Valentino Rossi sucht das Glück

Las Vegas-GP von einer Ohrfeige zur zweiten getaumelt

Kolumne von Mathias Brunner
​Die ersten GP-Versuche in Las Vegas waren Formel-1-unwürdig, eine Lachnummer 1981 und 1982. Vierzig Jahre später endlich eine richtige Strecke – aber erneut setzte es für die Königsklasse eine Klatsche.

Jahrelang hat Bernie Ecclestone, Baumeister der modernen Formel 1, versucht, den GP-Sport nach Las Vegas zurückzubringen. Allerdings mit der Auflage – die Rennwagen sollen auf dem Strip fahren. Die Casino-Besitzer lehnten müde lächelnd ab.

Ihre Antwort: «Die Formel 1 braucht Las Vegas mehr als Las Vegas die Formel 1.» Für sie kam es überhaupt nicht in Frage, den Strip wochenlang zu sperren.

Aber seit der Ära Ecclestone hat sich Vieles geändert. Die Formel 1 erhielt mit Liberty Media 2017 einen neuen Besitzer und in der Chefetage endlich frischen Wind, zunächst mit Ecclestone-Nachfolger Chase Carey, seit 2021 mit dem früheren Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali am Steuer.

Liberty Media-CEO Greg Maffei über das Nachtrennen: «Las Vegas und die Formel 1, das ist die perfekte Verbindung von Speed und Glamour. Und die Zeit war reif für einen dritten WM-Lauf in den USA.»

Seit 2012 Austin in Texas, seit 2022 Miami in Florida, ab 2023 wieder Las Vegas in Nevada. Denn was viele Fans der Generation Netflix nicht wissen: Es gab schon mal einen Formel-1-WM-Lauf in Las Vegas, und der war der Königsklasse wahrlich unwürdig.

Ausgerechnet das WM-Finale 1981 fand auf dem riesigen Parkplatz des Caesars Palace-Hotels von Las Vegas statt, wo ein Micky-Maus-Kurs ohne Charakter auf Gelände gezwängt wurde.

Drei Piloten konnten damals noch Weltmeister werden: Williams-Fahrer Carlos Reutemann (49 Punkte), Brabham-Pilot Nelson Piquet (48) sowie Ligier-Fahrer Jacques Laffite, der 43 WM-Zähler nach Nevada mitbrachte.

Ein Problem für die Fahrer: Der Kurs führte gegen die Uhrzeigerrichtung. Zudem war es im Training ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Piquet musste sich von jenem Masseur behandeln lassen, der sich normalerweise um den Boxer Sugar Ray Leonard kümmerte.

Reutemann fuhr Pole-Position, neben ihm ging Williams-Stallgefährte Alan Jones ins Rennen. Der Australier und der Argentinier waren sich spinnefeind, Jones machte vor dem Rennen klar, dass es keine Hilfe für Reutemann geben würde.

Im Rennen ging Jones sofort in Führung, während Reutemann gleich zurückfiel und nur als Fünfter aus der ersten Runde zurückkehrte. In Runde 2 kam es für Carlos knüppeldick: An seinem Williams hatte sich der vierte Gang verabschiedet. Als er später auch noch vom WM-Rivalen Piquet überholt wurde, war Reutemann so gebrochen wie sein vierter Gang. Er wurde nur Achter.

Piquet hatte andere Probleme: Sein Nacken machte schlapp. Er rettet sich nur 1,5 Sekunden vor Laffite als Fünfter ins Ziel, das waren exakt jene zwei Punkte, die er brauchte, um Reutemann in der WM zu überholen – der Brasilianer wurde erstmals Weltmeister.

Das Rennen ein Jahr später war auch nicht besser, damit war zunächst mal Feierabend für die Königsklasse in Las Vegas.

Der besagte Parkplatz wurde 2003 überbaut.

Las Vegas 2023: Erneut eine Ohrfeige

Die neuen Formel-1-Grossaktionäre von Liberty Media machen das mit dem kommenden Las-Vegas-GP besser – gefahren wird in der Nacht und unter Einbezug des weltberühmten Vegas Strip.

Aber dann: eine erneute Klatsche. Und die kam so.

Das erste Training zum Strassen-GP auf dem Las Vegas Strip Circuit war nach nicht mal zehn Minuten vorbei – abgebrochen, nachdem Carlos Sainz (Ferrari) und Esteban Ocon (Alpine) ihre Autos auf einer kaputten Schachtdeckel-Ummantelung beschädigt hatten. Mehr als vierzig Deckel mussten geprüft, ein halbes Dutzend notfallmässig verstärkt werden.

Weil es über Stunden unklar war, ob überhaupt nochmals gefahren werden kann, verliessen Besucher zu Tausenden die Rennstrecke. Ein Kern harrte aus, aber als es rund zweieinhalb Stunden später wirklich weiterging (Lokalzeit inzwischen unfassbar 2.30 Uhr), waren die Tribünen leer – die Fans waren von der Polizei nach Hause geschickt worden!

Gewiss, mit einer Panne wie den defekten Wasserkanal-Ummantelungen hatten die Organisatoren nicht rechnen können. Weil der Zeitplan deswegen durcheinandergebracht war, standen die Amerikaner nun vor dem Problem, dass Arbeitsschichten Hunderter Sicherheits-Mitarbeiter zu Ende gingen. Die Veranstalter posteten die Erklärung, dass «alle Fan-Bereiche aus logistischen Gründen ab 1.30 Uhr gesperrt sind».

Die Organisatoren standen ferner vor dem Problem, dass der Stadt Las Vegas zugesichert worden war, die Strecke zu öffnen, ab 2.00 Uhr schrittweise für das Publikum, ab 4.00 Uhr komplett für den normalen Strassenverkehr. Das war wegen des verschobenen Trainings so nicht mehr möglich.

Es kam zu hitzigen Diskussionen auf den Tribünen, zwischen der Polizei, für die Räumung der Tribünen zuständig, und einigen Besuchern.

Lange Gesichter, böse Worte, Enttäuschung, Wut.

Zahlreiche Fans hatten sich wegen der hohen Ticketpreise nur für den ersten Trainingstag eine Karte leisten können, viele von ihnen reisten alleine für diesen Donnerstag an – und bekamen nach zehn Minuten nichts mehr zu sehen! Anreise, Ticket, Übernachtung, mehr oder weniger für die Katz.

Das für die Formel 1 prestigeträchtigste GP-Wochenende des Jahres und dann ein Geistertraining vor leeren Rängen, wie zu Corona-Zeiten. Was für eine Blamage!

Wer nur ein Donnerstag-Ticket hatte, erhielt einen Gutschein im Wert von 200 Dollar für Formel-1-Produkte in offiziellen Läden. Wer ein Dreitages-Ticket hatte, der ging für den Donnerstag-Flop leer aus.

Für 2024 soll ein Schachtdeckel-Debakel nicht mehr möglich sein, versichern die Veranstalter.

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