Formel 1: Gewagte Prognose von Montoya

Formel 1 nach Corona: Die Welt wird eine andere sein

Von Günther Wiesinger
Wann flacht die Virusverbreitung ab, wann gibt es Anzeichen einer Wende zum Besseren? Der Düsseldorfer Zukunftsforscher Matthias Horx glaubt: Die Welt wird nach Corona eine andere sein.

Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste: Nach dem Chaos in Australien und der kurz darauf bestätigten Verschiebung der Rennen von Bahrain und Vietnam steht jetzt auch offiziell fest, was unvermeidlich war – keine Formel-1-Rennen im Mai, die WM-Läufe der Niederlande, von Spanien und von Monaco sind alle verschoben.

«Wir stehen am Beginn einer neuen Zeitrechnung», erklärte der österreichische Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Mittwoch im ORF im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise und den 38 Milliarden Euro, die in der Alpenrepublik jetzt für in Bedrängnis kommende Unternehmen und Arbeitnehmer als Rettungsschirm freigeben werden.

Inzwischen sollte auch der unbelehrbarste Lümmel begriffen haben, dass Covid-19 nicht als Fliegenschiss im Wirtshaus in die Geschichte eingehen wird, wie uns die Clowns Boris Johnson und Donald Trump einreden wollen, sondern dass uns dieser Virus noch über viele Monate hinweg beschäftigen und unser aller Leben verändern wird. Wie nachhaltig und schwerwiegend diese Veränderungen ausfallen werden, das hängt von der Weitsicht der jeweiligen Regierungen ab und von der Einsicht und vom Verständnis für die strengen Maßnahmen jedes Einzelnen.

Niemand kann vorhersagen, ob auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz in absehbarer Zeit mit Hausarrest zu rechnen ist, wie er für unsere Freunde in Italien seit fast zwei Wochen zum Alltag gehört. Unsere in Südtirol beheimatete Kollegin Nora Lantschner beschreibt die Auswirkungen so eines Hausarrests auf SPEEDWEEK.com sehr eindrucksvoll.

Warum gehen wir davon aus, dass sich die Welt komplett verändern wird? Weil die viel gerühmte Globalisierung jetzt ihre Nachteile offenbart hat und weil die Europäische Union für eine Epidemie oder Pandemie nicht im Geringsten gewappnet war, weshalb die Mitgliedsstaaten alle Grundsätze der Gemeinschaft blitzartig über Bord geworfen haben.

In kürzester Zeit existierten an allen EU-Grenzen Lkw-Staus mit 30, 40, 70 und 90 km Länge. Ungarn verweigerte den Rumänen und Bulgaren von einem Tag auf den andern die Durchreise, die Grenzen gingen ringsherum zu. Deutschland lässt offenbar keinen Transport von medizinischen Hilfsmitteln (Sauerstoffgeräte, Schutzkleidung, Gesichtsmasken) mehr nach Österreich zu, Viehtransporter stehen stundenlang mit lebenden Kühen, die gemolken werden müssen, im Stau, man fühlt sich an Kriegszustände erinnert, die unsere Generation nur aus dem Fernsehen kennt.

Angela Merkel ließ vor einer Woche noch in vollbesetzten Stadien Fußball spielen, als in der Schweiz längst Versammlungen mit mehr als 1000 Personen verboten waren. In Frankreich wurden am Sonntag noch 40 Millionen Menschen zur Urne gerufen. Von Großbritannien möchte ich am liebsten gar nicht reden, denn da kommt mir das Gruseln.

Die EU steht vor ihrer größten Bewährungsprobe, und es zeichnet sich ab, dass sie scheitern könnte. Österreich verhandelt nur mehr direkt mit den Nachbarländern, die EU-Politiker wirken hilflos, auf dem Weltmarkt werden von den EU-Staaten mehr Hilfsgüter eingekauft als in der EU, in deren Mitgliedsländern wieder jeder sich selbst der Nächste ist.

Motto: Das Hemd ist mir näher als der Rock.

Zum Thema EU: Bayern (Söder) und Österreich (Kurz) arbeiten momentan offenbar enger zusammen als Bayern und Berlin oder Bayern und Brüssel.

Wir leben in spannenden Zeiten. Binnen zweier Wochen ist die Unbeschwertheit verschwunden, die Bedenkenträger haben Oberwasser, die Pandemie-Forscher sind unsere Hoffnung, wir hängen an den Lippen der Simulations-Experten, die ihre Rechner 24 Stunden am Tag mit den neuesten Zahlen füttern und vorhersagen, wie stark sich der Virus im entsprechenden Land in den nächsten Tagen verbreiten wird.

In nur wenigen Ländern deutet sich eine Trendwende an.

In Deutschland, in der Schweiz und in Österreich ist sie noch nicht eingetroffen. Beispiel Österreich: 182 Erkrankungen am 10. März, heute am 19. März schon mehr als 1800.

Eine Abflachung der Kurve erleben nur jene Länder, die sich am schnellsten und heftigsten abgeschottet haben.

Aber die Experten kalkulieren mit vielen Unsicherheitsfaktoren. Wie rigoros hält sich die Bevölkerung an die Empfehlungen und Maßnahmen? Und wie lange?

Warum rotten sich immer noch so viele Menschen auf engsten Raum zusammen? Warum muss die Polizei so oft die Menschenansammlungen von Dummköpfen auflösen?

Hallo, aufwachen! Freunde, feiert die Corona-Party lieber dann, wenn es wirklich was zu feiern gibt, wann immer das sein wird.

