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Quali-Streit: Signal für die Formel 1 – der Fan zählt

Von Mathias Brunner
Jean Todt und Bernie Ecclestone: Die überwiegend negativen Reaktionen der Fans sind ihnen doch nicht egal

Jean Todt und Bernie Ecclestone: Die überwiegend negativen Reaktionen der Fans sind ihnen doch nicht egal

​Viele glauben: Die Rückkehr zum 2015er Quali-System in China sei ein Triumph der Teams über Jean Todt und Bernie Ecclestone. In Wahrheit ist es ein Sieg der Fans.

Der Machtkampf zwischen den Formel-1-Teams und den mächtigsten beiden Männern im Motorsport ist unerwartet zu Ende gegangen: Die Rennställe haben sich durchgesetzt. Auf Druck der elf Formel-1-Teams wird ab China das Abschlusstraining wieder nach dem System von 2015 gefahren, die unbeliebte Ausscheidungs-Qualifikation ist selber ausgeschieden.

Das entspricht nicht nur dem Wunsch der Teams, es entspricht auch dem Willen des Volkes: Je nach Umfrage äusserten sich 75 bis 80 Prozent der Ausscheidungs-Quali gegenüber negativ.

Viele langjähriger GP-Berichterstatter hätten nicht damit gerechnet, dass FIA-Präsident Jean Todt und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone von ihrem Standpuntkt abrücken würden. Bis zuletzt kämpfte der Franzose um einen Erhalt seines neuen Abschlusstrainingsformats, und Ecclestone würde sowieso am liebsten ein System sehen, wonach der schnellste Mann im Training von ganz hinten losfahren muss. Oder dass der Sieger eines Grand Prix beim Qualifying des folgenden Grand Prix eine Zeitstrafe erhält oder zusätzliches Gewicht.

Todt und Ecclestone, die FIA und die FOM, erklärten gemeinsam: «Jean Todt, Präsident der FIA, und Bernie Ecclestone, Repräsentant der Formel-1-Rechtehalter, akzeptieren im Interesse der Weltmeisterschaft einen einstimmigen Wunsch der Rennställe, der schriftlich eingereicht worden ist. Sie reichen daher den Vorschlag nach einer Rückkehr zum Qualifikationsformat von 2015 an die Formel-1-Kommission sowie an den Motorsport-Weltrat weiter.»

«Sofern der Unterschied von den Formel-1-Gremien akzeptiert wird, ändert sich das Format zum China-GP-Wochenende hin und bleibt so für den Rest der Saison.»

«Jean Todt und Bernie Ecclestone begrüssen den Vorschlag der Teams, das Format eines GP-Wochenendes ab 2017 in neuer Form zu gestalten.»

Gegenüber den Kollegen von Autosport vertiefte Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, dass man bei den Verhandlungen mit den Rennställen in einer Sackgasse gelandet war. Der Engländer betont: «Die Leute scheinen vergessen zu haben, was wir eigentlich wollten. Wir wollten die Startaufstellung ein wenig durcheinander würfeln, weil wir glauben, dadurch bessere Rennen zu erhalten. Lewis hat uns in den ersten beiden Grands Prix ein wenig geholfen, weil er keine guten Starts hatte und sich dann wieder vorkämpfen musste. Ferrari scheint endlich alles auf die Reihe bekommen zu haben, also ändern sich vielleicht die Dinge. Aber so lange wird nicht alle an Bord für eine neue Lösung haben, finden wir keine gute Antwort. So einfach ist da.»

Dem ist zu entgegnen: Die Teams machten ihren Standpunkt schon nach Australien klar. Also hätten Todt und Ecclestone schon dort einlenken können.

Vor allem hat Bahrain aber gezeigt: Die Ausscheidungs-Quali funktioniert einfach in dieser Form nicht. Die Fans äussersten sich vorwiegend negativ, und wenn Todt und Ecclestone nun sagen, man habe sich dem Wunsch der Rennställe gebeut, dann ist das zwar nicht falsch, zeigt aber auch nicht da grössere Bild.

