Niki Lauda: «Es kann wieder krachen»
Wie lange hält der Friede zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton?
Am Freitag fand bei Mercedes die große Aussprache statt, die nach dem Crash zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton in Spa für Klärung sorgen sollte. Und fürs Erste hat sich wohl auch gewirkt. Als «Fehleinschätzung meinerseits» bezeichnete Rosberg den Zwischenfall und entschuldigte sich auf Facebook öffentlich.
«Die oberste Regel unseres Teams lautet, dass wir nicht kollidieren. Aber genau das ist passiert. Für diese Fehleinschätzung möchte ich mich beim Team und bei Lewis entschuldigen», schrieb er weiter. «Lewis und mir wurden klare Anweisungen gegeben, wie wir gegeneinander zu fahren haben. Als Fahrer haben wir eine klare Verantwortung für das Team, die Fans unseres Sports, unsere Partner und Mercedes-Benz, sauberen Rennsport zu zeigen. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.»
Hamilton war ebenso einsichtig und erklärte ebenfalls auf Facebook, dass auch er Fehler gemacht habe. «Nico und ich akzeptieren, dass wir beide Fehler gemacht haben. Ich finde, es wäre falsch, mit dem Finger zu zeigen und zu sagen, der eine Fehler sei nun schlimmer als der andere. Was wichtig ist: dass wir als Team an solchen Situation wachsen. Wir siegen und verlieren gemeinsam, und wir gehen als Einheit gestärkt hervor.»
Also alles eitel Freude Sonnenschein? Nicht unbedingt, gesteht der Vorstandsvorsitzende des Teams, Niki Lauda. In Zukunft sei es durchaus nicht ausgeschlossen, dass es zwischen den beiden wieder krachen könnte, auf und neben der Strecke. Das müsse man auch in Kauf nehmen.
«Wenn sie beide nicht die klar definierten Ziele von Mercedes gefährden, können sie fahren, wie sie wollen. Mercedes hat doch für beide ein Schlaraffenland für jeden Fahrer geschaffen: Wir fahren gegen alle anderen und auch noch gegen uns selbst», sagte Lauda in der Bild am Sonntag und definierte diese Ziele klar und deutlich: «Wir, also Mercedes, müssen Konstrukteurs-Weltmeister werden und in der Fahrer-WM die Nr. 1 und 2 stellen. Dafür müssen wir, Toto Wolff und ich, sorgen. Das müssen die beiden ab sofort verstehen. Basta.»
Und dieses «fahren, wie sie wollen» könne gegebenenfalls auch Unfälle mit einschließen, gestand der Österreicher. «Wenn sie beide uneinholbar für den Drittplatzierten sind, können sie sich von mir aus so oft in die Kiste und die Nase abfahren, wie sie wollen.» Wer am Ende die Nase vorne habe, sei ihm egal, betonte er. «Nico und Lewis sind mir vom Herzen wie vom Kopf her gleich wichtig, weil ich beide verstehe, dass sie Rennen gewinnen und Weltmeister werden wollen. Aber sie dürfen nicht das Gesamtprojekt aufs Spiel setzen.»
Lewis Hamilton sei ein «Gesamtpaket, getrieben von Aggression, von Überholen, von schnellen Runden, von echtem Racing, Runde für Runde – da sehe ich einen leichten Vorteil bei ihm», erklärte der 65-Jährige. «Nico hat aber den gleichen Speed, die gleiche Aggression, denkt aber mehr, wie und auf welche Art und Weise er zum Sieg fahren kann. Er sieht das gesamte Rennen einen Tick mehr – da hat er einen kleinen Vorteil.»
Den Unfall in Spa sieht Lauda mittlerweile als «normalen Rennunfall» an, der zwischen derartigen Spitzenfahrern vorkommen könne. «Wenn zwei solche Kaliber um Zentimeter kämpfen, kann es krachen, das müssen wir akzeptieren. Unser Kritikpunkt, also der von Teamchef Toto Wolff und mir, an Rosberg war, dass es so früh – in der zweiten Runde – passiert ist.»
Eine Teamorder werde es aber auch in Zukunft nicht geben, versprach Lauda. «Toto Wolff und ich sind uns vollkommen einig und haben beiden Fahrern jetzt noch einmal gesagt, dass sie das untereinander ausdiskutieren sollen. Die sind erwachsen genug, dass sie sich in ein Zimmer setzen und miteinander reden, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten. Wir wollen keinen Einfluss nehmen, wer gewinnt», so Lauda. «Wir werden das natürlich alles genau beobachten, wer was wann wie macht. Es ist wichtig für Mercedes, dass wir beiden einen fairen Zweikampf garantieren und dafür sorgen, dass beide keine technischen Probleme mehr bekommen. Den Rest müssen die zwei im Cockpit unter sich ausmachen.»