Giuseppe Farina, der gefürchtete Weltmeister
Vermutlich war ihm eine Karriere bei der Arbeit mit vier Rädern vorgegeben: Giuseppe Farina, von Freunden nur Nino genannt, wurde am 30. Oktober 1906 in Turin als Sohn des Unternehmers Giovanni Farina geboren. Giovanni leitete das Karosseriewerk «Stabilimenti Farina». Sein Bruder Battista (Pinin) hatte ebenfalls eine Firma in der Autobranche gegründet, Pininfarina wurde als Design-Schmiede weltbekannt, auch durch die langjährige Zusammenarbeit mit Enzo Ferrari.
Nino Farina fuhr erste Rennen an der Seite seines Onkels Pinin, bei lokalen Veranstaltungen, als mitfahrender Mechaniker, so wie das damals üblich war. Mit 17 fuhr er sein erstes Rennen alleine, das Bergrennen Aosta.
Es folgte eine rennarme Zeit: Farina ging an die Uni, schloss mit einem Doktortitel der Politikwissenschaft ab, danach folgte der Militärdienst. Die Kavallerie war ihm zu fad, am Ende fuhr er Panzer.
Farina war nicht abergläubisch wie sein Landsmann Alberto Ascari, und er war kein Ästhet wie der Argentinier Juan Manuel Fangio. Sein Fahrstil war robust, um es höflich auszudrücken, er fischte gerne in den Grauzonen der Fairness, wie zahlreiche Gegner feststellen mussten. Eine Zimperliese war der Turiner wahrlich nicht. Immer wieder gab es üble Unfälle.
1936 war sein Speed auch einem gewissen Enzo Ferrari aufgefallen, der ihn zu Alfa Romeo holte. An der Pistenetikette änderte Farina nichts. In Deauville kollidierte er mit dem Wagen von Marcel Lehoux, der Franzose überlebte nicht.
In Tripolis kam es zu einer Berührung mit dem Wagen des Ungarn Laszlo Hartmann, auch der verlor sein Leben.
Die Gegner von Farina fürchteten den Italiener im Zweikampf. Seine Risikobereitschaft grenzte an einen Todeswunsch.
Gegen die deutschen Rennwagen von Mercedes und Auto-Union war wenig zu machen, dann kam der Zweite Weltkrieg.
Nach dem Krieg setzte Farina seine Karriere fort, sein Sieg im Grossen Preis von Monaco 1948 mit einem privat eingesetzten Maserati zeigte, dass er nichts von seinem Können eingebüsst hatte. 1950 holte ihn Alfa Romeo ein zweites Mal ins Werks-Team – mit durchschlagendem Erfolg.
Farina gewann die Formel-1-WM-Premiere in Silverstone, in Monaco fiel er aus, das Indy 500 schwänzte er so wie die meisten europäischen Piloten, danach gewann er in der Schweiz, wurde Vierter in Belgien, punkteloser Siebter in Frankreich, aber der Sieg beim Heim-GP von Monza reichte zum WM-Titel. Das ist heute am 3. September nun 74 Jahre her.
Farina sollte im Rahmen der Formel-1-WM nur noch zwei Mal gewinnen, 1951 in Spa-Francorchamps und 1953 auf dem Nürburgring, mit inzwischen 47 Jahren!
Nach dem WM-Titel 1950 stand Farina ein Jahr darauf im Schatten von Fangio, danach wechselte Nino zum Rennstall von Enzo Ferrari, aber dieses Mal stand ihm Alberto Ascari vor der Sonne, der Weltmeister 1952 und 1953 wurde.
Anfang 1953 folgte ein weiterer schlimmer Unfall – Farina musste in Buenos Aires das Lenkrad zur Seite reissen, um einem Pistengänger auszuweichen, der Wagen glitt ihm aus der Kontrolle und fuhr in einen Zuschauerbereich. Neun Menschen starben.
1954 ging Farina für Lancia an den Start, zog sich aber bei der Mille Miglia einen gebrochenen Arm zu. Beim Comeback sechs Wochen danach erlitt er Verbrennungen am Bein, als sein Sportwagen in Monza Feuer fing – 20 Tage Krankenhaus.
Nach seiner letzten Saison in der Formel 1 (1955 WM-Fünfter mit Ferrari, nur ein Podestplatz) versuchte Farina sein Glück in Amerika, aber er konnte sich 1956 nicht für das Indy 500 qualifizieren
Es folgte ein gebrochenes Schlüsselbein nach einem Crash in Monza. 1957 nahm Farina in Indy einen weiteren Anlauf, aber sein Ersatzfahrer Keith Andrews verunglückte im Training tödlich, der Wagen war zerstört. Nino musste unverrichteter Dinge abreisen.
