Stefan Johansson: Ferrari-Vetorecht ein Grundproblem
Der Schwede Stefan Johansson hat zwischen England 1983 und Kanada 1991 in der Formel 1 79 WM-Läufe gefahren. Der grosse Durchbruch ist dem Schweden nie gelungen, obschon er 1985/1986 in einem Ferrari sass und 1987 im McLaren. 1986 wurde der Mann mit den Blättern auf dem Helm WM-Fünfter. Johansson ist ein scharfer Beobachter der Formel 1 geblieben, und er hält in seinem Blog auf der eigenen Webpage den Finger dorthin, wo es wehtut.
«Das wahre Problem ist diese unfassbar komplizierter Motorenformel mit Strafen für dies und für das sowie – theoretisch – ohne Entwicklungserlaubnis. Für mich ergibt das alles keinen Sinn. Die Entwicklung einzufrieren, das wurde doch im Reglement verankert, um die Kosten im Zaum zu halten, aber dieses Konzept ist 2015 bereits gebrochen worden. Die Hersteller haben so viel Geld für diese Motoren ausgegeben, es ist obszön. Wieso lässt man sie die Antriebseinheiten dann nicht entwickeln, damit wenigstens eine Firma wie Honda aufholen kann? Es ist doch lächerlich, eine Formel zu haben, bei welcher wir einen überlegenen Motor haben, und die anderen dürfen nicht aufholen.»
«Du darfst in Sachen Chassis 500 neue Teile ans Auto bauen von Rennen zu Rennen, wenn du das willst. Und die Top-Teams machen das ja auch, da werden bis zum letzten Moment neue Aero-Teile rund um die Welt geflogen. Aber den Motor soll man nicht anrühren. Das ist Unsinn. Dürfte frei entwickelt werden, da bin ich mir ganz sicher, dann wären Renault, Honda und Ferrari näher an Mercedes dran. Sie wären vielleicht nicht ganz so gut wie Mercedes, aber näher dran.»
Johansson findet den von FIA-Präsident Jean Todt und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ins Spiel gebrachten Billig-Turbo «der richtige Weg – so lange man sicherstellen kann, dass ein Team mit einem solchen Triebwerk konkurrenzfähig ist. Es muss für die Rennställe eine weniger teure Alternative geben.»
«Es war für mich wenig überraschend, dass Ferrari von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht hat. Und das ist ein gutes Beispiel, wo das Grundproblem liegt. Früher wurde die Formel 1 als eine Art wohlwollende Diktatur geführt, und die Dinge haben funktioniert. Wenn Max Mosley oder Bernie Ecclestone sahen, dass sich die Dinge in die falsche Richtung entwickeln, dann haben sie etwas geändert. Jeder hat Zetermordio gebrüllt, die beiden Engländer haben dann ihre Vorschläge ein wenig korrigiert, und jeder war zufrieden.»
«Heute ist die Formel 1 ein Demokratie, bei welcher die Ingenieure die Technikregeln schreiben. Das ist der schlimmste Fehler, den sie je machen konnten. Denn die Formel 1 ist nun bis zur Unverständlichkeit komplex geworden und so teuer, dass es nicht mehr nachzuvollziehen ist. Formel 1 als technische Krönung? Gut, aber Racing, das sind doch Helden, welche Rennwagen am Limit bewegen. Die Fans begeistern sich nicht mehr so für den Sport, weil sie den Eindruck haben, jeder könne diese Autos fahren. Die modernen GP-Renner wirken meist wie auf Schienen, wenn sie um die Kurven fahren. Die Fans wollen aber Fahrer sehen, die mit ihren Autos kämpfen müssen.»
«Ich sehe für die Formel 1 nur einen Lösungsansatz – wir müssen zurück zu einer diktatorischen Form von Kontrolle, die FIA und die FOM müssen die Zügel fest in der Hand haben und auch das Reglement machen. Und ein Gesamtbudget dürfte nicht mehr als 150 Millionen Dollar betragen. Heute hast du kleinere Rennställe mit Jahresetats von 100 Millionen und dafür sind sie ohne Aussicht auf Siege.»