Jerez, Tag 2: Piste bewässert, Rennställe zu naiv?
Sebastian Vettel will heute mehr Erfahrungen mit dem neuen Auto sammeln
Nicht mal auf Petrus ist heutzutage noch Verlass. Prognosenmodelle verschiedener Wetterdienst hatten gestern einhellig verkündet: heute Mittwoch würde es im Raum Jerez regnen. Schon gestern abend hatte es sich düster eingenieselt. Heute Morgen jedoch begrüsst uns eine hohe Bewölkung an der andalusischen Rennstrecke. Also hilft Pirelli ein wenig nach: Um Erfahrungen mit den neuen Regenreifen und Intermediates zu sammeln, sind Traktoren mit Wassertanks auf die Bahn geschickt worden, sie tüchtig zu bewässern. Hintergrund: bei den folgenden Wintertests in Bahrain ist ja nicht mit Dauerregen zu rechnen, und Pirelli will unbedingt Erfahrungen mit diesen Reifen sammeln, bevor es nach Australien und Malaysia geht, wo es durchaus schütten kann.
«Teams haben die Arbeit unterschätzt»
Wir treffen gestern beim Abendessen einen hochrangigen FIA-Offiziellen. Die gute Nachricht verrät er zuerst: «Wir sind unter anderem hierhergekommen, um einen genaueren Blick auf die neuen Autos zu werfen. Wir haben an den 2014er Rennern bislang nichts entdeckt, das uns zum Handeln zwingen würde. Gut, einige Teams erkundigen Grauzonen des Reglements, das ist normal. Aber bisher ist alles im grünen Bereich.»
Überhaupt nicht im grünen Bereich ist die Fahrbilanz des ersten Testtags von Jerez gestern: Acht Autos auf der Bahn, insgesamt nur 93 Runden gedreht, Red Bull Racing und Caterham schafften keine gezeitete Runde, McLaren ging überhaupt nicht auf die Bahn. Peinlich!
Unser Informant weiter: «Das hatte ich mir so erwartet. Denn wir sprechen hier von einer komplett neuen Technik. In den Jahren zuvor hatten die Rennställe unheimlich viele Erfahrungswerte. Sie waren sich ihrer Sache recht sicher, bevor es auf die Bahn ging. Diese Sicherheit ist nun dahin. Aber niemand der Teams könnte behaupten, er hätte nicht gewusst, was auf ihn zukommt. Das Reglement war früh genug bekannt. Die Teams haben die Arbeit unterschätzt – weniger, was die Aerodynamik betrifft als vielmehr die neuen Antriebseinheiten. Die Motorenhersteller sind da unheimlich gefordert, und die Teams ebenfalls; weil man diese neue Antriebsgeneration viel inniger ins Konzept des Autos einbinden muss als jene zuvor.»
Aerodynamik ist ein gutes Stichwort. Was sagt der FIA-Mann über die vieldiskutierten neuen Nasen? Er schmunzelt: «Generell gibt es viel zu reden, das ist in der Formel 1 immer gut. Und ich glaube fest daran – viele, die nun über die angebliche Hässlichkeit der Autos schimpfen, die haben schon vorher gezetert, und zwar darüber, dass alle Fahrzeuge gleich aussehen. Nun, jetzt sehen sie unterschiedlich aus! Sind alle schön? Nein, natürlich nicht. Aber die Erfahrung aus den letzten Jahren hat gezeigt, dass man sich schnell an Veränderungen gewöhnt. Über verbreiterte Frontflügel oder schmalere Heckflügel ist auch gelästert worden, und nach wenigen Rennen hatten wir vergessen, wie die Flügel früher aussahen.»
Zweiter Testtag: Wer fährt, wer steht
Der FIA-Offizielle geht auch davon aus: «Die Technik ist so neu, da wäre es vermessen zu glauben, dass nun heute alles in Butter ist und die Teams zu fahren kommen nach Lust und Laune. Das wird heute so weitergehen, wie es gestern begonnen hatte – mit vielen Kinderkrankheiten. Aber dass McLaren gestern keine einzige Runde geschafft hat, das hat selbst mich umgehauen.»
Heute Mittwoch sollen in Jerez folgende Autos und Herren zu sehen sein:
Marcus Ericsson (Caterham)
Kimi Räikkönen (Ferrari)
Sergio Pérez (Force India)
Jenson Button (McLaren)
Nico Rosberg (Mercedes)
Sebastian Vettel (Red Bull Racing)
Daniil Kvyat (Toro Rosso)
Valtteri Bottas (Williams)
Esteban Gutiérrez (Sauber)