Trauer in Italien: Gianni Lancia verstorben
Gianni Lancia an der Seite seines Werksfahrers Alberto Ascari
Gianni Lancia trug die Bürde eines grossen Namens: Sein Vater Vincenzo «Censin» Lancia, Sohn eines Konservanfabrikanten aus dem Bergdorf Fobello im Piemont, sollte eigentlich Anwalt werden – doch Vincenzo hatte andere Pläne. Er sagte der Bürokarriere und dem Dasein als Buchhalter addio und wurde Mechaniker, dann Rennfahrer. Lancia war einer der ersten Werksfahrer von Fiat (jene Marke, unter deren Dach Lancia heute zu finden ist). Censin Lancia wurde beim Vanderbilt-Cup 1906 toller Zweiter (hinter Louis Wagner).
1906 gründete Lancia zusammen mit Claudio Fogolin die eigene Automarke. Seine Fahrzeuge wurden als flott und elegant bald bekannt, als technisch aufwändig und zuverlässig geschätzt. Vincenzo Lancia starb im Februar 1937 im Alter von nur 55 Jahren in Turin. Sein Sohn Gianni Lancia übernahm daraufhin im März 1937 die Führung des Unternehmens, mit nur 23 Jahren!
Lancia dem Jüngeren stand der erfahrene Techniker Vittorio Jano zur Seite. Das Rennprogramm von Gianni war sehr ehrgeizig, verschlang aber so viel Geld, dass er die Firma an den Rand des Ruins brachte. Auch der Bau eines Firmensitz-Hochhauses in Turin strapazierte das Budget. Der tödliche Unfall seines Star-Fahrers, des zweifachen Formel-1-Weltmeisters Alberto Ascari, besiegelte das Schicksal des Rennstalls – die Firma Lancia ging in den Besitz des Industriellen Carlo Pesenti über, der gefordert hatte, dass Lancia seinen Hut nimmt, die Rennwagen wurden Ferrari zur Verfügung gestellt, Gianni Lancia zog sich desillusioniert nach Brasilien zurück, bevor er sich an der Côte d’Azur niederliess.
Gianni Lancia gab fortan keine Interviews und kam auch nicht zur Feierstunde der Marke Lancia, als die 100 Jahre Firmenbestehen feierte. Geld verdiente er mit Immobilien. Lancia weigerte sich sogar, über Lancia zu sprechen – der Schmerz über seinen unrühmlichen Abgang verfolgte ihn bis ins Grab.
So still wie sein Leben im Ruhestand war auch sein Abgang: Ein kurzer Nachruf in der «Stampa», unterzeichnet von seiner Gattin Jacqueline Sassard, von den Söhnen, von den Enkeln. Die Beisetzung auf dem Friedhof von Fobello fand im kleinsten Kreise statt, Gianni wurde an die Seite seines Vaters zur letzten Ruhe gebettet.