KTM: Projektleiter getauscht, aber Desaster in Katar
KTM erlebte nach dem erfreulichen IRTA-Test in Jerez (Bestzeit durch Brad Binder) beim Moto2-Saisonauftakt auf dem Losail Circuit in Doha/Katar eine Ernüchterung. Im Qualifying brausten sieben Kalex-Fahrer auf die besten sieben Startplätze, im Rennen beschlagnahmten die Kalex-Piloten sogar alle Top-Ten-Ergebnisse.
Der letztjährige Moto2-WM-Dritte Brad Binder (drei Saisonsiege 2018) aus dem Red Bull KTM Ajo-Team kam über den achten Startplatz (0,453 sec hinter der Bestzeit von Marcel Schrötter) nicht hinaus. Im Rennen verlor der Südafrikaner als Zwölfter und bester KTM-Pilot in 20 Runden nicht weniger als 18,6 Sekunden.
Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM Factory Racing, spricht erstmals über die Konsquenzen des Test-Debakels vom November 2018 und erklärt, warum sich KTM bei der Fahrerwahl in den Kundenteams nicht einmischen kann. Das macht KTM höchstens bei den Red Bull-Teams von Aki Ajo oder Hervé Poncharal.
Pit, das Abschneiden von KTM beim Moto2-Saisonstart gab wenig Anlass zur Begeisterung. Waren die Eregebnisse streckenspezifisch? Oder muss man sich im neuen Triumph-Zeitalten an diese Kalex-Überlegenheit gewöhnen?
Es ist so, dass wir in der Moto2-Klasse allein schon von der reinen Fahreranzahl mit unseren neun Piloten sehr stark unterlegen sind gegen die Kalex-Anzahl. Dort sind bei den Teams sicher mehrere Spitzenfahrer unter Vertrag.
Wobei wir mit dem Brad Binder eine sehr klare Speerspitze haben. Jorge Martin macht seine Sache als Rookie sehr gut. Dazu haben wir Iker Lecuona, der sich eigentlich im vergangenen Jahr sehr gut entwickelt hat und bei den Wintertests gut war. Aber er hatte in Katar Samstagnachmittag einen schweren Sturz, er hat sich bei diesem Highsider am Nacken brutal weh getan.
Es sind eigentlich alle Fahrer normal auf Kurs, sie bringen, was man von ihnen erwartet hat.
Aber momentan ist für uns ein großes Fragezeichen, was in der Tech3-Moto2-Box los ist, denn die Rookies Bezzecchi und Öttl haben bisher enttäuschend abgeschnitten. Bezzecchi müsste sich viel näher im Bereich von Jorge Martin bewegen. Auch von Philipp haben wir uns mehr erwartet. da wissen wir bisher nicht, was los ist.
Aber Binder ist als WM-Dritter in Katar deutlich hinter den Erwartungen geblieben. Das lässt sich nicht schönreden. Du hast erwartet, dass er 2019 aufblüht, wenn er im Aki-Ajo-Team nach dem Klassenwechsel von Oliveira die klare Nummer 1 ist. Er hat 2018 immerhin drei WM-Läufe gewonnen.
Bisher war der Losail Circuit nie eine KTM-Strecke. Die Pole-Position von Aron Canet in der Moto3 war unsere erste Pole in Katar seit wir 2012 wieder mit dabei sind.
In der Moto2 waren wir beim November-Test in Jerez in Schwierigkeiten, das darf man nicht vergessen. Dort haben wir eine ziemliche «Watschen» ausgefasst. Das Motorrad hat dort nicht funktioniert; Brad Binder kam mit der besten KTM nur auf Platz 13.
Wir sind dann heimgefahren und haben das Projekt auf den Kopf gestellt. Wir haben den Moto2-Projektleiter Reinhard Mandl ausgetauscht. Wir haben danach dem Chassis-Konstrukteur Kevin Ranner die Verantwortung übertragen, ein neues Chassis zu bauen. Die Gesamtverantwortung in dieser Klasse hat Christian Korntner.
Kevin Ranner hat in extrem kurzer Zeit eine kleine Meisterprüfung ablegen müssen. Er musste unter enormen Zeitpunkt bis zum Frühjahr ein neues Chassis rausschieben.
Beim Februar-Test in Jerez waren wir gleich an erster Stelle. Aber das Paket funktioniert bisher nicht auf allen Strecken gleich gut.
Ich war nach dem Qualifying in Katar noch zuversichtlich. Ich habe gehofft, dass Brad Binder im Rennen um den Sieg mitfahren kann.
Muss KTM künftig bei den Privatteams in der Moto2-WM bei der Fahrersuche mehr mithelfen? In dieser Saison sind mit Cardelús, Dixon, Roberts und Tulovic ein paar Piloten auf KTM unterwegs, von denen man nicht viel erwarten kann. Bezzecchi und Öttl enttäuschen auch. Das sind sechs von neun.
Das ist nicht ganz einfach zu erklären. Wir können uns als Werk nicht endlos bei allen Kundenteams einmischen und dann noch Geld mit einschießen, um irgendwelche Fahrer zu verpflichten.
Die Regelung ist relativ einfach: Wenn du nichts einzahlst, hast du bei der Fahrerwahl kein Mitspracherecht. Denn die Kundenteams kaufen Material und können engagieren, wen sie wollen.
Als Hersteller hast du nur etwas zu sagen, wenn du Geld mitbringst und die Fahrer engagierst.
KTM-Firmenchef Stefan Pierer beziffert die Kosten für den GP-Sport mit rund 40 Millionen Euro im Jahr.
Ja, wir haben natürlich schon ein enormes Programm am Laufen, indem wir den Red Bull Rookies-Cup unterstützen und dann bei einigen Moto3-Fahrern engagiert sind.
Wir sind in der Moto2-Klasse bei Aki Ajo und bei Hervé Poncharal und dem Tech3-Team sehr stark engagiert, um Moto2-Fahrer direkt unter Vertrag zu halten.
In der MotoGP-WM haben wir mittlerweile auch vier Piloten am Start.
So gesehen müssen wir die Fahrerwahl in den kleinen Klassen ein Stück weit den Teams überlassen.
«Aspar» Martinez hat sein Team aus einer sehr schwierigen Phase gerettet und wieder auf eine solide Basis gestellt. Er ist aus der MotoGP rausgegangen und in die Moto2 zurückgekehrt.
Letztendlich hat Aspar sicher großes Interesse, in der Moto2-WM wieder erfolgreiche Fahrer an den Start zu kriegen. Er hat ein tolles Junioren-Programm in Spanien und zwei sehr gute Moto3-Fahrer – mit Arenas und Junioren-Weltmeister Fernandez.
In der Moto2 wurde bei «Aspar» jetzt eine Struktur geschaffen, aber noch nicht optimal mit Leben befüllt.
Wir sind bei KTM ganz klar aufgestellt. Unser Junior-Scout in der ersten Reihe ist Aki Ajo. Jetzt kommt Tech3 neu dazu. Die anderen Sachen müssen wir in gewisser Weise dem freien Markt überlassen.