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Formel 1 der Zukunft: Europa nur noch in Nebenrolle

Von Mathias Brunner
So soll die Rennstrecke in Saudi-Arabien aussehen

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In der Corona-Pandemie ist Formel-1-CEO Stefano Domenicali froh, dass er auf Rennstrecken in Europa ausweichen kann. Aber mittelfristig wird die alte Welt nur noch eine Nebenrolle spielen. Wie war das früher?

Die beiden Formel-1-CEO Chase Carey und sein Nachfolger Stefano Domenicali sind 2020 und 2021 heilfroh, dass sie in den schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie auf das gute alte Europa bauen können: Zahlreiche der geplanten WM-Läufe in Übersee können nicht stattfinden, der US-Amerikaner und der Italiener weichen auf Strecken in Europa aus, um ein stattliches Programm zu sichern, 2020 mit immerhin 17 Rennen. Wie viele es 2021 werden, kann niemand sagen.

Mittelfristig will Domenicali den Kurs von Carey fortsetzen, wie er mehrfach erklärt hat: «Es wird mehr Rennen in Nordamerika, Asien und im Nahen Osten geben. Der Anteil an Grands Prix in Europa wird zurückgehen. Die Fans werden das verstehen. Das Geschäft entwickelt sich. Wir ehren die Wurzeln wie mit Rennen in Spa-Francorchamps oder Monza, aber wer nur in der Tradition lebt, der lebt nicht lange. Wir müssen am Fundament für die Zukunft bauen.»

Der frühere BMW-Motorsportchef Dr. Mario Theissen hat es völlig richtig auf den Punkt gebracht: «Die Formel 1 muss eine Mischung bleiben aus traditionellen Rennstrecken und aufregenden neuen Kursen in Wachstumsmärkten. Wir müssen Rennen haben wie in Singapur oder wie in Abu Dhabi. Aber die grossen Strecken müssen unbedingt bleiben, Monza und Spa-Francorchamps, Silverstone und Monaco.»

Bevor Corona alles über den Haufen warf, war für die Saison 2020 ein Programm aus 22 Läufen geplant. Von diesen 22 Rennen sollten neun in Europa stattfinden (Spanien, Monaco, Frankreich, Österreich, Grossbritannien, die Niederlande, Ungarn, Belgien, Italien), das sind knapp 40 Prozent, sieben in Asien/Ozeanien (Australien, Vietnam, China, Aserbaidschan, Singapur, Russland, Japan), etwas mehr als 30 Prozent, vier in Nord- und Südamerika (Kanada, USA, Mexiko und Brasilien) sowie zwei im Mittleren Osten (Bahrain und Abu Dhabi).

Werfen wir einen Blick zurück, um sie sehen, wie sie die Weltmeisterschaft verändert hat.

2005: Einige Sorgenkinder
Damals gab es 19 WM-Läufe, zehn davon in Europa, fünf in Asien/Ozeanien, zwei in Nordamerika, einer in Südamerika und einer im Mittleren Osten. Es gab noch einen Europa-GP auf dem Nürburgring (eine gute Ausrede damals, um zwei Rennen auf deutschem Boden zu haben), den Indy-GP (heute fahren wir in Austin/Texas) sowie den Türkei-GP ausserhalb von Istanbul (kehrte als Corona-Notlösung 2020 zurück). Bahrain gab es zwar schon, nicht aber Abu Dhabi.

1995: Ganz anderes Bild
17 Rennen, die sich wie folgt aufteilten: Gleich elf Rennen in Europa (also 64 Prozent der WM), drei in Asien und Ozeanien, nur einen in Nordamerika, zwei in Südamerika und basta. Im Mittleren Osten wurde damals von einem Grand Prix nur geträumt, die Südamerika-Tournee bestand aus Brasilien und Argentinien, in Japan gab es gleich zwei Grands Prix (neben dem fabelhaften Suzuka der eher peinliche TI-Circuit in Aida), und in Australien wurde damals in Adelaide gefahren, nicht in Melbourne. Die Europäer freuten sich über einen WM-Lauf in Portugal, zusätzlich zu den genannten Rennen auf europäischem Boden oder jenen WM-Läufen, die auch im aktuellen Programm enthalten sind.

1985: Schon damals kein New-York-GP
Vor dreissig Jahren gab es 16 WM-Läufe. Mit elf von sechzehn Rennen lag der Anteil von Europa bei stattlichen 68,75 Prozent, ergänzt wurde die WM durch ein Rennen in Brasilien (damals in Rio), eines in Australien (erster Grand Prix des Landes im Rahmen der Formel-1-WM!), zwei in Nordamerika (Strassen-GP in Detroit sowie Montreal) und eines in Südafrika. 1985 gab es einen Holland-GP (kehrt 2021 zurück), der Kurs in der Steiermark hiess noch Österreichring, und der Europa-GP fand in Brands Hatch statt – weil sich die Pläne für Strassen-GP in Rom und New York (!) zerschlagen hatten.

1975: Asien, wo bist du?
14 Rennen der WM, zehn davon in Europa (= 71,43 Prozent Anteil). Dazu zwei Rennen in Südamerika, eines in Südafrika und eines in den USA. Von einem Rennen in Asien ist noch nichts zu sehen: der erste Japan-GP kam erst ein Jahr später (mit dem dramatischen Finale von Fuji zwischen Niki Lauda und James Hunt).

1965: Nur zehn Rennen
Die Fans erhielten vor 50 Jahren eben mal die Hälfte der Rennen von 2015 serviert, also ganze zehn Grands Prix. Europa dominierte mit 70 Prozent, dazu gab es je einen Lauf in Südafrika, den USA und Mexiko.

1955: Alibiübung Indy-GP
Das Indy 500 gehörte damals zum WM-Programm, aber kaum ein europäisches Team reiste nach Amerika. Das Rennen hiess auch nicht USA-GP. Im Grunde könnten wir die Veranstaltung aus Sicht der Formel 1 glatt ignorieren. Abgesehen vom Argentinien-GP fanden die restlichen fünf Grands Prix alle in Europa statt. Genau: eine Saison, nur sieben Läufe (wenn wir Indy nicht rechnen, sogar nur sechs). Noch wilder: Die WM begann zwar schon am 16. Januar in Buenos Aires, dann aber mussten sich die Rennfans bis zum 22. Mai gedulden, um in Monaco einen weiteren Lauf zu erleben. Mit dem Monza-GP am 11. September war die Herrlichkeit schon vorbei.

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