Jaguar-Präsident Mäuser: «Haben noch alle Chancen»
Jaguar-Präsident Mäuser: «Haben noch alle Chancen»
Mäuser war in verschiedenen Marketing-Positionen für BMW und Porsche tätig, führte von 2011 bis 2013 den VfB Stuttgart als Präsident, ehe er zu Jaguar Land Rover wechselte und dort 2015 Marketingchef wurde.
Seit 2018 ist der 63-Jährige Präsident von Jaguar Racing. Die wichtigsten News der vergangenen Tage betrafen sowohl das Engagement – die Briten haben sich auch für die Phase des Gen3-Autos ab 2022 verpflichtet – als auch die Fahrerfrage, denn der Vertrag von Mitch Evans wurde «mehrjährig» verlängert, nachdem er offenbar Kontakte zu Porsche gehabt hatte. Sam Bird ist für die nächste Saison acht bereits verpflichtet.
Als Dritter der Teamwertung und mit den Positionen drei für Sam Bird und acht für Mitch Evans ist Jaguar Racing als «Auswärtsteam» beim Heimspiel der deutschen Hersteller im ABB Formel-E-Finale in Berlin noch gut im Rennen.
Welche Bilanz ziehen Sie über das bisherige Engagement von Jaguar in der Formel E?
Wir haben durch die Formel E enorm viel für die Serienproduktion gelernt. Der Technologietransfer war ja unser primäres Ziel. Das letzte Software-Update des I-Pace entsprang gänzlich den Erfahrungen aus der Formel E, brachte sieben Prozent mehr Reichweite – das klingt nicht viel, ist aber rein auf Software-Basis bei gleicher Hardware beachtlich. Was die technische Transformation betrifft, sind wir also sehr zufrieden. Auch die kommunikative Seite mit der Position der Marke Jaguar in Richtung dynamisch und jünger funktioniert. Wobei dieser Prozess länger dauert, aber wir sehen schon eine gestiegene positive Wahrnehmung der Marke Jaguar, vor allem bei jüngeren Zielgruppen.
Kommt Jaguar das grundsätzliche Format der Formel E mit Rennen in den Städten entgegen?
Da ist die Formel E ja viel spannender als die Formel 1. Mit Attack Mode und Fanboost wird die Serie für jüngere Zielgruppen attraktiver. Das ist ja das Problem fast aller Premiummarken, dass sie bisher für jüngere Kunden nicht so anziehend waren. Man sieht das an der Teilnahme aller deutschen Premiumhersteller.
Können Sie in Saison sieben mit dem sportlichen Verlauf zufrieden sein oder hadern Sie über den Qualifikationsmodus, der die Führenden der Meisterschaft bisher durch die Quali-Gruppe eins benachteiligte, darunter auch Ihre Fahrer?
Da würde es mir jetzt leichtfallen, ja zu sagen. Aber man muss fairerweise sagen, der Modus gilt für alle. Wer Weltmeister werden will, muss mit diesem Qualifikations-Nachteil zurande kommen. Man muss das aus zwei Blickwinkeln sehen: Als Promotor ist das gewünscht, weil die Spannung steigt, als Team ist es ein Nachteil. Aber wir hatten bisher zehn verschiedene Sieger in 13 Rennen, das gibt es in der Formel 1 nicht. In der Formel E geht es oft um Tausendstel im Kampf um die Pole, die 24 Fahrer liegen oft innerhalb einer Sekunde. Wir haben sicher eines der schnellsten Autos und mit Mitch und Sam eines der stärksten Fahrerduos. Die Voraussetzungen für einen Erfolg sind also ausgezeichnet, doch planbar ist er nicht, denn es kann immer etwas passieren. Es hätte für uns besser laufen können, aber wir sind voll dabei im Rennen um beide Titel in Berlin.
Steht das Qualifying zur Diskussion?
Ausgeglichenheit ist immer gut, aber es sollte nicht zu viel durch Zufall passieren. Ja, es wird über einen anderen Modus für nächste Saison nachgedacht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich etwas ändern wird. Aber wir wollen keine Formel-1-Verhältnisse mit klaren Favoriten.
Wie sind Ihr Team und die Formel E insgesamt durch die Pandemie gekommen?
Als die Pandemie im Frühjahr 2020 ausbrach, war das für uns ein Schlag ins Gesicht, denn wir waren Zweiter. Dann gab es sechs Rennen in zehn Tagen in Berlin, die waren für uns suboptimal. Wir entwickelten unser Auto für enge Stadtkurse, Tempelhof ist offener und schneller. Leider konnten wir aus unserer guten Ausgangslage nicht das Erhoffte herausholen. Dieses Jahr waren Rennen an verschiedenen Strecken durch das Bubble-Konzept möglich. Die TV-Berichte im deutschen Sprachraum durch Sat1 waren deutlich besser als zuvor.
Was erwarten Sie für Berlin und nächste Saison?
Zuerst ein hoch spannendes Finale, in dem wir noch alle Chancen haben. Und dann freuen wir uns auf Saison acht mit tollen neuen Schauplätzen wie Vancouver und Kapstadt. Die Formel E wird weiterwachsen, da machen wir uns keine Sorgen. Auch von den Fahrern her sind wir optimistisch. Mitch ist einer der besten Jungen, Sam hat Erfahrung seit Serienbeginn und in jeder Saison noch Rennen gewonnen.
Seit einiger Zeit fehlt ein Titelsponsor im Namen des Teams. Suchen Sie nach einem neuen Partner?
Die Pandemie hat alle Sponsoren extrem verunsichert. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Suche abgeschlossen ist und wir in Saison acht einen neuen Hauptsponsor begrüßen können.
Wird der schon in Berlin bekanntgegeben?
Das steht noch nicht fest.
War die Verpflichtung zur Teilnahme mit der Gen3 eine langwierige interne Diskussion oder schnell klar?
Für das Team war es klar, dass wir weiter dabei sind. Für den Vorstand war es schon eine Abwägung der Kosten. Aber die Formel E kostet über den Daumen zehn Prozent der Formel 1. Auch für die Elektroserie muss man ordentlich Geld investieren, aber Technologietransfer und Image machen sich eben bezahlt. Die Formel E trägt auch zur Strategie Jaguars bei, die Vorstandschef Thierry Bolloré vorgab, dass Jaguar ab 2025 nur noch elektrisch angetrieben wird. Da wäre ein Ausstieg das völlig falsche Signal gewesen! Also war nach nicht allzu langer Diskussion die Zustimmung des Vorstandes da.