Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Ross Brawn: «Budgetdeckel zunächst bei 145 Millionen»

Von Mathias Brunner
Formel-1-CEO Chase Carey und F1-Sportdirektor Ross Brawn

Formel-1-CEO Chase Carey und F1-Sportdirektor Ross Brawn

​Die Teams stritten darüber, in welcher Höhe die Budgetobergrenze angesiedelt werden soll. Nun scheint eine Lösung gefunden zu sein, wie F1-Sportchef Ross Brawn sagt: 145 Millionen für die Saison 2021.

Scheinbar endlos dauerte die Zankerei im Dreieck zwischen Formel-1-Rennställen, Autosport-Weltverband FIA und Formula One Management, was die kommende Budgetobergrenze in der Königsklasse angeht. McLaren-Teamchef Andreas Seidl hatte gewarnt: «Corona ist ein Weckruf, dass wir dringend etwas ändern müssen. Wir müssen dahin kommen, dass der Sport für alle Teilnehmer finanziell gesünder, nachhaltiger ist. Das ist für mich derzeit der vielleicht wichtigste Aspekt.»

Dafür kämpfte auch McLaren-CEO Zak Brown. Der US-Amerikaner hat gewarnt: «Wir spielen mit Feuer. Wir müssen in dieser Situation wirklich aufpassen, dass wir keine Teams verlieren. Wenn wir nur noch acht Rennställe haben, dann ist das keine Formel 1 mehr. Der Sport lebt davon, dass wir ein volles Startfeld haben. Aber das ist nicht garantiert, wenn wir es nicht schaffen, die Formel 1 in Sachen Budget tragbar zu machen.»

Vor Jahren war vorgesehen, einen Budgetdeckel von 175 Millionen Dollar pro Saison einzuführen und diese Grenze dann schrittweise zu senken. In diesen 175 Millionen nicht eingeschlossen sind – Aufwand für Marketing, Gehälter der Fahrer, Kosten für kulturelle Posten (etwa den Betrieb alter GP-Rennwagen), Boni, Abschreibungen und Amortisation, Kosten, die mit der Formel 1 nichts zu tun haben, Anmeldegebühr des Teams und Superlizenzgebühr der Fahrer sowie die Gehälter der drei bestbezahlten Angestellten (abgesehen von den Piloten). Aber 175 Millionen sind vor dem Hintergrund der Coronakrise unrealistisch.

Ross Brawn, der frühere Techniker und Teamchef von Benetton, Ferrari, BrawnGP und Mercedes, heute Formel-1-Sportdirektor, sagt gegenüber Sky: «Wir werden 2021 bei 145 Millionen Dollar anfangen. Die Diskussion dreht sich nun darum, wie sehr wir das in den Jahren darauf senken können. Das neue Abkommen wird in Sachen Preisgeldverteilung erheblich gerechter sein. Vor allem die Rennställe aus dem Mittelfeld werden besser dastehen.»

«Wir senken die Kosten, das Geld wird gerechter verteilt. Zusammen mit einem neuen Reglement werden wir mittelfristig in die Lage kommen, dass ein Team aus dem Mittelfeld Podest-Ränge anstreben und Gewinn erarbeiten kann. Wenn wir all das erreichen, dann haben wir eine nachhaltige Formel 1 der Zukunft.»

«Nach der heutigen Sitzung zwischen Formel-1-Führung und FIA werden die ganzen Details in den kommenden Tagen den Rennställen zugestellt. Wir sind kurz vor der Ziellinie.»

«Diese Diskussion ist einst auf der Grundlage entstanden, dass wir im Feld mehr Konkurrenzfähigkeit haben wollen. Aber mit der Lage von heute ist die wirtschaftliche Nachhaltigkeit ins Zentrum gerückt. Und die gilt für grosse wie für weniger grosse Rennställe. Es ist für jene Leute, die über den Teamchefs stehen, sehr klar geworden – wir müssen mit den Kosten runter. Also haben wir beim Kostendeckel nochmals einen Schritt getan. Wir hatten mal 175 Millionen im Auge, aber mit der gegenwärtigen Krise beginnen wir bei 145 Millionen.»

Ross Brawn schwebt vor: Budgetdeckel 2021 bei 145 Millionen, 2022 dann Senkung auf 130 Millionen. Dies entspricht auch jener Zahl, die Formel-1-Sportchef Ross Brawn vor zwei Jahren einmal vorgeschlagen hatte. Was 2023 passiert, ist noch unklar.

So argumentierte Ferrari

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto hatte zur Senkung der Obergrenze gesagt: «Diese 145 Millionen sind eine neue und anspruchsvolle Forderung, gemessen daran, was wir im Juni 2019 vereinbart hatten. Diese Grenze kann nicht erreicht werden ohne weitere, erhebliche Opfer zu erbringen, vor allem in Sachen Personal. Wenn diese Grenze weiter sinkt, so kommen wir in eine Position, an welcher wir uns überlegen müssen, ob wir unsere Renn-DNA nicht auch in anderen Serien einbringen sollen.»

«Die Formel 1 muss die Spitze des Motorsports bleiben. Sie muss auch für Hersteller attraktiv bleiben und für Geldgeber, die sich in dieser prestigeträchtigen Serie engagieren wollen. Wenn wir weiter die Kosten übermässig verringern, dann riskieren wir, das Niveau dermassen erheblich zu senken, so dass wir uns niedrigeren Formelklassen annähern.»

Die Aussagen von Binotto führten zum Schluss, dass Ferrari mit einem Ausstieg aus der Königsklasse liebäugle. Ferrari dementiert das entschieden. «Wir wollen die Aussagen von Mattia insofern klären, dass nie die Rede davon war, dass Ferrari die Formel 1 verlässt. Er hat lediglich festgehalten, dass sich Ferrari andere Optionen ansehen könnte, dies aber ausdrücklich parallel zum Engagement in der Formel 1.»

Zak Brown fand, dass Ferrari die Augen vor der Wahrheit verschliesse. In einem Gruppengespräch mit englischen Journalisten sagte der Kalifornier: «Es müssen doch alle einsehen, dass wir hier durch die grösste Krise gehen, welche die Menschen in modernen Zeiten je erlebt haben. Du hast Länder, die heruntergefahren sind, ganze Industrien, die stillstehen. Jetzt nicht in Windeseile ein Problem anpacken, das ist ein grosser Fehler. Da erkennt jemand die Tatsachen nicht, wo doch jeder Staatspräsident oder Premierminister oder CEO emsig daran arbeitet, diese ganze Sache mit voller Energie anzupacken.»

Jahrelang sind in der Königsklasse gute Ideen letztlich abgewürgt worden, weil im so genannten Internationalen Sportkodex unter Artikel 18.2.4 für kurzfristige Änderungen (wie heute für Neuerungen ab 2021, M.B.) Einstimmigkeit der Rennställe erforderlich war. Vor dem Hintergrund der Corona-Katastrophe hat der Autosport-Weltverband FIA diesen Artikel nun aber geändert. Neu heisst es jetzt: «In aussergewöhnlichen Situationen oder wenn die FIA eine Änderung als erforderlich erachtet, um das Wohl einer Meisterschaft sicherzustellen, ist Mehrheitsbeschluss der Teilnehmer ausreichend.»

Die FIA hat mit dieser Regeländerung Ende April mehr Macht an sich gerissen, als Schutzmassnahme für den Sport, wenn sich ein Teilnehmer partout querlegt.

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