Randy Krummenacher: Kummer wegen Rossi und Márquez
Buriram-SSP-Sieger Randy Krummenacher
Der 28-jährige Zürcher Oberländer Randy Krummenacher gilt als fairer Sportsmann. Aber er hat sich in seiner Karriere schon mit ganz großen Namen angelegt. Auch wenn das nie absichtlich passierte und diese Vorkommnisse schon eine Weile zurückliegen.
Am 20. September 2014 (am Samstag nach dem Misano-GP) durfte Randy Krummenacher auf der Ranch von Valentino Rossi Dirt-Track fahren. Dabei demolierte er den Zeigefinger des Superstars.
Beim Brünn-GP 2014 zog sich Rossi bei einem Sturz eine schmerzhafte Verletzung am kleinen Finger zu.
Sechs Wochen später beim Aragón-GP zeigte er plötzlich einen bandagierten Zeigefinger an der rechten Hand her – und wollte nicht über die Ursache dieser Verletzung sprechen.
Aber SPEEDWEEK.com konnte damals das sorgfältig gehütete Geheimnis lüften, die Hintergründe sind durchgesickert.
Randy Krummenacher hatte den Finger des neunfachen Weltmeisters nach einem Sturz des Yamaha-Stars am Samstag nach dem Misano-GP auf der Ranch in Tavullia überfahren und beschädigt.
«Woher weißt du denn das schon wieder», wunderte sich Randy Krummenacher damals. «Ja, es stimmt. Valentino wollte mich auf der Dirt-Track-Piste ausbremsen, aber er war nicht schnell genug. Dabei ist er gestürzt... Ich hatte keine Chance zum Ausweichen, er lag unmittelbar vor mir. Ich habe dann blitzartig mein Motorrad quergestellt und ihn trotzdem noch am Finger erwischt... Ich glaube, ich war nachher bleicher als er. Ich dachte: Ojeh, es ist Valentino!»
Bekam Randy Krummenacher nach diesem «Attentat» Hausverbot auf der Ranch in Tavullia? Krummi: «Nein, Valentino hat nachher gleich im Scherz gesagt: Du darfst schon wiederkommen. Vielleicht nicht nächstes Mal, aber übernächstes Mal...»
Valentino Rossi war freilich nicht der einzige Superstar, dem Krummi in seiner GP-Karriere (sie dauerte von Donington 2005 bis Valencia 2015 in den Klassen 125 ccm und Moto2; bestes Ergebnis: Platz 3 in Barcelona 2006 auf der Red Bull KTM) in die Quere kam.
2010 wurde der damals 20-jährige Zürcher Oberländer in Aragón im 125-ccm-GP mit der schwarzen Flagge aus dem Rennen geholt – weil er den Sturz des aufstrebenden Marc Márquez verursacht hatte.
Krummenacher war damals nach dem Qualifying (7. Startplatz) auf der Molenaar-Aprilia zuversichtlich. Und das Schweizer Talent sorgte tatsächlich für Spektakel. Aber auf die andere Art.
Krummi startete ausgezeichnet, in der ersten Kurve lag er im Spitzenpulk – und wurde im Nahkampf innen eingeklemmt. «Ich wurde auf die Bordsteine abgedrängt, deshalb ist mir das Vorderrad weggerutscht. Ich hatte keine Chance», berichtete Randy später.
Einige Gegner geraten in Sturzgefahr, bleiben aber auf ihren Maschinen sitzen. Aber ausgerechnet der aufstrebende WM-Leader Marc Márquez (17) purzelt von seiner Ajo-Derbi. Er rutscht neben Krummenacher ins Kiesbett und muss das Rennen aufgeben. Er verliert die WM-Führung an Terol und rutscht in der WM-Tabelle auf den dritten Platz zurück. Sturzverursacher Krummenacher rappelt sich hingegen auf und schwingt sich wieder in den Sattel. Er reiht sich als Letzter ins Renngeschehen ein und startet eine Aufholjagd, ein Punkterang unter ersten 15 schien möglich.
Aber in der sechsten Runde wird 125-ccm-Pilot Krummenacher die schwarze Flagge gezeigt. Das bedeutet: Disqualifikation. Er muss die Box ansteuern.
Die Begründung der Funktionäre: Verursachung eines Sturzes.
«Absolut unverständlich», ärgerte sich Teamchef Marco A. Rodrigo. «Randy konnte ja nichts dafür.»
Tatsächlich erschien die Disqualifikation ungewöhnlich, denn Randy war einfach zu schnell gewesen, selbst gestürzt – und hatte Marc Márquez unfreiwillig mitgerissen. Kommt häufig vor, wird sonst nie geahndet.
Als der «Sündenbock» aus der Schweiz an die Box zurückkehrte, um aufzugeben, empfingen ihn gellende Pfiffe von der Haupttribüne gegenüber der Boxengasse. Der finnische Márquez-Teamchef Aki Ajo applaudierte.
Krummenacher wurde in der Box von Teamchef Rodrigo beruhigt. Dann überrumpeln ihn die TV-Reporter. «Ich habe in ein paar Minuten mehr TV-Interviews gegeben als während meiner ganzen Karriere», schmunzelte Krummenacher. Er entschuldigte sich für den Vorfall. «Es tut mir leid für Márquez. Aber ich kann wirklich nichts dafür.»
Gegen die Tatsachenentscheidung der Race Direction kann nicht berufen werden.
Später wurde vermutet: Da König Juan Carlos auf der VIP-Tribüne saß und ein spanischer Held zu Fall gebracht wurde, musste ein Schuldiger gesucht und als Bauernopfer bestraft werden.
Der Trost für den Monarchen: Mit Pol Espargaró (vor Landsmann Nico Terol) siegte trotzdem ein Spanier. Und wenige Wochen später wurde Marc Márquez trotzdem erstmals Weltmeister.