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Bahrain-GP ohne Fernando Alonso: Dichtung & Wahrheit

Von Mathias Brunner
​Das englische Boulevardblatt «The Sun» spekuliert, dass der kommende Bahrain-GP ohne McLaren-Honda-Star Fernando Alonso stattfinden werde. Was ist an der Story dran?

Eine alte Faustregel im Journalismus lautet: Wo die Information aufhört, beginnt die Spekulation. Wenn also das englische Boulevardblatt «The Sun» spekuliert, dass der kommende Bahrain-GP ohne McLaren-Honda-Star Fernando Alonso stattfinden werde, ist daran wirklich etwas dran? Gucken wir uns das mal in Ruhe an.

Die Sun behauptet, Alonso werde vielleicht aus Sicherheitsgründen nicht am Bahrain-GP teilnehmen. Weil er noch an Folgen des Melbourne-Crashes leide.

Die Wahrheit: Abgesehen von Alonsos Vertrauensärzten weiss niemand, wie es Alonso wirklich geht. Wir sind auf seine Aussagen und jene des Teams angewiesen, die beteuern, der Spanier sei einsatzfähig. Fernando selber hat ebenfalls festgehalten, dass er in Bahrain ins Auto steigen werde.

Ein McLaren-Sprecher sagt dazu: «Es gehört zum normalen Vorgehen der FIA, dass ein Fahrer nach einem schweren Unfall zu einer Routineuntersuchung gebeten wird.»

Diese Untersuchung passiert heute Donnerstag. Dabei vergleichen die FIA-Spezialisten Daten des Piloten mit Basiswerten, welche Alonso bei früheren Tests hinterlassen hat. Erst wenn die Ärzte dabei abweichende Werte feststellen oder bei der Untersuchung den Eindruck gewinnen, Fernando sei (aus welchen Gründen auch immer) nicht einsatzbereit, würde Alonso pausieren müssen.

Die Sun argumentierte, Ersatzfahrer Stoffel Vandoorne sei bereits für Bahrain aufgeboten worden.

Die Wahrheit: Vandoorne ist an allen Wochenenden als Reservist dabei, die nicht mit seinen Renneinsätzen in der japanischen Super-Formula kollidieren. Dies ist jedoch 2016 nur einmal der Fall – Ende Mai fährt der Belgier in Okayama, die Formel 1 hingegen in Monaco. Wenn also der Belgier nach Bahrain fliegt, ist das kein Anhaltspunkt, dass Alonso aussetzen wird.

Die Sun gibt weiter vor, Alonso müsse möglicherweise pausieren, weil der Testunfall von Alonso in Barcelona 2015 die Situation kompliziere.

Die Wahrheit: Nach einem bis heute nicht im Detail geklärten Crash musste Alonso den WM-Auftakt 2015 in Australien sausen lassen und kam erst zum zweiten WM-Lauf in Malaysia zurück. Er bestritt dann sämtliche Rennen, ohne dass die FIA-Ärzte etwas zu beanstanden gehabt hätten.

Auch hier gilt: Wenn die FIA-Ärzte bei der Untersuchung nichts Abnormales entdecken, dann gibt es nichts, was gegen einen Einsatz von Alonso spricht. Es ist jedoch wahr, dass die Sportärzte bei mehrfachen Gehirnerschütterung überaus vorsichtig vorgehen. Allerdings war bislang nach dem Melbourne-Crash des Spaniers nur von einer Gehirnerschütterung die Rede.

Fazit: Bislang deutet nichts darauf hin, dass Alonso in Bahrain fehlen wird. Alle Behauptungen zu einem möglicherweise beeinträchtigten Gesundheitszustand beruhen auf Mutmassungen.

Erst die Unterschung heute Donnerstag wird Klarheit schaffen.

Fernando Alonso: Seine schlimmsten Formel-1-Unfälle

Interlagos 2003
Alonso kracht in Brasilien mit seinem Renault bei voller Fahrt zuerst in ein Rad, das auf der Piste liegt – Teil jenes Trümmerfeld, das Mark Webber hinterlassen hatte. Daraufhin prallt Alonsos Auto zuerst links, dann rechts in die Begrenzungsmauer. Der Spanier muss sich auf den Boden setzen vor Benommenheit, die Nacht auf Montag verbringt er aus Sicherheitsgründen im Krankenhaus.

Monaco 2004
Alonso will in der schnellen Tunnel-Passage aussen herum an Ralf Schumachers Williams vorbei, gerät dabei aber auf den Schmutz abseits der Ideallinie und verliert seinen Renault aus der Kontrolle. Er kracht in die Mauer, der Renault ist ein Totalschaden. Alonso ist unverletzt. Beim Rückwärtstrudeln aus dem Tunnel heraus hat er Ralf noch rasch den Stinkefinger gezeigt.

Fuji 2007
Auf regennasser Bahn verliert der McLaren-Fahrer die Kontrolle über seinen Renner, zernirscht den Wagen an der Leitschiene und zerstiebt ein Werbebanner in tausend Stücke.

Spa-Francorchamps 2012
Lotus-Fahrer Romain Grosjean verschätzt sich in der Bremszone zur ersten Kurve, sein Auto schrammt nur haarscharf am Helm von Ferrari-Fahrer Alonso vorbei. Zeitlupenaufnahmen zeigen, wie viel Glück der Spanier dabei hat, nicht erschlagen zu werden.

Barcelona 2015
Der rätselhafteste Unfall von Alonso: Ausgangs Kurve 3 trudelt sein McLaren-Honda von links nach rechts, prallt dann in gemässigtem Tempo in die Mauer und kommt dort zu stehen. McLaren spricht später von einer Windbö. Alonso zieht sich eine Hirnerschütterung zu und verpasst den Saisonbeginn in Australien. Bis heute ist die Unfallursache nicht restlos geklärt, was Spekulationen im Netz Tür und Tor öffnete, von einem Stromschlag bis zu einem epileptischen Anfall war da von so ziemlich allem zu lesen. Übrigens wurde vor dem GP-Wochenende von Melbourne Alonso im Rahmen einer Pressekonferenz nochmals auf den Unfall angesprochen. Seine lakonisch Antwort war genau das, was McLaren immer dementiert hat: «Lenkung.»

Österreich 2015
Kurz nach dem Start nimmt Kimi Räikkönen mit seinem Ferrari den McLaren-Honda von Alonso auf die Hörner. Die beiden Renner verkeilen sich, der McLaren landet rittlings auf einer Leitschiene.

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