In Wahrheit haben Todt und Ecclestone erkannt, dass sie ein Problem mit dem wichtigsten Faktor haben im Sport. Mit jenem Faktor, der letzlich der Grund dafür ist, wieso wir das alles machen, jener Faktor, der bei allen Machtspielen gerne zur Seite geschoben wird – der Zuschauer, der Fans, die Menschen, den Fernseher anschalten und eine Eintrittskarte kaufen.

Natürlich wird in den kommenden Monaten weitergestritten. Um Details des 2017er Reglements. Um die viel zu teuren Motoren. Und um ein neues Format des GP-Wochenendes.

Aber bis dahin sollten sich die Fans auch einmal freuen dürfen: Sie wissen nun – ihre Stimme zählt doch etwas.

Das ist ein wichtiges Signal.

Ist damit alles in Butter?

Natürlich nicht.

Denn nun darf weitergestritten werden – um die Regeln 2017, um das künftige Motorenkonzept, und natürlich auch darum, wie im kommenden Jahr ein Grand-Prix-Wochenende aussehen soll.

Seit Jahren wird darüber nachgedacht, ob und wie man den Ablauf des GP-Wochenendes verbessern könnte. Bernie Ecclestone hat es auf den Punkt gebracht: «So lange nicht jemand mit einer besseren Idee kommt, lassen wir alles beim Alten.»

Es war einmal angedacht, das Freitagtraining ganz wegzulassen, und die GP-Wochenenden zu reinen Zweitagesveranstaltungen zu machen. Die Organisatoren lehnten das ab, weil dann noch weniger Zuschauer kommen. Die Teams lehnten das ebenfalls ab, weil sie dadurch nichts sparen: Die Hotels berechnen ihnen vier Tage und mehr, egal ob sie nur für zwei anreisen.

Am liebsten Zirkusdirektor Ecclestone eine umgekehrte Reihenfolge im Feld: Der Schnellste im Qualifying muss von Startplatz 10 losfahren, der Zweitschnellste von Rang 9 und so fort bis zum Zehntschnellsten, der sich auf der Pole wiederfindet. Die Startränge 11 bis 22 blieben gleich.

Ecclestone hat auch eine Art Zeitballast ins Spiel gebracht: Wer wie Lewis Hamilton in Australien und Bahrain die Pole errang, der erhält fürs darauffolgende Training (das wäre nun China) eine Sekunde auf seine Zeit draufgepackt.

All dies lehnen die Rennställe ab, weil das nicht der DNA des Sports entspricht: Leistung soll belohnt, nicht bestraft werden.

Nun ist auch wieder davon die Rede, und damit kommen wir zurück zum Beispiel aus den USA, am Samstag nicht ein Abschlusstraining zu fahren wie wir es kennen, sondern – ein Sprintrennen. Dieses Sprintrennen würde dann die Startaufstellung ergeben.

«Wir schauen uns das an», hat der 85jährige Bernie Ecclestone gegenüber Sky Sports F1 bestätigt. «Wir müssen aber vorsichtig sein. Wir haben es mit der Ausscheidungs-Quali zu Beginn dieser Saison verpatzt, so etwas wollen wir uns nicht noch einmal leisten.»

Es ist auch davon die Rede, dass der Freitag wieder aufgewertet werden soll: Mit nur noch einem freien Training am Morgen, am Nachmittag fände dann ein Qualifying im klassischen Sinne statt – welches die Reihung fürs Sprint-Rennen vom Samstag ergibt.
Am Samstagmorgen würde ein weiteres freies Training gefahren, am Samstagnachmittags das Quali-Rennen für die Aufstellung vom Grand Prix am Sonntag.

Den Traditionalisten wird das so wenig gefallen wie die Ausscheidungs-Quali: Sie finden – einen Petit Prix braucht die Formel 1 nicht, der Grand Prix am Sonntagnachmittag reicht vollkommen.

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