Rubens Barrichello zu Williams: Falsche Entscheidung
Williams 2011 bei der Verkündung eines neuen Renault-Abkommens: Hinten, von links, Damon Hill, Jacques Villeneuve, Rubens Barrichello, Nigel Mansell und Pastor Maldonado
Seit Jahren fährt Formel-1-Champion Jacques Villeneuve seinem früheren Rennstall Williams hart an den Karren. Der kanadische Weltmeister von 1997 ist grundsätzlich der Meinung, dass der englische Traditionsrennstall falsch geführt werde. Die Häme von Villeneuve ging so weit, dass Williams dem elffachen GP-Sieger Hausverbot erteilte.
Als sich der Unternehmer Lawrence Stroll bei Williams engagierte, um seinen Teenager-Sohn Lance in die Formel 1 zu hieven, spottete Jacques: «Williams hat seine Seele verkauft. Es ist nur noch traurig, was aus Williams geworden ist.»
Dabei schien es mit dem Schritt in die neue Turbo-Ära Anfang 2014 aufwärts zu gehen: Der von Sir Frank Williams gegründete und von seiner Tochter Claire geleitete Rennstall errang 2014 und 2015 den dritten WM-Schlussrang. Viele Fans hofften – es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Williams erstmals seit 2012 wieder einen Grand Prix gewinnt (seit Pastor Maldonado in Barcelona). Doch dann holten die Gegner auf, der Bonus des besten Motors von Mercedes verblasste. Williams wurde 2016 und 2017 jeweils WM-Fünfter und konnte in beiden Jahren nur je einen Podestplatz einfahren. 2018 der Totalabsturz: Letzter WM-Platz, nur eine Punktefahrt in elf WM-Läufen, mit Lance Stroll als Achtem im Chaosrennen von Baku.
2019 brachte Williams erneut das schlechteste Auto auf die Bahn, nur im Chaos-GP von Hockenheim konnte ein Punkt errungen werden, durch den Polen Robert Kubica. Villeneuve: «Die Williams-Führung bezahlt nun für die schlechten Entscheidungen der letzten Jahre, Williams ist kein Rennstall mehr.»
Jacques ist auch suspekt, dass Williams 2011 an die Börse gegangen ist. «Williams ist inzwischen eine Firma, die am Ende des Jahres ihren Teilhabern einen Profit vorweisen muss. Das haben sie geschafft, also sind alle zufrieden. 2018 haben sie einen Gewinn von 16 Millionen Dollar erwirtschaftet, aber wenn ich das sehe, so behaupte ich – dann haben sie nicht genug für den Rennsport ausgegeben. Der Firmenpräsident will doch gar nicht in der Formel 1 gewinnen, er will sicherstellen, dass er für die Aktionäre so viel als möglich herausholt. Nur darauf kommt es noch an.»
Ein anderer Williams-Fahrer ist ähnlicher Ansicht, GP-Rekordfahrer Rubens Barrichello (323 GP-Starts). Der Brasilianer fuhr 2010 und 2011 für Williams und sagt im Podcast «Rusty’s Garage»: «Statt Fahrer zu bezahlen, achtete Williams darauf, von Fahrern Geld zu bekommen, und sie glaubten, das sei eine gute Idee. Aber wenn wir uns das Williams von heute ansehen, dann ist das die falsche Entscheidung gewesen. Sie haben in Sachen Geld den falschen Weg beschritten und machen immer weiter.»
Das fing mit dem Engagement des Venezolaners Pastor Maldonado an, der 2011 mit «Petróleos de Venezuela S.A.» (kurz PDVSA) bei Williams andockte, Barrichello war damals Stallgefährte. Dann kam Stroll, dann Sergey Sirotkin, dann Nicholas Latifi.
Normalerweise schweigt Claire Williams zu provokanten Aussagen wie von von Villeneuve. Aber im Laufe der vergangenen Saison bezeichnete die Engländerin anhaltende Breitseiten des Kanadiers als «lästig. Ich finde es überaus ärgerlich, wenn Leute Kritik üben und nicht die ganze Geschichte erfassen. Ich bin eine ehrliche Haut. Wenn jemand Kritik üben will, dann kann er jederzeit zu mir kommen und mit mir sprechen.»
«Wenn es im Geschäft nicht gut läuft, wäre es selbstherrlich, sich nicht in Frage zu stellen. Aber ich bleibe davon überzeugt, dass ich dieses Team vorwärtsbringen kann. Ich kann uns da rausboxen. Wenn ich nicht mehr daran glaube, dann ist es Zeit zum Gehen. Ich mach das nicht zum Geldverdienen, ich mach das aus Überzeugung und mit Herzblut. Ich würde auch ohne Gehalt arbeiten. Das bin ich Williams schuldig.»