Sieger Max Verstappen: «Das hat mich echt verblüfft»
Lewis Hamilton duscht Max Verstappen
In diesem Geburtstags-GP der Formel 1 meldete sich zwischendurch Weltmeister Lewis Hamilton am Funk und wollte wissen, mit welchem Reifendruck der schnelle Max Verstappen fahre. Der sechsfache Weltmeister konnte sich einfach nicht erklären, wieso der Niederländer keine Probleme mit Blasenbildung an seinen Pirelli hatte. Ex-Formel-1-Pilot Martin Brundle weiss: «Die Rennställe müssen sich in Sachen Reifendruck an Vorgaben von Pirelli halten und sind weise genug, das auch zu tun. Nein, an diesem Tag und unter diesen Bedingungen war das Reifen-Management bei Red Bull Racing einfach besser.»
Hamilton ruderte später zurück: «Ich wollte nicht den Anschein erwecken als sei hier etwas Fragwürdiges vorgefallen. Wenn wir auf die Piste hinausfahren, dann sind die Reifen mit einem Minimaldruck versehen. Wenn wir dann fahren, steigt dieser Druck rasant. Ich nahm einfach an, dass bei uns dieser Druck schneller stieg als bei ihnen. Wenn du die Temperaturen im Griff hast, dann hast du auch den Druck im Griff. Das war meine Überlegung. Ich wollte mit meiner Bemerkung nicht andeuten, dass sie mit anderem Druck unterwegs sind.»
Max Verstappen nach seinem neunten Sieg: «Ich hatte selber nicht erwartet, wie gut es mit den Reifen laufen würde, das hat mich wirklich verblüfft. Mein Start war genial, ich konnte sofort an Nico Hülkenberg vorbeigehen. Das war für den weiteren Rennverlauf ganz wichtig. Dann war mir klar – es würde nicht einfach sein, das Tempo von Mercedes mitzugehen.»
«Ich konnte aber bald erkennen, dass die Mercedes-Fahrer Schwierigkeiten mit den Reifen haben. Sie waren ja mit den mittelharten Pirelli losgfahren, ich mit den harten. Ich konnte sogar noch Speed zulegen und einen schönen Rhythmus finden. Alles fühlte sich gut an, ich konnte länger draussen bleiben als geplant.»
«Der Stopp selber verlief nicht perfekt, es gab eine kleine Verzögerung, dadurch kam ich hinter Valtteri auf die Bahn zurück, aber nun hatte ich den weicheren Reifen am Wagen, hatte also viel mehr Haftung, so konnte ich Bottas recht mühelos überholen.»
«Gegen Schluss des Rennens sind wir gleichzeitig zur Box gekommen, nun ging es nur noch darum, den Abstand zu halten. Ich hatte keine Probleme mit den Reifen, und das war der Schlüssel zum Sieg.»
«Ich kam mit den Reifen gut zurecht, aber ich konnte sehen, dass Lewis und Valtteri Probleme hatten, ihre Walzen waren wirklich am Ende – ich konnte Löcher in ihren Walzen ausmachen. Bei mir war das nicht so, obschon auch ich mit viel Benzin an Bord unterwegs war. Aber ich hatte keine Lust, den beiden nur brav hinterher zu fahren wie in den Rennen zuvor. Ich fand – wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, ihnen ein wenig Feuer unterm Hintern zu machen, dann will ich mir das nicht entgehen lassen.»
«Als ich knapp hinter Lewis lag, hatte ich mal einen Schreckmoment in Kurve 13, denn auch wenn dein Auto mehr Haftung aufbaut, ist es weiterhin schwierig, einem Gegner zu folgen. Irgendwann waren die Reifen an den Mercedes hinüber, sie tauchten an die Box, und ab da konnte ich in Ruhe mein Rennen fahren.»
Verstappen gibt aber zu: «Ich hasse es, reifenschonend herumzurollen, besonders dann, wenn ich weiss, dass ich ein gutes Rennauto habe. Manchmal ist es wirklich knifflig, diese Reifen am Leben zu erhalten, und du musst überaus vorsichtig sein. Aber heute war kein solcher Tag.»
Ist der Sieg nun dank der Stärke von Red Bull Racing und Verstappen zustande gekommen oder dank des Schwächelns von Mercedes? Max meint: «Schwer zu sagen, denn ich kann ja nicht für die Anderen sprechen. Aus unserer Sicht lief alles perfekt. Wir hatten eine prima Balance, die Reifen waren für uns kein Problem. Ich erkenne einfach – wenn wir Walzen einsetzen für ein Einstopprennen, dann sind wir nicht ganz so schnell wie heute. Und wir sind auf eine Runde weniger schnell als Mercedes. Daran müssen wir arbeiten.»
Mit dem tollen Sieg in Silverstone hat sich Verstappen in der WM vor Valtteri Bottas geschoben. Aber der Niederländer ist Realist genug zu wissen: «Wir müssen in der Qualifikation schneller werden. Wenn mit härteren Mischungen gefahren wird, kann Mercedes den Reifen mehr zumuten und ist schneller. Den Rückstand auf Mercedes aufzuholen, ist schwierig. Heute will ich daran nicht denken, sondern mich einfach über den Sieg freuen. Und was in Barcelona passieren wird, darum kümmere ich mich dann in Spanien.»
Grand Prix zum 70. Jubiläum in Silverstone 2020
1. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:19:44,062h
2. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +11,080 sec
3. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes, +17,826
4. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +28,536
5. Alex Albon (T), Red Bull Racing, +29,289
6. Lance Stroll (CDN), Racing Point, +39,146
7. Nico Hülkenberg (D), Racing Point, +42,538
8. Esteban Ocon (F), Renault, +55,951
9. Lando Norris (GB), McLaren, +1:04,773 min
10. Daniil Kvyat (RUS), AlphaTauri, +1:05,544
11. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, +1:09,669
12. Sebastian Vettel (D), Ferrari, +1:10,642
13. Carlos Sainz (E), McLaren, +1:13,370
14. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, +1:14,070
15. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo, +1 Runde
16. Romain Grosjean (F), Haas, +1 Runde
17. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo, +1 Runde
18. George Russell (GB), Williams, +1 Runde
19. Nicholas Latifi (CDN), Williams, +1 Runde
20. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1 Runde
WM-Stand nach 5 von 13 Rennen
Fahrer
1. Hamilton 107 Punkte
2. Verstappen 77
3. Bottas 73
4. Leclerc 45
5. Norris 38
6. Albon 36
7. Stroll 28
8. Sergio Pérez (MEX) 22
9. Ricciardo 20
10. Ocon 16
11. Sainz 15
12. Gasly 12
13. Vettel 10
14. Hülkenberg 6
15. Giovinazzi 2
16. Kvyat 2
17. Magnussen 1
18. Räikkönen 0
19. Russell 0
20. Latifi 0
Marken
1. Mercedes 180
2. Red Bull Racing 113
3. Ferrari 55
4. McLaren 53
5. Racing Point 41 (56)*
6. Renault 36
7. AlphaTauri 14
8. Alfa Romeo 2
9. Haas 1
10. Williams 0
* 15 Punkte Abzug wegen Einsatzes illegal kopierter Bremsbelüfung