Moto2-WM 2019: Neue Vorschriften, neue Motoren
Mit Pecco Bagnaia (42) holte 2018 zum sechsten Mal in Folge ein Kalex-Pilot den Moto2-WM-Titel
Die Moto2-Serie stellt die Mittelgewichtsklasse der MotoGP-Weltmeisterschaft dar. Sie löste zur Saison 2010 die seit 1949 bestehende 250-ccm-Klasse ab. Die Motorräder werden 2019 erstmals von Dreizylinder-Viertaktern mit einem maximalen Hubraum von 765 ccm angetrieben. Sie stammen vom Naked Bike des Modells Triumph Street Triple und leisten rund 140 PS. Nach neun Jahren löst Triumph den bisherigen Alleinausrüster Honda ab. Die ECU kommt neu von Magneti Marelli und gilt als abgespeckte Version der MotoGP-Motorensteuerung.
Was die Moto2-Fahrer jetzt erfreut: Magneti Marelli hat auf Basis der MotoGP-Einheits-ECU eine Motorsteuerung für die Moto2-Maschinen entwickelt, die als fortschrittlich bezeichnet werden kann. Torque-Management, Motorbremse und Launch Control stehen jetzt zur Verfügung, auch wenn die Anzahl der Parameter nicht mit der MotoGP-Klasse vergleichbar sein wird.
Triumph, Magneti Marelli, Dorna und ExternPro (diese Firma macht die Motor-Revisionen wie bisher bei den Honda-Einheitsmotoren) verbreiten wegen der neuen ECU viel Zuversicht, aber die Teams berichten von Kinderkrankheiten, zum Beispiel von verspäteten Updates des Electronic Control Units (ECU).
Und obwohl Corrado Cecchinelli, bei der Dorna als Director of Technology tätig, dauernd von hohem Kostenbewusstsein spricht, jammern die Teams, weil sie jetzt einen zusätzlichen Elektronik-Ingenieur anstellen müssen.
Aber Triumph liefert 165 ccm mehr als Honda, die Power wird auf 140 PS erhöht. Das begeistert die Techniker und Fahrer. «Wir haben jetzt mehr Bumms und 20 Newtonmeter mehr Drehmoment», freut sich Intact-Teammanager Jürgen Lingg.
Auch wenn das Dashboard jenem der MotoGP-Teams verblüffend ähnlich sieht, bei der ECU sind Systeme wie Traction Control und Corner-by-Corner-Kontrolle nicht aktiviert. Sie werden in Reserve gehalten...
Aber eines steht fest: Der Sound der Triumph-Motoren ist großartig, außerdem sind die Motoren deutlich moderner und technologisch deutlich fortschrittlicher als die abgetakelten CBR600-RR-Motoren, bei denen besonders das Getriebe immer wieder Anlass zur Kritik gab. Und durch das «ride by wire»-System beginnt für die Teams elektronisch gesehen ein ganz neues Zeitalter. Die Fahrer werden durch diese ECU viel besser auf die Bedürfnisse der MotoGP-WM vorbereitet.
Auch von den Vorzügen des «blipper» wurde bei den letzten Tests gesprochen. Man kann auch von einer Schaltautomatik sprechen. «Man muss jetzt in der Moto2-WM beim Herunterschalten keine Kupplung mehr ziehen, was natürlich das Reinfahren in die Kurven sehr erleichtert», erläuterte Intact-Cheftechniker Jürgen Lingg. «Dazu wird ein «blipper» benötigt. Das Signal für die Zündunterbrechung bekommt die ECU durch einen Sensor am Schaltgestänge. Im Prinzip wird nur kontrolliert Zwischengas gegeben, damit im Getriebe ein Freilauf entsteht und man ohne kuppeln runterschalten kann.»
Alex Giussani, Technical Director bei Suter Industries, erklärt: «Der Fahrer muss jetzt vor dem Runterschalten nur den Schalthebel nach oben drücken, die Steuergeräte sorgen nach diesem Signal für das Zwischengas. Die Fahrer müssen also dank dieses Systems den Kupplungshebel nicht mehr betätigen. Wir haben diese Funktion schon 2012 auf unserem Claiming-Rule-Bike mit der Bezeichnung Suter-BMW in der MotoGP verwendet. Inzwischen hat sich diese Funktion auch in der Serie durchgesetzt – bei der R1 und bei BMW.»
