Mick Doohan: «Mein Sohn ist auf einem guten Weg»
Meinen Sohn zu einem Rennfahrer zu erziehen, stand definitiv nicht auf meinem Lebensplan. Jedenfalls hatte ich kein Interesse daran, meine Vergangenheit wieder aufleben zu lassen oder die nächsten zwei Jahrzehnte damit zu verbringen, von Rennstrecke zu Rennstrecke zu reisen. Aber jetzt, da es so ist, genieße ich es doch sehr, um ehrlich zu sein.
Jack entschied sich schon sehr früh dafür, auf vier statt auf zwei Rädern zu fahren. Als er fünf Jahre alt war, verletzte er sich auf einem Geländemotorrad, und da viele Gleichaltrige, die er kannte, Kart-Rennen fuhren, wollte er unbedingt auch damit anfangen.
Nachdem er ein paar australische Kart-Meisterschaften gewonnen hatte, fragte er mich: «Wenn ich noch einmal gewinne – sorgst du dann dafür, dass ich Rennen in Europa fahren kann?»
Ohne groß darüber nachzudenken, sagte ich ja. Und es kam, wie es kommen musste: Jack gewann einen weiteren australischen Titel, und wir zogen nach Europa.
Bereits im folgenden Jahr bekam er die Chance, in die Formel 4 aufzusteigen. Ich hatte eigentlich vorgesehen, dass er noch ein weiteres Jahr Kart fahren sollte – immerhin war Jack noch nie Auto gefahren –, aber man muss jede Gelegenheit nutzen.
Jack hat eine gute Arbeitsmoral. Er möchte sich immer verbessern. Er hat einige kluge Köpfe um sich herum – und damit meine ich nicht meinen. Freunde, die im Motorsport gute Arbeit geleistet haben und von denen er sich etwas abschauen kann.
Er ist leidenschaftlich und konkurrenzfähig. Seine leidenschaftliche Seite muss er von seiner Mutter haben – ein bisschen lateinamerikanisches Blut –, aber der Kampfgeist kommt vermutlich von mir. Ihm reicht es nicht, Zweiter zu werden, was für einen Rennfahrer nicht nur eine gute, sondern die entscheidende Eigenschaft ist.
Der Wille, die Hartnäckigkeit und die Leidenschaft, immer weiter an sich zu arbeiten, sind unersetzlich. Wenn er das nicht hätte, würde ich ihm sagen, er soll zusammenpacken und an die Uni gehen.
Wie alle jungen Fahrer schaut er sich jede Menge Videos und Dokus an, um das Rennfahrerhandwerk zu studieren, aber es gibt keinen Ersatz dafür, selbst auf der Rennstrecke zu sein, Fehler zu machen und Chancen zu nutzen. Der Karting-Hintergrund hilft ihm dabei.
Alle Formel-1-Fahrer haben Erfahrung im Kartsport. Aber selbst mit Talent, Erfahrung und Hingabe ist es immer noch extrem schwierig, in die Königsklasse zu kommen. Die Konkurrenz ist enorm und der Weg, wie man an die Spitze kommt, alles andere als ein klar vorgezeichneter. Ob es über die Formel Renault geht, die Euroformula Open, die Regionalmeisterschaften, man kann sich in all diesen Serien verirren, bevor man überhaupt in die echte Formel 3 kommt.
Zudem ist es abartig teuer geworden. Verstehen Sie mich nicht falsch, es war immer schon teuer, aber heutzutage braucht man mindestens eine Million Euro, um eine Saison in der F3 zu absolvieren. Das bedeutet, dass viele talentierte junge Fahrer es sich schlichtweg nicht leisten können, über die F4 hinauszugehen.
Wenn man also will, dass die wirklich besten Fahrer durchkommen, sollten meiner Meinung nach die Formeln 2 und 3 gedeckelt sein. Das Red Bull Junior Team schlägt oft einen anderen Weg zur F1 ein, etwa über die Super Formula. Super-Formula-Autos sind extrem konkurrenzfähig, die Leistung kann fast mit jener der Formel 1 mithalten.
Wenn man dort gut abschneidet, kann man eindeutig mit einem Auto umgehen. Und wir haben auch Leute wie Max Verstappen gesehen, die direkt von der Formel 3 in die Formel 1 wechselten. Ich meine, Dr. Helmut Markos Strategie, einen anderen Weg zu finden, ist der richtige Ansatz. Für das Junior-Team hat es sich jedenfalls gelohnt.
Motorrad-Weltmeister Mick Doohan (55) hat seine Gedanken für die Red Bull-Fahrerlagerzeitung «The Red Bulletin» zu Papier gebracht. Das Neueste aus «The Red Bulletin» erfahren Sie jeweils hier.