Mattia Binotto zur Trennung von Vettel: Zeit war reif
Ferrari-Teamchef Mattia Binotto
Es ist offiziell: Sebastian Vettel wird über 2020 nicht weiter für Ferrari fahren. Der vierfache Weltmeister hat betont – es ging nicht ums Geld. Vielmehr drängt sich uns der Verdacht auf: Das gemeinsame Vertrauen ist abhanden gekommen.
Als Vettel für Ferrari unterzeichnete, sah Ferrari ganz anders aus als heute: Sergio Marchionne ellbögelte den langjährigen Präsidenten Luca Cordero di Montezemolo zur Seite. Mit Maurizio Arrivabene kam der dritte Teamchef innerhalb eines Jahres (nach Stefano Domenicali und Marco Mattiacci). James Allison war damals leitender Techniker, als Nachfolger von Pat Fry. Simone Resta hatte von Nikolas Tombazis den Posten des Chefdesigners übernommen, und der heutige Teamchef Mattia Binotto hatte Luca Marmorini als Leiter der Motorenabteilung abgelöst.
Der erfolgreiche Automanager Marchionne wollte ein Dream-Team aufstellen, so wie das Montezemolo Mitte der 90er Jahre getan hatte mit Michael Schumacher, Jean Todt, Ross Brawn und Rory Byrne. Die zentralen Figuren für Marchionne waren dabei Binotto und Vettel. Heute ist klar: Dieser Plan ist nicht aufgegangen. Marchionne handelte 2017 einen Dreijahresvertrag aus mit Sebastian, im Sommer 2018 verstarb der CEO von Fiat/Chrysler in Zürich einer langjährigen Erkrankung.
Marchionnes Wunsch-Teamchef Mattia Binotto war nicht gewillt, Vettel über 2020 hinaus ein ähnlich lukratives Abkommen vorzulegen. Die Verhandlungen sind gescheitert.
Mattia Binotto (50) sagt: «Das ist eine Entscheidung, die Sebastian und wir gemeinsam getroffen haben; eine Entscheidung, die wir beide für das Beste halten. Es war nicht einfach, zu dieser Einsicht zu kommen, angesichts von Sebastians Wert als Mensch und Rennfahrer.»
«Es gab keinen bestimmten Grund, der zu dieser Entscheidung geführt hat; abgesehen vom gemeinsamen Glauben, dass die Zeit reif war, in aller Freundschaft getrennter Wege zu gehen – um unsere Ziele zu erreichen.»
«Sebastian wird mit seinen 14 Siegen immer Teil der Ferrari-Historie sein, er ist der dritterfolgreichste Pilot unserer Geschichte (hinter Michael Schumacher mit 72 GP-Siegen und Niki Lauda mit 15, M.B.). Kein Fahrer hat mehr Punkte für Ferrari eingefahren als er. In unseren fünf gemeinsamen Jahren hat er die GP-Saison drei Mal unter den ersten Drei abgeschlossen, er war ein wesentlicher Grund dafür, wieso Ferrari im Konstrukteurs-Pokal unter den besten Drei geblieben ist.»
«Im Namen aller bei Ferrari möchte ich Sebastian für seine hohe Professionalität danken und für seine menschlichen Qualitäten, die er in diesen fünf Jahren bewiesen hat. Wir haben viele fabelhafte Momente teilen dürfen.»
«Wir haben den WM-Titel zusammen noch nicht gewinnen dürfen, aber wir glauben daran, dass wir aus dieser ungewöhnlichen Saison 2020 noch viel herausholen können.»
Sebastian Vettel bei Ferrari
2015
19 Rennen, 3 Siege, 3 Mal Zweiter, 7 Mal Dritter, 1 Pole-Position, 1 beste Rennrunde – WM-Dritter
2016
20 Rennen, kein Sieg, 3 Mal Zweiter, 4 Mal Dritter, keine Pole, 3 beste Rennrunden – WM-Vierter
2017
20 Rennen, 5 Siege, 6 Mal Zweiter, 2 Mal Dritter, 4 Pole-Positions, 5 beste Rennrunden – WM-Zweiter
2018
21 Rennen, 5 Siege, 4 Mal Zweiter, 3 Mal Dritter, 5 Pole-Positions, 3 beste Rennrunden – WM-Zweiter
2019
21 Rennen, 1 Sieg, 5 Mal Zweiter, 3 Mal Dritter, 2 Pole-Positions, 2 beste Rennrunden – WM-Fünfter