrari fühlte sich in Maranello gegen die ganzen englischen Teams isoliert. Keiner sollte überdies vergessen, dass Ferrari damals das einzige Team war, welches das komplette Auto selber gebaut hat. Ferrari forderte eine Art Schutz. Die FIA hat ihm dies zugesichert. Seither ist dieses Veto-Recht immer aufrechterhalten worden. Als ich dann Präsident wurde, habe ich zur Frage gestellt, ob das noch zeitgemäss sei. Serien-Promoter Bernie Ecclestone war dafür, dass Ferrari dieses Recht behält. Und die anderen Teams haben zugestimmt.»
Das Veto-Recht von Ferrari gegen Formel-1-Änderungen war ein derart gut gehütetes Geheimnis, dass selbst der damalige Teamchef Ross Brawn erst nach Jahren bei der Scuderia davon erfahren hat!
Erst Ende 2005 – acht Jahre nach seinem Stellenantritt in Maranello – erfuhr er von diesem Privileg, wie er in seinem Buch «Total Competition» erklärte. Darin erzählt Brawn, dass er jahrlang nichts vom Veto-Recht wusste, als er etwa gegen eine Regeländerung ankämpfte, die keine Reifenwechsel während der Rennen mehr erlaubte. Brawn war überzeugt, dass diese Anpassung nur vorgenommen werden sollte, um die Ferrari-Bridgestone-Dominanz von Michael Schumacher zu brechen. «Ich wusste damals nicht, dass wir ein Vetorecht hatten. Wir haben nie Gebrauch davon gemacht, und ich glaube nicht, dass Jean Todt das jemals in Erwägung gezogen hat – denn wir wussten, dass es im Kern falsch war.»
Todt hat das Vorgehen von Ferrari nicht vergessen, wie er in seiner Mexiko-Runde betonte: «Ein Veto-Recht ist wie eine Schusswaffe. Man sollte sehr vorsichtig damit sein, wie man sie einsetzt.»