Pastor Maldonado: Bei Renault ohne PDVSA 2016 out?
Typisch Maldonado: Sein Rennwagen steht neben der Bahn
Im vergangenen Jahr stach Antonio Álvarez in ein Wespennest: Der frühere Baseball-Profi, der es in seiner Heimat Venezuela zum Sportminister gebracht hatte, hielt gegenüber «Últimas Noticias» (einer der grössten Zeitungen des Landes) fest: «Ich werde mir viele Feinde machen, aber wenn es nach mir geht, so wird es in Zukunft keine Unterstützung mehr für den Motorsport geben. Für den Sport in Venezuela gibt es andere Prioritäten. Es wäre unfair, staatliche Ressourcen für Disziplinen zu nutzen, die nicht Hand in Hand mit der Entwicklung des Landes gehen.»
Die Interpretation im Formel-1-Fahrerlager war klar: Das klang verdächtig nach dem Versiegen des PDVSA-Ölgeldflusses für Pastor Maldonado!
Die Vorgeschichte: Die Petróleos de Venezuela S.A. (kurz PDVSA) hatte für Maldonado bei Williams einen Fünfjahresvertrag ausgehandelt, jedes Jahr wurden ab 2011 rund 30 Mio Dollar fällig. Besonders ärgerlich für Álvarez: Für 2014 sprengte sich Maldonado aus dem Williams-Abkommen frei und dockte bei Lotus an – mit dem Ergebnis, dass Williams auch so bezahlt werden musste und der gleiche Betrag nochmals bei Lotus!
Steigbügelhalter von Maldonados Rennkarriere war der frühere Staatschef Hugo Chávez (im März 2013 verstorben), doch die Hilfe für Pastor war in Venezuela stets umstritten. Nun könnte mittelfristig damit Schluss sein.
Was ändert das Wahlergebnis in Venezuela?
Chávez’ Nachfolger Nicolás Maduro hat bei den Wahlen in Venezuela vom vergangenen Sonntag, 6. Dezember, eine Niederlage erlitten. Nach sechzehn Jahren wurden die Sozialisten vom rechtsgerichteten Parteienbündnis «Demokratische Einheit» geschlagen – Zeichen der grossen Unzufriedenheit der Bürger.
Venezuela leidet unter dem Ölpreisverfall, der die staatlichen Einnahmen schmälert, sowie unter sehr hohen Zahlungsverpflichtungen. Die Inflation ist enorm. Für venezolanische Experten ist klar: Angesichts der schweren Wirtschaftskrise verlor die sozialistische Regierung um Maduro den Rückhalt.
Präsident Nicolás Maduro räumte die Niederlage umgehend ein. Er werde das Ergebnis "akzeptieren", erklärte er unmittelbar nach der Veröffentlichung der Resultate. Die siegreiche Opposition will nun so rasch als möglich einen Volksentscheid zur Abwahl Maduros anberaumen, dessen Amtszeit eigentlich erst 2019 enden würde.
Was bedeutet das alles nun für Pastor Maldonado und seine Zukunft in der Formel 1?
Zum Fahrerduo Pastor Maldonado und Jolyon Palmer sagte der frühere Renault-Teamchef Flavio Briatore: «Wenn du wieder gewinnen willst, dann musst du alles unter die Lupe nehmen, auch die Piloten.»
Der Engländer Jolyon Palmer und Maldonado gelten jetzt nicht unbedingt als schlagkräftigstes Duo im Formel-1-Feld: Maldonados Fehlerquote ist viel zu hoch, Palmer ist schnell und unterschätzt, aber auch wenig charismatisch. Wünscht man sich zwei solche Fahrer bei einem glanzvollen Auftritt als Werksrennstall?
Doch Matthew Carter, Geschäftsleiter jenes Lotus-Rennstalls, aus dem 2016 wieder Renault wird, beteuert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: «Die Verträge von Palmer und Maldonado sind von Renault gutgeheissen worden. Was noch nicht feststeht, ist der dritte Fahrer. Ob Renault da einen Franzosen platzieren will, weiss ich nicht.»
Carter weiss hingegen: «Natürlich können Verträge gebrochen werden, wenn jemand das will. Aber wir haben gültige Abkommen. Pastor und seine Sponsoren sind wesentlicher Bestandteil der Renault-Pläne für die kommenden zwölf Monate.»
Maldonado: Der Mann mit zwei Gesichtern
Pastor Maldonado ein Mann mit zwei Gesichtern – brillante, fehlerfreie Fahrten wie bei seinem Sensationssieg in Spanien 2012 oder bei seinen GP2-Erfolgen in Monte Carlo wechseln sich mit stümperhaften Fehlern ab.
Längst machen sich die Fans über den heissblütigen Südamerikaner lustig: Bilder von Mietwagen in Hotel-Pools werden getwittert mit «Pastor Maldonado ist bei seinem Hotel angekommen», und eine Webpage hat einen Countdown aufgeschaltet, wieviele Tage seit seinem letzten Crash vergangen sind.
In seiner ersten Formel-1-Saison, 2001 bei Williams, überzeugte er in den Abschlusstrainings gegen den erfahrenen Rubens Barrichello. Das Duell ging 9:9 aus. Aber Maldonado holte mit Rang 10 in Belgien nur einen Punkt. Das gab die Marschrichtung für die folgenden Saisons aus. Auf seinem Sieg in Spanien 2012 folgten neun punktelose Fahrten. 2013 gab es wieder in der ganzen Saison nur eine Punktefahrt, ebenso 2014, nun im Lotus. 2015 wurde Pastor WM-14., sein bestes Schlussergebnis in der Formel 1, mit sechs Punktefahrten, ebenfalls persönlicher Rekord.
Zahlreiche Regierungsvertreter monieren in Venezuela seit Jahren – das PDVSA-Geld fürs Motorsport-Sponsoring könnte zum Wohle des Volkes sinnvoller investiert werden. Maldonado selber bleibt ungerührt: «Sollte die Firma eines Tages das Sponsoring einstellen, so kann ich das nicht ändern.»