«Bei allen bisherigen Testfahrten sind die Fahrer mit einem Lächeln im Gesicht abgestiegen», stellte Trevor Morris von ExternPro fest. «Das war auch beim Jerez-Test im November nicht anders.» Damals fuhren erstmals alle Teams und 32 Moto2-Fahrer mit den neuen 765-ccm-Dreizylinder-Bikes.
In der Saison 2018 durften alle Hersteller wie Kalex, KTM, Speed-up, Suter und NTS je zehn Testtage mit den Triumph-Motoren abspulen. 2019 sind keine Moto2-Testteams mehr erlaubt, nur die Teams selbst dürfen mit dem Stammfahrern neben den offiziellen IRTA-Tests und Montag-Tests privat testen – maximal sieben Tage. Und weil die Motoren knapp sind, werden auch keine Moto2-Wildcards erlaubt sein.
Beim Chassis haben die Hersteller, Teams und ihre Schützlinge mehr Freiheiten, hier müssen nur die technischen Regeln beachtet werden, die von der FIM vorgegeben werden. Dabei dürfen Rahmen, Schwinge, Tank, Sitz und Verkleidung nicht von einem Serienmotorrad stammen. Wie in der Moto3 ist auch hier nur ein Bike pro Fahrer und Wochenende erlaubt.
Kalex hat zuletzt sechsmal hintereinander die Fahrer- und Marken-WM gewonnen. KTM beteiligt sich seit dem Beginn der Saison 2017 an der Moto2-WM und gewann 2017 drei und 2018 sechs Grand Prix. Der Portugiese Miguel Oliveira beendete die Saison 2017 im Red Bull KTM-Ajo-Team als WM-Dritter hinter Franco Morbidelli und Tom Lüthi. 2018 wurde er Vizeweltmeister hinter dem Kalex-Piloten Pecco Bagnaia.
Suter und Tech3 steigen als Moto2-Chassis-Hersteller aus, MV Agusta kommt neu dazu, KTM setzt 2019 neun Fahrer und fünf Teams (Red Bull Ajo, Red Bull Tech3, Ángel Nieto Team, American Team und Kiefer Racing) ein. 2018 hat sich KTM noch auf fünf Fahrer beschränkt. Speed-up rüstet wie NTS zwei Fahrer aus.
Das Mindestalter für die Moto2-Teilnehmer liegt wie bei der Einsteigerklasse bei 16 Jahren. Beim Mindestgewicht besteht jedoch ein klarer Unterschied: Zusammen mit ihren Motorrädern müssen die Moto2-Piloten mindestens 215 kg auf die Waage bringen (in der Moto3 liegt das untere Gewichtslimit bei 152 kg). Wer Mühe hat, die Moto2-Vorgabe samt der ganzen Ausrüstung und Onboard-Kamera zu erreichen, muss mit Zusatzgewichten nachhelfen. Übrigens: Die Lederkombis müssen seit 2017 unbedingt mit Airbag-Systemen ausgerüstet sein.
Wie in der Moto3-Klasse rüstet Dunlop auch die Moto2-Fahrer mit Reifen aus. Und auch hier dürfen die Piloten jeweils maximal 17 Slick-Reifen pro Wochenende einsetzen, acht Vorder- und neun Hinterreifen. Keine Unterschiede bestehen auch bei den Regeln für die Regenreifen. Dunlop muss im Normalfall für jeden Fahrer drei Regenreifen-Sätze dabei haben. Findet jede Session im Nassen statt, müssen es sogar deren vier pro Fahrer sein. Der Reifenhersteller darf jene Gummis, die nicht eingesetzt wurden, bei einem späteren Wochenende einsetzen – vorausgesetzt sie entsprechen der aktuellen Spezifikation.
Bei der Motoren-Verteilung an die Teams wird das bisherige System beibehalten: Die Teams bekommen jeweils nach drei Grand Prix frische Motoren zugelost, die Kosten für die Triebwerke bleiben bei 20.000 Euro pro Saison und Fahrer. Den Rest bezahlen Dorna und Triumph.
Erstmals wird 2019 auch in der Moto2-WM ein Qualifying 1 und Qualifying 2 über die Startaufstellung entscheiden wie in der MotoGP-Klasse. So soll einerseits das lästige Bummeln auf der Ideallinie unterbunden werden. Im letzten Jahr fiel aber auch auf, dass die besten Moto2-Quali-Zeiten bereits in den erstem fünf Runden erzielt wurden und nachher nicht mehr viel Verkehr herrschte. Das war schlecht für die Zuschauer an der Strecke und vor den Fernsehern.