Lotus glänzt, Pech für Hülkenberg
Grosjean und seine schwarze Lotus-Rakete
Das hat Force India sauber vergeigt: Testfahrer Jules Bianchi legte am Donnerstagmorgen den neuen Force India so nachhaltig in die Reifenstapel, dass Nico Hülkenberg gar nicht mehr zum Einsatz kam.
Hülkenberg, der letztjährige Force-India-Ersatzpilot, knurrte: «Langsam habe ich vom Zuschauen die Nase voll.»
An den flinken Fingern der Mechaniker lag’s nicht – vielmehr konnte Hülkenberg nicht ausrücken, weil vom neuen Wagen noch nicht genügend Ersatzteile vor Ort sind und Nachschub erst zum Testschluss von 17.00 Uhr eintraf.
Einen technischen Grund für den Crash von Bianchi hatte es nicht gegeben: der Franzose hatte schlicht die Kälte der Bahn während der Auslaufrunde unterschätzt, ein Anfängerfehler.
Auch ein anderer Deutscher musste sich in Geduld üben: Weltmeister Sebastian Vettel verlor (unter den Augen von «Mr. Red Bull» Didi Mateschitz) einiges an Zeit, weil ein Hebel der Bremsbalance-Verstellung aus dem Leim gegangen war.
Abgesehen davon erhärteten sich die Verdachtsmomente der vorhergegangenen zwei Testtage, als da wären:
Der neue Ferrari ist nicht nur hässlich und schwierig zu fahren, es ist auch nicht standfest: Fernando Alonso war wegen eines Hydraulikdefekts zum Nichtstun verdammt. Die zahlreichen Fans im Fahrerlager bekamen ihn trotzdem kaum zu Gesicht – der Asturier verkrümelte sich im Ferrari-Lastwagen.
Der Lotus E20 geht ab wie eine Rakete: Romain Grosjean fuhr gar noch schneller als Kimi Räikkönen, und selbst wenn der schwarze Renner mit wenig Sprit und den weichen Reifen auf die Bahn geschickt wurde – die Zeit muss trotzdem erst mal gefahren werden.
Red Bull Racing und McLaren-Mercedes haben (abgesehen von Kinderkrankheiten) kerngesunde Fahrzeuge. Die Rundenzeiten und die Konstanz deuten darauf hin – hier wurde mit viel Sprit gefahren, hier haben die Techniker bereits eine ziemlich genau Vorstellung davon, wo sie stehen.
Jean-Eric Vergne war nicht ganz so schnell wie tags zuvor Daniel Ricciardo, aber auch dem Toro Rosso darf ein gutes Zeugnis ausgestellt werden.
Bei Sauber wurde mit verschiedenen Bodenfreiheits-Werten und unterschiedlichen Dämpfern experimentiert, ausserdem wird das Heck umgekrempelt – neue Auspuff-Führung, enger abfallende Motorabdeckung. Sergio Pérez fuhr damit auf Toro-Rosso-Niveau, und das ist ermutigend. Zwischendurch musste am Wagen des Mexikaners ein Ölfilter des Getriebes gewechselt werden.
Williams scheint der grosse Schritt nach vorne nicht gelungen zu sein, Caterham ebenfalls nicht. Testfahrer Giedo van der Garde versenkte seinen grünen Renner in einem Kiesbett.
Ein anderer Grund für die rote Flagge acht Minuten vor dem Ende des dritten Testtages: Romain Grosjean fuhr den Tank seines Lotus leer.
Jerez, Tag 3: Die besten Zeiten
1. Nico Rosberg (D), Mercedes MGP W02 (Modell 2011), 1:17,613 (118 Runden)
2. Romain Grosjean (F), Lotus E20-Renault, 1:18,419 (117)
3. Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing RB8-Renault, 1:19,297 (96)
4. Lewis Hamilton (GB), McLaren MP4/27-Mercedes, 1:19,464 (80)
5. Jean-Eric Vergne (F), Toro Rosso STR7-Ferrari, 1:19,734 (79)
6. Sergio Pérez (MEX), Sauber C31-Ferrari, 1:19,770 (47)
7. Fernando Alonso (E), Ferrari F2012, 1:20,412 (67)
8. Bruno Senna (BR), Williams FW34-Renault, 1:21,293 (125)
9. Giedo van der Garde (NL), Caterham CT01-Renault, 1:23,324 (70)
Ohne Zeit: Jules Bianchi (F), Force India VJM05-Mercedes (Unfall)