England: Boxrüpel Tyson Fury schlägt Lewis Hamilton
Lewis Hamilton bei einem Besuch eines Basketballspiels der Toronto Raptors
Für den Preis «BBC Sports Personality of the Year» nominiert zu worden, auf der Insel liebevoll SPOTY genannt, das gilt in Grossbritannien für einen Sportler als besondere Ehre. Vor einem Jahr wählten die Zuschauer Mercedes-Star Lewis Hamilton. Der Formel-1-Champions liess am 15. Dezember 2014 mit 34 % Stimmen seinen nächsten Verfolger, den Golfspieler Rory McIlroy, weit hinter sich, der erhielt 20 %. Doch gestern Abend in Belfast sah es ganz anders aus.
Hamilton, bei der Gala nicht anwesend, landete nur auf dem fünften Platz – Liebling der Fans ist in diesem Jahr Tennis-Ass Andy Murray (361.446 Stimmen), vor Rugbyspieler Kevin Sinfield (278.353) und Leichtathletin Jessica Ennis-Hill (79.898). Lewis Hamilton wurde noch hinter Boxrüpel Tyson Fury (72.330 Stimmen) Fünfter, mit ganzen 48.379 Fan-Voten, also nicht einmal ein Siebtel von Murray.
Fury und Murray und Hamilton, da war doch was?
Genau, Fury hatte bei den Briten vor kurzem für Riesenaufregung gesorgt, als der Klitschko-Bezwinger nach Entrüstung über seine Nominierung höhnte: «Niemand kann meine Erfolge schlechtreden. Ich habe den Mann geschlagen, den keiner bezwingen konnte. Die Leute sollten zu mir aufschauen. Ich bin ein gutes Vorbild. Ich zeige, wie Männer wahrlich sein sollten. Ich habe mehr Persönlichkeit im letzten Teil meines kleinen Fingers als die anderen Nominierten zusammen. Alle im Land wissen das. Was braucht man denn für eine Persönlichkeit, um ein Auto hundert Mal um einen Rennkurs zu fahren oder einen Ball vor und zurück zu schlagen? Wenn es nach Persönlichkeit und sportlichem Erfolg geht, dann kann es nur einen Sieger geben.»
Das sahen die Fans gestern Sonntag zwar anders, aber dennoch: Wer hätte gedacht, dass Fury mehr Stimmen erhalten würde als der dreifache Formel-1-Weltmeister Hamilton?
Die einzige Erklärung: Hamilton polarisiert. Entweder die Fans lieben ihn bedingungslos, oder sie verachten ihn, samt seines Lebensstils. Die britische Presse schwankt zwischen Hofberichterstattung und Scheinheiligkeit. So wurde der Rennfahrer für patriotische Aussagen kritisiert. Die Kritiker sagten: Was soll das? Denn Hamilton bezahle seine Steuern nicht in Grossbritannien, sondern lebe in Monaco. Ein wahrer Patriot würde das nicht.
Für viele Briten ist auch klar: Das Fernbleiben von Hamilton bei der Wahl sei typisch – in der Weltgeschichte herumzujetten, das sei ihm letztlich wichtiger als die Fans.
Vielleicht sagt das Ergebnis aber auch nur aus, dass die Formel 1 generell ein Problem mit der Popularität hat. Die Fan-Ohrfeige für Hamilton ist auch eine Abmahnung für Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone.