Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Verdient Romano Fenati wirklich die Maximalstrafe?

Kolumne von Michael Scott
Romano Fenati fiel mehrfach negativ auf

Romano Fenati fiel mehrfach negativ auf

Eine Weile lang hatte ich das Gefühl, dass ich der einzige Mensch sei, dem Romano Fenati ein wenig leid tut. Es schien, dass alle anderen sofort in Hasstiraden und Diffamierungen ausbrachen.

Nur weil sein Talent, sich nicht zum Idioten zu machen, ihn für einen kurzen Moment verlassen hat.

Wieder einmal.

Klar, es war nicht schlau, dass er Manzi in Misano in die Vorderbremse griff. Besonders, weil jedes Detail gefilmt wurde.

Nachdem die Daten analysiert wurden, beschloss die Renndirektion, Romano Fenati für zwei Rennen aus der Moto2-WM auszuschließen.

Die breite Masse fand diesen Beschluss viel zu milde, wie schnell klar wurde. Diese Ansicht wurde kurz darauf bestätigt, als die FIM den Ausschluss auf sechs Rennen bis zum Saisonende erhöhte.

In der Woche nach dem In-die-Bremse-Greifen kam ein beträchtliches internationales Echo zur Verurteilung des 22-Jährigen auf, von respektablen Zeitungen bis zu Todesdrohungen auf Twitter. Und jeder, mit dem ich sprach, hatte dieselbe Meinung.

Ja, was er gemacht hat, war widerlich. Aber verdient er wirklich die Todesstrafe?

Zu diesem Zeitpunkt hatte sein Team ihm den Vertrag gekündigt; sein nächstjähriges Team, Forward Racing, hat dasselbe gemacht; die italienische Föderation hat ihm die Rennlizenz entzogen. Und die FIM überdachte ihr eigenes Urteil.

Hat das die Renndirektion zum Komplizen dafür gemacht, was einige «versuchten Mord» nannten? Oder ist einfach jeder auf den Heiliger-als-du-Wagen aufgesprungen?

Zu den Dorna-Funktionären gehört auch Loris Capirossi, der kein Fremder des rauen Rennsports ist. Er gewann 1998 die 250-ccm-Weltmeisterschaft, als er in seinen Teamkollegen Tetsuya Harada krachte und ihn in die Absperrungen in Argentinien drückte. Das Jahr darauf zeigte man ihm die schwarze Flagge, nachdem er eine ähnlich mörderische Attacke auf den Polesetter Marcellino Lucchi gestartet hatte.

Cal Crutchlow verlangte öffentlich eine lebenslange Rennsperre von Fenati. Er gibt selbst zu, dass er einer ist, der viel stürzt, sich dabei aber nur selbst Schaden zufügt. Man muss seine Meinung akzeptieren.

«Der Sport ist ohnehin schon gefährlich genug», sagte er. Seine Message ist: «Er hätte ihn umbringen können.» Hypothetisch ist das wahr. Zum Glück sind fatale Unfälle heutzutage ziemlich selten, aber die Möglichkeit besteht immer. Jedes Mal, wenn ein Fahrer von seinem Motorrad fällt. (Der manische Manzi ist quasi dieses Jahr dem Tod schon 22 Mal entkommen).

Andere Topfahrer fanden eine lebenslange Sperre übertrieben. Bestrafung, ja. Folterung? Nein.

Zu der Zeit, als alle nach Aragón kamen, hatten viele Mitleid mit ihrem Kollegen. Cal Crutchlow hat seine Meinung nicht wirklich geändert, aber er meinte: «Ich bin kein Engel.»

Andrea Dovizioso zeigte am meisten Empathie. Aber er gab zu, dass man Fenati bestrafen müsse. Und zwar so streng, dass es keinem anderen Fahrer in den Sinn kommt, ihm nachzueifern.

Er und auch Marc Márquez überließen die Verurteilungen den Gelüsten der Social-Media-Anhänger. Es hat sie nichts gekostet.

Die Frage nach der Fahrer-Bestrafung und was angemessen ist, bleibt ein leidiges Thema.

Jede Aktion dieser Art hat fatales Potenzial. Hatte Rossi nicht etwas Ähnliches verdient, als er Márquez 2015 in Malaysia von der Strecke drängte? Oder Márquez (nach Rossis Meinung), als er ihn dieses Jahr in Argentinien wild attackierte? Es gibt so viele Beispiele mehr.

Früher, als der Rennsport noch nicht so bekannt war und nicht im Fernsehen übertragen wurde, war es nicht unüblich, dass Fahrer sich gegenseitig in die Bremsen fummelten. Vor allem beim Seitenwagen-Rennsport, wo die Hände der Beifahrer oft vom Teufel gesteuert wurden. Das macht es nicht akzeptabel. Aber es ist nicht beispiellos.

Rossi und seine japanischen Rivalen hielten sich in der 125-ccm-Klasse gegenseitig an den Sitzen fest. Alles nur zum Spaß natürlich und nicht wirklich gefährlich. Bis zu einem gewissen Punkt.

Glücklicherweise wird Fenati all diese Punkte nicht selbst aufs Tapet bringen, oder mindestens nicht für den Moment. Er hat aufgehört. Das ist auf jeden Fall seine bisherige Entscheidung. Das bedeutet, dass die Leichen im Keller bleiben können, zu jedermanns Vorteil.

Vielleicht werden auch die Social-Media-Richter ihn mit der Zeit als Opfer und nicht als Täter betrachten, obwohl das nicht das erste Mal war, dass er seine Aggressionen nicht im Griff hatte...

2015 hat er im Morgen-Warm-up in Argentinien Niklas Ajo vom Motorrad gekickt, dann hat er sein Moto3-Bike in der Trainings-Startzone ausgeschaltet. Er musste deshalb vom letzten Platz auf dem Grid starten. Ein weiteres Mal verlor er 2016 in Spielberg in der SKY VR46 Moto3-Box die Kontrolle und wurde sofort aus dem Team ausgeschlossen, wobei er auch sein Platz als Rossis VR46-Academy-Schützling flöten ging.

Und Rossi sagte in Aragón: «Ich wünsche mir, das Fenati in die WM zurückkommt, weil er viel Talent hat.»

Tatsache ist, dass Fenati extrem talentiert ist. Für die meisten Fahrer ist das ein Geschenk, aber anderseits kann es auch ein Fluch sein. Aus diesem Grund verändern sich die Persönlichkeiten von vielen Fahrern zum Besseren, wenn sie sich aus dem Rennsport zurückziehen. Weil der Druck, perfekt sein zu müssen, schwer zu ertragen sein kann.

Aber die Raubeinigkeit ist trotzdem besser, als überhaupt nichts zu können. Immerhin kann Romano Fenati sich damit trösten.

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