Natürlich würden wir alle lieber dem Tagesgeschäft nachgehen. Wir würden dann am kommenden Wochenende vom Thailand-GP berichten, von der Formel 1 in Bahrain und vom Motocross-GP in Neuquen/Argentinien.

Aber der Virus legt nicht nur den Motorsport lahm, sondern auch die Fußball-EM und voraussichtlich die Olympischen Spiele.

Jetzt geht es in manchen Ländern ums Überleben, zumindest für die +65-Generation. Das muss uns bewusst sein.

Der Zukunftsforscher, Publizist und Visionär Matthias Horx liefert eine Corona-Rückwärts-Prognose. «Ich werde derzeit oft gefragt, wann Corona denn vorbei sein wird «und alles wieder zur Normalität zurückkehrt. Meine Antwort: Niemals», schreibt der Düsseldorfer. «Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Wir nennen sie Bifurkationen. Oder Tiefenkrisen. Diese Zeiten sind jetzt. Die Welt, wie wir sie kennen, löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen können.»

Horx hat mit Visionsprozessen bei Unternehmen gute Erfahrungen gemacht. Er spricht von RE-Gnose, im Gegensatz zur PRO-Gnose, er blickt mit dieser Technik von der Zukunft zurück ins Heute.

Horx: «Stellen wir uns eine Situation im Herbst 2020 vor, sagen wir im September. Wir sitzen in einem Straßencafé in einer Großstadt. Es ist warm, und auf der Straße bewegen sich wieder Menschen. Bewegen sie sich anders? Ist alles so wie früher? Schmeckt der Wein, der Cocktail und der Kaffee wieder wie früher? Wie damals vor Corona? Oder sogar besser?»

«Wir werden uns wundern, dass schließlich doch schon im Sommer Medikamente gefunden wurden, die die Überlebensrate erhöhten», meint Horx. «Dadurch wurden die Todesraten gesenkt und Corona wurde zu einem Virus, mit dem wir eben umgehen müssen – ähnlich wie mit der Grippe und vielen anderen Krankheiten. Medizinischer Fortschritt half. Aber wir haben auch erfahren: Nicht so sehr die Technik, sondern die Veränderung sozialer Verhaltensformen war das Entscheidende. Dass Menschen trotz radikaler Einschränkungen solidarisch und konstruktiv bleiben konnten, gab den Ausschlag. Die human-soziale Intelligenz hat geholfen. Die vielgepriesene Künstliche Intelligenz, die ja vermeintlich alle Probleme lösen kann, hat dagegen in Sachen Corona nur begrenzt gewirkt. Damit hat sich das Verhältnis zwischen Technologie und Kultur verschoben. Vor der Krise schien Technologie das Allheilmittel, Träger aller Utopien. Kein Mensch – oder nur noch wenige Hartgesottene – glauben heute noch an die große digitale Erlösung. Der große Technik-Hype ist vorbei. Wir richten unsere Aufmerksamkeiten wieder mehr auf die humanen Fragen: Was ist der Mensch? Was sind wir füreinander? Wir staunen dann rückwärts, wieviel Humor und Mitmenschlichkeit in den Tagen des Virus tatsächlich entstanden ist.»

Nähere Informationen: www.horx.com und www.zukunftsinstitut.de

In den letzten Tagen ist meine Bewunderung für Menschen wie Bill Gates gewachsen. Er hat schon 2018 bei einem Kongress mit einer eindringlichen Botschaft an die Politik vor einer Pandemie gewarnt, vielleicht weil er sich für seine Charity-Aktionen sehr oft in Dritte-Welt-Ländern in Afrika aufgehalten hat.

Als Ergebnis dieser Warnungen hat sich Gates damals mit 20 Prozent an der Pharmafirma CureVAC von SAP-Gründer Dietmar Hopp in Tübingen beteiligt, die Trump jetzt für 1 Milliarde kaufen und nach Amerika transferieren wollte.

Angela Merkel kündigte vor fünf Tagen an, bis zu 70 Prozent der Deutschen (das wären ca. 56 Millionen) könnten mit SARS-CoV-2 infiziert werden. Gestern warnte sie zuerst vor einer Panikmache, 40 Sekunden später sprach sie von 10 Millionen Mitbürgern, die von der Seuche angesteckt werden könnten.

Ehrlich gesagt: Ich möchte von einer so wankelmütigen Politikerin nicht regiert werden.

Jetzt helfen keine lähmenden Bergpredigten mehr, sondern jetzt herrscht akuter Handlungsbedarf. Nur strengste Vorschriften können die Situation retten, die Zeit der liebenswürdigen Empfehlungen ist endgültig vorbei.

In Italien (35.713 Infizierte) ist die Politik zu spät aufgewacht, in Frankreich (9134) und Spanien (17.395) offenbar auch. Deutschland hält jetzt bei stattlichen 14.366 Covid-19-Fällen und 43 Toten. Keine Zeit mehr für übertriebener Rücksicht auf die Wirtschaft, sonst wird sie ausgelöscht, dann nützt kein Rettungsschirm mehr. 

In Großbritannien wird sich die sorglose Politik von Boris Johnson als Bumerang erweisen. Dort ist die Zahl der Todesopfer binnen dreier Tage von 35 auf 137 gestiegen. Die Schulen bleiben offen, die Pubs natürlich auch.

Wer die Pandemie jetzt noch auf die leichte Schulter nimmt, hat nichts begriffen.

Bitte: Alle Empfehlungen und Vorschriften befolgen!

Nur dann können wir die Verbreitung des Viruses eindämmen und neue Hoffnung schöpfen – wie in China, in Südkorea oder in Singapur.

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