Nico Rosberg – Lewis Hamilton: Was hat sich geändert?
Nico Rosberg vor Lewis Hamilton
Der erste und der letzte Teil der Formel-1-Saison könnten unterschiedlicher nicht sein: Zu den ersten zwölf Grands Prix der Saison ging Lewis Hamilton elf Mal vom Platz des Trainingsschnellsten ins Rennen. Von den ersten vier Rennen der Saison gewann er drei, von den ersten neun deren fünf.
Aber in Singapur ist etwas passiert, wie der dreifache Champion Hamilton immer wieder betont: «Ich habe in Abu Dhabi versucht, das alte Fahrgefühl wiederzufinden. Also habe ich bei der Aufhängung ein Teil weg gelassen, von dem ich vermutete, es könnte dazu beitragen, dass ich dieses alte Gefühl fürs Handling verloren habe. Es handelt sich um ein Teil, das wir nun seit sechs Rennwochenenden am Wagen haben. Ich versuche gewissermassen, um mein Fahrgefühlproblem herum zu arbeiten, aber das hat nicht richtig funktioniert.»
Hamilton präzisiert auch: «Wir sprechen hier von einer anderen Abstimmung des Wagens, aufgrund der Probleme, die wir am Singapur-Wochenende hatten. Es ist ja davon die Rede, dass die Änderung des Handlings mit den anderen Vorgaben von Pirelli in Sachen Reifendruck zu tun habe. Aber das geänderte Gefühl für den Wagen hat nichts mit den Reifen zu tun.»
«Vor Singapur lag ich immer drei bis sechs Zehntelsekunden vor Nico. Ich habe mir Onboard-Aufnahmen all dieser Trainings und Rennen angeschaut. Die Ausnahme war Barcelona, wo es ein Problem mit den Heizdecken gab. Aber wie gesagt – dann hat sich etwas geändert. Nico scheint damit besser zurecht zu kommen als ich.»
Der letzte Teil der WM stand im Zeichen des Deutschen: Nico Rosberg fuhr in Arabien die sechste Pole in Folge, er gewann auf dem Yas Marina Circuit das dritte Rennen hintereinander.
Das Erstaunliche dabei: Nico Rosberg meint, er spüre kein anderes Verhalten des Autos. Er habe vielmehr einfach seine Hausaufgaben besser gemacht – bessere Quali-Abstimmung, knackigere Starts, optimiertes Reifenmanagement, mehr Aggression im Rennen.
Aber was genau hat sich am Silberpfeil geändert?
Aus Mercedes-Kreisen ist zu erfahren: Es handelt sich um eine geringfügige Änderung der Vorderradaufhängung. Die Techniker sind der Ansicht, dass die Balance dank dieser Änderung in einer Art und Weise verändert wird, dass ein Waterloo wie in der Nacht von Singapur nicht noch einmal passieren kann. Eine Änderung freilich, die nach ihrer Meinung so gut wie keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Autos hat.
Der 246fache GP-Teilnehmer David Coulthard meint: «Vielleicht hat Lewis Hamilton nach dem Titelgewinn geistig etwas Gas weggenommen. Vielleicht hat Nico Rosberg den inneren Turbo gezündet. Vielleicht trifft beides zu.»
Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagt: «Wir werden nun zu ergründen versuchen, wieso Lewis Hamilton das perfekte Gefühl fürs Auto ein wenig verloren hat.»
Seltsam ist: Änderung am Wagen hin oder her – der Sieger nach Singapur hiess in Japan, Russland und in den USA Lewis Hamilton.
Unterm Strich bleibt daher der kraftvollste Eindruck: Nico Rosberg hat vor allem aus sich selber mehr herausgeholt, mit der Wut im Bauch über die Art und Weise der WM-Niederlage in Austin (Texas).