Sauber gibt Gas: Nach Xevi Pujolar nun Nicolas Hennel
Xevi Pujolar
Ende Juli war klar: Sauber ist gerettet, der Standort Hinwil ist gesichert, das Schuldenloch wird zugeschüttet, die Mitarbeiter erkennen wieder eine Zukunft, der tapfere Firmengründer Peter Sauber sieht sein Lebenswerk gesichert, Teamchefin Monisha Kaltenborn ist gelungen, was viele Kritiker der gelernten Juristin nicht zugetraut hätten – Sauber zu erhalten. Schlüsselfigur zur Rettung war Marcus Ericsson.
Ericsson kann seit Jahren auf treue Mäzene zählen, die weitgehend im Hintergrund bleiben. So gut wie keiner erkennt sie, wenn sie mal an einer Rennstrecke auftauchen. Er selber spricht nicht über diese Männer.
Ericsson soll beispielsweise von Stefan Persson unterstützt werden, dem reichsten Schweden, Sohn von Erling Persson, dem Gründer des Textil-Unternehmens Hennes & Mauritz. H&M gehört mit rund 3000 Geschäften in 40 Ländern zu den grössten Textileinzelhändlern der Welt. Markenwert des Unternehmens: fast 14 Milliarden Dollar. Gewinn 2015: 2,2 Milliarden Dollar. Da wird ein Formel-1-Ticket für Ericsson beinahe aus der Kaffeekasse gelöst.
Aber H&M taucht nicht auf dem Renner auf, ebenso wenig wie Tetra Laval – der zweiten grossen Firma, die hinter der Karriere von Ericsson steht.
Tetra Laval ist dank des Getränkekartonsystems Tetra Pak zu einer Weltfirma geworden: Die Firma mit Sitz in Pully (Westschweiz) beschäftigt fast 23.500 Mitarbeiter und setzte 2014 13,5 Milliarden Euro um.
Tetra Laval wurde von Ruben Rausing gegründet, weltweit zum Erfolg geführt von seinen Söhnen Hans und Gad Rausing, heute ist die Firma in Besitz von Kirsten und Finn Rausing. Am Ruder steht CEO Denis Jönsson, und dessen Freude am Motorsport war der Grund, wieso vor Jahren auf den jungen Marcus Ericsson gesetzt wurde. Tetra Laval steht hinter jener Finanzgesellschaft Longbow, die Ende Juli Sauber übernommen hat.
Nicht nur, dass der Schuldenberg abgebaut wird. Mitarbeiter von Sauber sagen mir auch: Im Werk herrscht Aufbruchstimmung, die gedrückte Atmosphäre der letzten Jahre ist weggefegt, Pläne werden mit neuen finanziellen Freiheiten endlich umgesetzt. Und das schliesst das Personal mit ein – Sauber stellt derzeit überdurchschnittlich gute Leute ein.
Vor kurzem hat Sauber die Verpflichtung von Xevi Pujolar als Ingenieurs-Chef an der Strecke bestätigt. Der 43jährige Katalane hat seine Arbeit am Montag, 22. August aufgenommen, war als Beobachter beim Belgien-GP mit dabei, arbeitet sich in Monza derzeit tiefer in die Materie und wird in seiner Funktion vom Grossen Preis von Singapur an tätig sein. Pujolar hatte zuvor bei mehreren Formel-1-Teams gearbeitet, zuletzt fungierte er bei der Scuderia Toro Rosso als leitender Renningenieur. Paul Russell, der den Posten des Ingenieurs-Chef übergangsmässig innehatte, kehrt dann in seine frühere Position als Leiter für Fahrzeugentwicklung zurück. Hier in Monza arbeitet Russell wie zuvor in Belgien Seite an Seite mit Pujolar.
Pujolar arbeitete 2015 und anfangs 2016 bei Toro Rosso am Wagen von Max Verstappen, davor zwei Jahre lang bei Williams – wobei er Pastor Maldonado auch bei dessen Sensationssieg in Barcelona betreute. Er war nach einem kurzen Abstecher beim Hispani-F1-Team zu Williams zurückgekehrt, denn von Dezember 2002 bis November 2009 stand er als Renningenieur zahlreichen Piloten zur Seite: Ralf Schumacher, Juan-Pablo Montoya, Mark Webber und Alexander Wurz, um nur vier zu nennen. In die Formel 1 gekommen war Pujolar als assistierender Renningenieur am Jaguar von Eddie Irvine 2002.
Nächster guter Griff von Sauber: Seit August arbeitet der 43jährige Franzose Nicolas Gyorgy Hennel de Beaupreau bei Sauber als Leiter der Aerodynamikabteilung. Zuvor war er Aero-Chef bei Lotus (Oktober 2013 bis Januar 2016), leitender Aerodynamiker bei Ferrari (Mai 2012 bis Oktober 2013), Mitglied des Aero-Teams bei Ferrari seit Oktober 2009, Leiter der Fahrzeugentwicklung bei Toyota (2009), leitender Aerodynamiker bei McLaren (Juli 2006 bis März 2009), in der gleichen Position beim Renault-Werksrennstall (Mai 2003 bis 2006), Spezialist für Flussdynamikberechnungen bei Ferrari (Oktober 2000 bis anfangs 2003) und, sein erster Job in der Formel 1, Aerodynamiker bei Benetton (Februar 1997 bis August 2000).
Das Engagement von Pujolar und Hennel ist ein wichtiges Signal: Es ist nicht leicht für einen Schweizer Rennstall, Techniker anzulocken, das Gleiche gilt auch für Toro Rosso in Italien. Die Verpflichtung solch guter Leute hat Signalwirkung.
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