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Sir Stirling Moss: Immer auf Sieg und ohne Reue

Von Helmut Zwickl
Polierte Härte: Sir Stirling Moss

Polierte Härte: Sir Stirling Moss

Mit Sir Stirling Moss ist einer der grössten Rennfahrer aller Zeiten von uns gegangen. Zum Tod der GP-Legende gibt’s hier noch einmal die Zeilen, die Helmut Zwickl zum 90. Geburtstag der Rennlegende verfasst hat.

Stirling Moss, Jahrgang 1929, fuhr so gut wie alles, was vier Räder hatte und auf eine Rennstrecke gebracht wurde: von Cooper-JAP über HMW, Jaguar, Austin Healey, ERA, Cooper-Alta, Connaught, Ferguson, MG, Maserati, Mercedes, Ferrari, Porsche, Cooper-Climax bis Vanwall, Aston Martin und Lotus.

Stirling war der Einzige, der in den 50er Jahren den grossen Juan Manuel Fangio fordern und im Sportwagen besiegen konnte. Er war ein Phänomen in Sachen Fahrzeugbeherrschung und Bremstechnik, seine Härte war poliert, er fuhr immer auf Sieg.

Moss wurde 1955, 1956, 1957 und 1958 WM-Zweiter, aber nie Weltmeister, 1959, 1960 und 1961 WM-Dritter. Aus 66 Formel-1-Starts holte er 16 Siege und 16 Pole-Positions, dazu 19 beste Rennrunden und 24 Podestränge.

Zwischen 1948 und 1962 fuhr er nach eigener Rechnung 466 Rennen, 194 Mal gewann er. Stirling war sicher der beste, universellste Rennfahrer aller Zeiten. Und er war der erste richtige Profi mit Manager und Privatflugzeug.

Moss hatte etliche schwere Unfälle in seiner Renn-Karriere, fast alle entstanden durch Materialdefekte: Formel 1 – Strecken /formel1/strecken/brechende Radaufhängungen, Räder, die sich vom Chassis abmeldeten, blockierende Bremsen, versagende Lenkungen, hängende Gaspedale.

1962 hatte er in Goodwood jenen schauerlichen Unfall, der seine sagenhafte Karriere beendete. Moss lag einen Monat lang im Koma, eine Nation bangte. Sechs Monate war er halbseitig gelähmt. Die Versicherung zahlte eine Riesensumme.

Ein Jahr danach wollte er in Goodwood in einem Rennsportwagen sehen, ob er noch der Alte war. Nach der Testfahrt wurde ihm klar: Nein, die alten Reflexe, die Automatismen, sie sind nicht mehr da. Später sagte er mir einmal: «Dieser Test kam zu früh, ich hätte mir mehr Zeit geben müssen.»

1980 liess er sich zu einem Racing-Comeback in der britischen Tourenwagen Meisterschaft auf Audi hinreissen. «Das war ein Fehler», behauptete Stirling. Für einen Fronttriebler und Slick-Reifen war sein Talent – und das ist erstaunlich – nicht geschaffen.

Moss investierte in Liegenschaften, einst offenbarte er in einem Interview: «Ich kaufte das Bauland für mein Londoner Haus für 5000 Pfund. Heute ist es mehr als 10 Millionen wert.»

Am 9. Juni 2011 fuhr er mit seinem Porsche 550 Spyder, den er sich für viel Geld privat restaurieren hatte lassen, das Qualifying für ein Legenden-Rennen in Le Mans. Nach wenigen Runden stellte er den Betrieb ein. «Ich habe mich selber erschreckt», waren seine Worte. Selbst ein Stirling Moss hatte offenbar ein Ablaufdatum eines Rennfahrers erreicht.

Selbst ein Unfall in seinem Londoner Haus ging letztlich auf ein technisches Gebrechen zurück. Stirling wollte in seinen Aufzug steigen – die Tür im dritten Stock war offen – jedoch er stieg ins Leere, denn der Aufzug steckte im vierten Stock. Stirling stürzte im Schacht bis ins Parterre hinab. Seine Gattin Susie sagte damals: «Zum Glück ist Stirling zäh wie altes Leder.»

Und so nahm er weiter seinen unglaublichen Terminkalender wahr, mit Auftritten in der ganzen Welt. In seiner Glanzzeit waren 1000 Pfund sein Startgeld, aber auch als Botschafter hatte die Marke «Sir Stirling Moss» ihren Preis.

Die heutige Formel 1 war ihm «zu sicher geworden. Die Gefahr gehört zum Rennsport. Meine Herausforderung war, an der Grenze des Möglichen zu fahren, ohne dabei zu sterben. Fehler waren zu meiner Zeit tödlich.»

Nachdem er sich im Herbst 2017 in Singapur einen Virus eingefangen hatte, kämpfte er um seine Gesundheit. Er wurde zu einem Pflegefall. Ihm zur Seite stand Susie. Die um 21 Jahre jüngere Susie war seine dritte Frau, mit der er den gemeinsamen Sohn Elliot hatte, der 1980 geboren wurde. Susie war in den letzten Jahrzehnten die Leitfigur seines Lebens. Sie reiste mit ihm durch die Welt, beide wurden die begehrtesten Botschafter des Autorennsports, sie kochte, sie koordinierte seine Termine, managte seine Verträge und war jahrelang bei der Ennstal-Classic sein Navigator. Und sie war seine Stütze, seit sein durch viele Unfälle malträtierter Körper immer mehr Beistand brauchte.

Sir Stirling bekam alle Auszeichnungen und Ehren, die man sich für einen Spitzenrennfahrer vorstellen kann, von der Henry Segrave Trophy bis zur FIA-Goldmedaille. Nur der WM-Titel ist ihm versagt geblieben. Reue spürte er keine: «Ich wollte unbedingt mit einem englischen Rennwagen Weltmeister werden. Ich hätte mehr erreicht, wenn ich das Angebot von Ferrari angenommen hätte. Aber ich zog es eben vor, für Rob Walker zu fahren. Das schenkte mir die Freiheit zu fahren, wann, wo und wie ich es wollte. Und das war mir wichtiger.»

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