Auch mit dem Privatwagen fuhr Farina als gäbe es kein Morgen. 1960 prallte er mit seinem Auto in einen Lastwagen und konnte von Glück reden, mit dem Leben davonzukommen, sein Beifahrer starb.
Farina blieb der Rennszene verbunden, war oft bei Grands Prix zu sehen. Am 30. Juni 1966 stieg Nino Farina in sein Auto, um von Turin zum Formel-1-GP von Frankreich in Reims zu fahren.
Der Schweizer Rennfahrer Jo Siffert hat einmal gesagt: «Ich glaube daran, dass jeder Pilot so etwas wie ein Scheckbuch besitzt. Bei jedem Unfall reisst dir das Schicksal ein Blatt aus dem Heft. Die Sacher ist – keiner weiss, wie viele Blätter im Heft sind.»
In den Bergen um Chambéry geriet Farina 1966 auf eine vereiste Stelle, der Wagen prallte heftig in einen Telefonmast, der Italiener war auf der Stelle tot.
Das Scheckheft von Giuseppe «Nino» Farina war leer.
Alle Formel-1-Weltmeister
2023: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing-Honda
2022: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing-Honda
2021: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing-Honda
2020: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2019: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2018: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2017: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2016: Nico Rosberg (D), Mercedes
2015: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2014: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2013: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing-Renault
2012: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing-Renault
2011: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing-Renault
2010: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing-Renault
2009: Jenson Button (GB), BrawnGP-Mercedes
2008: Lewis Hamilton (GB), McLaren-Mercedes
2007: Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari
2006: Fernando Alonso (E), Renault
2005: Fernando Alonso (E), Renault
2004: Michael Schumacher (D), Ferrari
2003: Michael Schumacher (D), Ferrari
2002: Michael Schumacher (D), Ferrari
2001: Michael Schumacher (D), Ferrari
2000: Michael Schumacher (D), Ferrari
1999: Mika Häkkinen (FIN), McLaren-Mercedes
1998: Mika Häkkinen (FIN), McLaren-Mercedes
1997: Jacques Villeneuve (CAN) Williams-Renault
1996: Damon Hill (GB), WilliamsRenault
1995: Michael Schumacher (D), Benetton-Renault
1994: Michael Schumacher (D), Benetton-Ford
1993: Alain Prost (F), Williams-Renault
1992: Nigel Mansell (Williams Renault FW14B)
1991: Ayrton Senna (BR), McLaren-Honda
1990: Ayrton Senna (BR), McLaren-Honda
1989: Alain Prost (F), McLaren-Honda
1988: Ayrton Senna (BR), McLaren-Honda
1987: Nelson Piquet (BR), Williams-Honda
1986: Alain Prost (F), McLaren-TAG
1985: Alain Prost (F), McLaren-TAG
1984: Niki Lauda (A), McLaren-TAG
1983: Nelson Piquet (BR), Brabham-BMW
1982: Keke Rosberg (FIN), Williams-Ford
1981: Nelson Piquet (BR), Brabham-Ford
1980: Alan Jones (AUS), Williams-Ford
1979: Jody Scheckter (ZA), Ferrari
1978: Mario Andretti (USA), Lotus-Ford
1977: Niki Lauda (A) Ferrari
1976: James Hunt (GB), McLaren-Ford
1975: Niki Lauda (A), Ferrari
1974: Emerson Fittipaldi (BR), McLaren-Ford
1973: Jackie Stewart (GB), Tyrrell-Ford
1972: Emerson Fittipaldi (BR), Lotus-Ford
1971: Jackie Stewart (GB), Tyrrell-Ford
1970: Jochen Rindt (A), Lotus-Ford
1969: Jackie Stewart (GB), Matra-Ford
1968: Graham Hill (GB), Lotus-Ford
1967: Denny Hulme (NZ), Brabham-Repco
1966: Jack Brabham (AUS), Brabham-Repco
1965: Jim Clark (GB), Lotus-Climax
1964: John Surtees (GB), Ferrari
1963: Jim Clark (GB), Lotus-Climax
1962: Graham Hill (GB), BRM
1961: Phil Hill (USA), Ferrari
1960: Jack Brabham (AUS), Cooper-Climax
1959: Jack Brabham (AUS), Cooper-Climax
1958: Mike Hawthorn (GB), Ferrari
1957: Juan Manuel Fangio (RA), Maserati
1956: Juan Manuel Fangio (RA), Ferrari
1955: Juan Manuel Fangio (RA), Mercedes
1954: Juan Manuel Fangio (RA), Maserati und Mercedes
1953: Alberto Ascari (I), Ferrari
1952: Alberto Ascari (I), Ferrari
1951: Juan Manuel Fangio (RA), Alfa Romeo
1950: Giuseppe Farina (I), Alfa Romeo