Scott Redding: «Mit Márquez war es ein Witz»
Scott Redding
Seit er im Alter von 16 Jahren 2008 in sensationeller Manier den 125-ccm-WM-Lauf in Donington gewonnen hat, gilt Scott Redding in Grossbritannien als legitimer Nachfolger von Barry Sheene. Die legendäre Nummer 7 ist als letzter Brite in einer GP-Klasse Weltmeister geworden. Das ist inzwischen mehr als 25 Jahre her. Es geschah 1977 in der 500-ccm-Klasse.
Eigentlich wollte Redding schon 2013 in der MotoGP-Klasse antreten. Aber Ducati liess nach einem vielversprechenden Test in Mugello Ende Juli nichts mehr von sich hören. Damals sah es so aus, als würde Reddings belgisches MarcVDS-Team 2013 das Ducati-Junior-Team bilden. Doch schliesslich bekam das Pramac-Team den Zuschlag; es engagierte Andrea Iannone und Ben Spies.
Im Oktober hat sich Redding deshalb zu einer vierten Saison im Moto2-Team von MarcVDS Racing entschieden. Er hatte auch Angebote aus der Superbike-WM vorliegen. Doch nach seiner besten Moto2-Saison (mit vier Podestplätzen) sieht der WM-Fünfte nicht ein, warum er 2013 nicht um den Moto2-WM-Titel fighten sollte.
Redding ist zuversichtlich, 2013 mit seiner Kalex noch einmal eine klare Steigerung erreichen zu können. Zumal Leichtgewicht Marc Márquez sowie Draufgänger Andrea Iannone und Landsmann Bradley Smith in die Königsklasse aufsteigen. Als Ausgleich drängt Moto3-Weltmeister Cortese neu in die Moto2-WM, in der mit 128 PS starken 600-ccm-Einheitsmotoren von Honda gefahren wird.
Nächstes Jahr werden seit Sheenes Titelgewinn 36 Jahre vergangen sein. Die britischen Fans wurden auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Redding macht ihnen Hoffnung. «Es gibt keinen Grund, warum ich nicht in der Lage sein sollte, 2013 um den Titel zu fighten», hält er fest. «Klar, Pol Espargaró wird als WM-Zweiter schwierig zu besiegen sein. Aber durch den Weggang von Marc Márquez werden alle Karten neu gemischt. Jetzt haben etliche andere Fahrer echte Chancen. Mit Marc war es 2012 ein Witz. Er ist uns auf jeder Geraden mühelos um die Ohren gefahren. Das lag nicht nur an seinem geringen Gewicht… Wenn ich ihm ernsthaften Widerstand leisten wollte, musste ich enorm viel riskieren. Dann war ich dauernd in Sturzgefahr.»
Natürlich bedauert Redding ein bisschen, 2013 nicht neben Cal Crutchlow, Michael Laverty und Smith in der MotoGP fahren zu können. Aber Redding hat sich damit abgefunden, frühestens 2014 gegen Asse wie Lorenzo und Pedrosa antreten zu können. «Ich bin erst 19 Jahre alt und habe ausreichend Zeit», betont Redding. «Es wäre nett gewesen, in die MotoGP aufzusteigen. Aber es hat nicht geklappt. Es gibt keinen Grund, deshalb den Kopf hängen zu lassen.»
Redding ist inzwischen der Ansicht, Pramac-Ducati wäre für die nächste Saison ohnedies nicht das grosse Los gewesen. Denn die Desmosedici wird 2013 noch nicht der grosse Renner sein. «Ich hätte bei Pramac sicher Mühe gehabt, unter die ersten sechs zu fahren», sinniert Redding. «Es ist also wahrscheinlich besser, wenn ich noch ein Jahr warte. Dann bekomme ich vielleicht ein konkurrenzfähigeres Motorrad.»
Danach verriet Redding noch ein bisher sorgfältig gehütetes Geheimnis. «Wir haben auch mit dem Gresini-Honda-Team verhandelt», gab der Moto2-Pilot preis. Aber wie Landsmann Johnny Rea hätte er dort einen Schubkarren voll Geld abladen müssen. «Es hat sich bei Gresini alles um Politik gedreht. Und ich war nicht sicher, ob ich in meiner Situation noch Geld mitbringen soll. Es wäre zwar kein Problem gewesen. Aber ich wehre mich dagegen, als gestandener GP-Pilot noch eine Mitgift abliefern zu müssen. Ich halte so ein System für Unsinn.»
Dafür hat der 74 kg schwere und 184 cm grosse Scott Redding bei der jüngsten Reglementsänderung das grosse Los gezogen. Als schwerster Moto2-Pilot der Gegenwart wird er 2013 vom neuen Gesamtgewicht von 215 kg für Fahrer, Bekleidung und Motorrad profitieren. Die Leichtgewichte wie Toni Elias hingegen müssen womöglich sogar Ballast zuladen. «Dadurch sollte ich auf den Geraden nicht mehr so unterlegen sein», hofft Redding.