MotoGP: Wieder Ärger über Strafen

Dr. Helmut Marko: So kann Verstappen wieder siegen

Von Dr. Helmut Marko
​Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko analysiert exklusiv für SPEEDWEEK.com das GP-Wochenende in Monza: Wieso sich Red Bull Racing derzeit so schwertut, wie das Team bei der Fehlersuche vorgeht.

Wir haben am Monza-GP-Wochenende erkannt, dass im Rennwagen des Typs RB20 ein massives, grundlegendes Problem liegt. Das Positive ist, dass alle einvernehmlich und mit Hochdruck an der Lösung arbeiten. Im Anschluss an den Italien-GP finden in Monza Reifentests statt, das hilft uns vielleicht zurück auf den richtigen Weg.

Wir haben aus einem Rennwagen, der bei den ersten Rennen dominiert hat, ein mehr oder weniger unkalkulierbares, ganz schwierig zu fahrendes Auto gemacht. Und das müssen wir aus der Welt schaffen.

Max Verstappen war in Q2 von Monza Zweitschnellster, ganz knapp hinter Hamilton, hatte dann aber keine Haftung in Q3 mit beiden Reifensätzen. Solche Leistungsschwankungen innerhalb weniger Minuten erklären wir uns so, dass wir ein Fahrzeug geschaffen haben, das überaus sensibel auf kleinste Veränderungen reagiert – sei dies die Aussentemperatur oder eine andere Reifenmischung oder weniger Kraftstoff an Bord. Und dann ist die gute Fahrzeugbalance wieder weg.

Darüber hinaus glauben wir: Der Abgleich von Erkenntnissen aus Windkanal und von der Rennstrecke ist ebenfalls Teil des Problems.

Natürlich kursiert unter Fans die Meinung, unser Rückfall habe etwas mit dem Abgang von Adrian Newey zu tun. Aber das stimmt so nicht. Denn Newey war schon im Frühling nicht mehr in alle Details der Fahrzeugentwicklung involviert.

Was natürlich nicht von der Hand zu weisen ist: Newey ist Newey, ein Mann mit unglaublicher Erfahrung, das hat ihn immer ausgezeichnet. Aber unser Problem liegt woanders. Die Beispiele Mercedes und in geringerem Masse auch Ferrari haben gezeigt, wie sich Teams beim Umgang mit diesen Flügelautos schwer tun.

Doch ich bleibe optimistisch: Wir haben eine sehr breit aufgestellte Techniker-Mannschaft, und ich bin überzeugt davon, dass wir dieses Problem lösen können.

Im Zentrum steht nun also die Frage: Wie gehen wir vor, um die gute Fahrzeugbalance aus dem ersten Saisonteil wiederzufinden? Max Verstappen hat in Monza gesagt, er brauche nicht zwanzig Punkte mehr Abtrieb, wenn das Auto dadurch unfahrbar werde. Wir müssen also rückbauen und dabei hoffentlich den Punkt finden, an dem der Wagen in Balance war. Wenn wir das schaffen, dann wird das Verhalten des Autos wieder kalkulierbar, die Fahrer schöpfen frisches Vertrauen und können sich wieder ideal einbringen.

Natürlich ist das eine schwierige Aufgabe, weil wir seither sehr viele neue Teile ans Auto gebracht haben. Einfach gesagt – wir müssen herausfinden, wo wir technisch falsch abgebogen sind.

In Francorchamps hatte Mercedes im Rennen das beste Auto, in Zandvoort McLaren, in Monza hat Leclerc im Ferrari triumphiert. Ohne diese Wellenbewegungen hätten wir nie und nimmer den Vorsprung, den wir heute noch haben. Aber klar können wir uns nicht andauernd darauf verlassen, dass einmal dieses Team vorne liegt, dann wieder ein anderes. Unser Anspruch muss sein, aus eigener Kraft vorne zu liegen.

Der Vorsprung im Konstrukteurs-Pokal ist auf acht Punkte zusammengeschmolzen. Den Markentitel schon abschreiben müssen wir durchaus nicht. Denn wenn Max wieder zu gewinnen beginnt, dann sind Platzierungen von Checo zwischen den Rängen 3 und 5 ausreichend, um diesen Titel erfolgreich zu verteidigen.

Ein Wort zu den Racing Bulls in Monza: Wir hatten ein Update am Wagen von Tsunoda, und Yuki war damit äusserst unzufrieden. Er fand das Auto mehr oder weniger unfahrbar. Das Team liess die Verbesserungen trotzdem am Wagen, um herauszufinden – wo liegen Vorteile und wo hapert’s? Dann musste Tsunoda nach der Kollision mit Hülkenberg ledier aufgeben.

Bei Daniel Ricciardo wurde eine Strafe an der Box nicht korrekt abgesessen, so erhielt er neben den ersten fünf Sekunden zusätzlich eine Zehnsekundenstrafe, und dann hast du bei der hohen Leistungsdichte natürlich keine Chance mehr auf Punkte.

Nach den Traditionsrennen von Zandvoort und Monza steht als nächstes der Strassen-GP von Baku auf dem Programm. Das Pistenlayout ist nicht repräsentativ, aber Checo Pérez liebt diese Strecke, er hat dort 2023 gewonnen.

Wir waren in Baku immer konkurrenzfähig, aber dieses Mal wird entscheidend sein, wie schnell wir wieder die gewünschte Balance ins Auto bekommen. Wenn uns das im Ansatz gelingt, dann sollten wir für den Aserbaidschan-GP besser aufgestellt sein als zuletzt. Und wenn Verstappen ein Auto erhält, mit dem er halbwegs kämpfen kann, dann wird auch wieder seine Extraklasse besser zum Vorschein kommen, auf die wir weiterhin bauen dürfen.


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