Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Nico Rosberg & Lewis Hamilton: Wieso FIA untätig ist

Kolumne von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Nico Rosberg Sekunden vor der Kollision

Lewis Hamilton und Nico Rosberg Sekunden vor der Kollision

Nico Rosberg hält im Kampf gegen Lewis Hamilton dagegen, es kracht. Seither ist der Teufel los. Vor allem in England herrscht Unverständnis darüber, dass der Autoverband FIA tatenlos zuschaut.

Die Aufregung um die Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton hat sich noch nicht gelegt. Vor allem in England prangern Kritiker das Verhalten des Autoverbands FIA an, wobei mit Verhalten hier eher Stillhalten gemeint ist. Sie finden, die Regelhüter müssten eingreifen, wo doch feststünde, dass Nico Rosberg es in Spa-Francorchamps auf eine Kollision ankommen liess.

Aber es gibt gute Gründe, wieso wir aus Paris dazu nichts hören.

Zunächst einmal hatten die Rennkommissare Gerd Ennser (Deutschland), Enzo Spano (Venezuela), Emanuele Pirro (Italien) und Yves Bacquelaine (Belgien) den Crash als Rennunfall eingeschätzt. Es gab für sie zu keinem Zeitpunkt während des Rennens einen zwingenden Hinweis, dass eine weitere Untersuchung notwendig wäre. Pirro ist ein mit allen Wassern gewaschener Racer, wir dürfen seiner Einschätzung vorbehaltlos trauen. Zudem: Als Lewis Hamiltons Kommentare publik wurden, war Ergebnis offiziell bestätigt und die Veranstaltung damit reglementarisch vorbei.

Nun gibt es im Rahmen des Reglements durchaus einen Passus, der es dem Autoverband erlauben würde, eine neue Untersuchung einzuleiten, wenn nämlich «ein neues Element» auftaucht, das untersuchungswert ist.

Das übliche Vorgehen wäre dann: die Beteiligten vorladen – beide Fahrer und die anderen Anwesenden der Besprechung, Paddy Lowe, Toto Wolff und möglicherweise Niki Lauda. Sollte es nicht möglich sein, die Rennkommissare aus Spa-Francorchamps zusammenzurufen (bei Vincenzo Spano nicht ganz einfach), so könnte die FIA diese Aufgabe an die Kommissare des nächsten Rennens in Monza delegieren.

Doch zu all dem wird es nicht kommen, und dies hat drei Gründe.

Erstens – vor dem Rennen in Hockenheim ist beschlossen worden, den Fahrern eine längere Leine zu lassen. Das Ergebnis waren drei hinreissende Grands Prix in Deutschland, Ungarn und Belgien, was Fans und Fachleute freut. Nun einzugreifen, wäre ein Abrücken von dieser neuen, lobenswerten Richtung.

Zweitens – strengt die FIA eine Untersuchung an, werden ohne jeden Zweifel wieder Gerüchte aufkommen, wonach der Autoverband in den WM-Verlauf eingreife. Das ist dem Image des Autoverbands auch nicht eben zuträglich.

Drittens – der Wirbel ist um Aussagen entstanden, die bei einer privaten Besprechung eines Rennstalls gemacht wurden. Von dieser Besprechung gibt es keine Tonaufnahme. Es steht Aussage gegen Aussage. Was bei privaten Besprechungen passiert, ist keine Grundlage für eine öffentliche Untersuchung, selbst wenn anschliessend Teile davon an die Öffentlichkeit getragen werden.

Natürlich gibt es auch hier immer zwei Seiten.

Rosberg hat mit seiner Aktion den WM-Zweikampf möglicherweise entscheidend beeinträchtigt. Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen, dass dies gegenüber Hamilton unfair war und nun ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen worden ist. Öffnet dieses Verhalten schmutzigen Manövern in den kommenden Rennen Tür und Tor?

Nicht unbedingt: Die FIA-Polizei wurde durchaus aktiv, als McLaren-Fahrer Kevin Magnussen Fernando Alonso bei Tempo 290 in die Wiese drückte – 20 sec längere Fahrzeit, Punkte futsch für den Dänen, dazu zwei Knöllchen im Strafregister.

Im Falle Rosberg-Hamilton nicht aktiv zu werden, hat schliesslich auch mit der Person des Chefs zu tun: FIA-Präsident Jean Todt führt sein Amt in Sachen Formel 1 mit grosser Zurückhaltung aus. Daran wird die Aufregung um Rosberg und Hamilton nichts ändern.

Ob das weise ist oder töricht, liegt im Auge des Betrachters.

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