MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

IDM trauert um Enrico Becker, Hock weiter im Koma

Von Esther Babel
Enrico Becker und Kurt Hock (v.li.)

Enrico Becker und Kurt Hock (v.li.)

Der WM-Lauf auf dem Sachsenring sollte für die deutschsprachigen Teilnehmer der Höhepunkt des Jahres werden. Doch ein tragischer Unfall kostete Enrico Becker das Leben. Kurt Hock ist schwer verletzt.

Am kommenden Wochenende wollten Kurt Hock und Enrico Becker auf dem Schleizer Dreieck beim fünften IDM-Wochenende der Saison ihre Fahrt in Richtung Seitenwagen-IDM-Titel fortsetzen. Doch ihr grosser Traum vom ersten gemeinsamen Titelgewinn fand am vergangenen Samstagnachmittag auf dem Sachsenring sein jähes Ende.

Im Qualifying zum WM-Lauf verunfallten Hock/Becker schwer. Nach Augenzeugenberichten knallten sie in Kurve 12 ungebremst in die Leitplanke. Obwohl die Helfer sofort an der Unfallstelle waren, kam für Enrico Becker jede Hilfe zu spät. Der 31-jährige Beifahrer verstarb noch an der Unfallstelle.

Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat die Untersuchungen übernommen. Neue Erkenntnisse gibt es am Montagmorgen noch nicht. Dieter Eilers, einer der Vorsitzenden der IGG (Interessengemeinschaft Gespannrennen), selbst langjähriger IDM- und WM-Pilot und von Beruf DEKRA-Sachverständiger, warnt vor vorschnellen Urteilen.

«Ich selber war nicht vor Ort», erklärt Eilers. «Aber ich kenne die Stelle. Natürlich fragt man sich bei den Schilderungen, wie das auf diese Weise passieren konnte. Man würde bei einem Defekt eventuell versuchen, durch Runterschalten den Seitenwagen zumindest zu verlangsamen. Oder man würde versuchen, links rüber zu lenken. Aber man muss jetzt einfach die Untersuchungen abwarten.»

Abschied von Enrico Becker

Seit elf Jahren waren Kurt Hock (53) und Enrico Becker gemeinsam unterwegs. Für Hock, der bereits seit 35 Jahren im Motorsport aktiv ist, war Becker erst der zweite Beifahrer seiner Karriere. Die beiden verstanden sich nach den langen Jahren der Zusammenarbeit blind. Hock, bereits sechs Mal deutscher Vizemeister, wollte mit Becker endlich ganz oben ankommen. Gemeinsam wollten sie sich endlich den lang ersehnten IDM-Titel holen.

Sie waren auf dem besten Weg und reisten nach der ersten Saisonhälfte als Führende der IDM Sidecar zu ihrem WM-Ausflug an den Sachsenring. Titelambitionen hatten die beiden in der WM nicht. «Das mit der WM gönnen wir uns einfach», hatte Kurt Hock vor wenigen Wochen in einem Interview im Rahmen der IDM erklärt. «Klar können wir mit unserem Budget nicht gegen die grossen Teams anstinken.»

Enrico Becker wurde am 24. August 1982 in Wernigerode geboren und war seit seinem 21. Lebensjahr mit Hock unterwegs. Durch seine Leidenschaft zum Seitenwagen-Rennsport hatte sich Beckers Studium in die Länge zu gezogen. Denn statt die Schulbank zu drücken, entschieden sich Hock/Becker jedes Jahr aufs Neue, noch eine weitere Saison dran zu hängen.

Becker, der stets mit einem Lächeln auf den Lippen unterwegs war, wurde von Hock auch gerne mal mit dem Spitznamen Ewiger Student bedacht. Doch Becker kam mit dem manchmal recht herben Charme von Hock immer bestens klar und hatte stets die passende Antwort parat.

Ende des Jahres sollte es für Becker allerdings ernst werden. Seine letzten Examen und der Uni-Abschluss standen kurz bevor. «Dann werden wir sehen, wie es mit uns im nächsten Jahr weitergeht, wenn Enrico endlich mal ans Arbeiten kommt», hatte Hock noch vor kurzem gescherzt.

Auch privat wollte Becker endlich klare Verhältnisse schaffen. «Mit seiner Lebensgefährtin Patricia plante er gerade eine gemeinsame Wohnung», verrät Dieter Eilers. Auch Beckers Freundin ist mit dem Seitenwagen-Sport bestens vertraut. Ihre Mutter ist die Lebensgefährtin vom Uwe Gürck, der wie Hock seit Jahren als Fahrer im Seitenwagen-Sport unterwegs ist.

Für Enrico Becker werden seine Träume nicht mehr in Erfüllung gehen. Er verlor am 12. Juli 2014 sein Leben bei dem vom ihm innig geliebten Seitenwagen-Sport. Seiner Lebensgefährtin, seiner Familie und seinen Freunden vermitteln wir von SPEEDWEEK.COM unser Mitgefühl und wünschen Ihnen viel Kraft in der schweren Zeit.

Zustand von Kurt Hock unverändert

Neue Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand von Kurt Hock gibt die Klinik in Chemnitz derzeit nicht heraus. Man spricht von schweren Kopfverletzungen, Hock befindet sich weiterhin im künstlichen Koma.

Kurt Hock feierte ein gelungenes Rennen gerne mit einer Zigarette und einem kühlen Bier. Wer ihn kennt, der weiss, dass er auf der Strecke als einer der härtesten Kämpfer gilt. Ein Kampfgeist, der ihm hoffentlich jetzt auch durch diese schwere Zeit hindurch hilft.

Obwohl Kurt Hock auf der Strecke stets alles gab, war er nach der langen Zeit im Sport und mit seinen 53 Jahren auch mit der nötigen Gelassenheit unterwegs. «Klar wollen wir deutscher Meister werden», verkündete er bei jeder sich bietenden Gelegenheit. «Aber mal ehrlich, wenn nicht, geht die Welt auch nicht unter.»

Jetzt muss Hock wieder Kampfgeist beweisen und zurück ins Leben finden. Sein Vater hatte ihn auf das Rennen am Sachsenring begleitet und steht ihm auch jetzt zur Seite. Tatkräftige Unterstützung haben in der Zeit nach dem Unfall auch die IDM-Meister André Kretzer und Jens Lehnertz, ebenfalls am Sachsenring unterwegs, geleistet.

Am kommenden Wochenende werden die IDM-Sidecar-Piloten in Schleiz am Start stehen. Mit ihren Gedanken werde sie aber sicherlich bei ihren langjährigen Kollegen sein. Mit den Genesungswünschen für Kurt Hock und der Trauer um Enrico Becker.

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