Sandro Cortese: Die Suche nach dem Selbstvertrauen
Sandro Cortese
Sandro Cortese war in den letzten zwei Jahren in der Moto2-WM Neunter und Elfter, er hat bisher zwei dritte Ränge (in Brünn 2014 und Motegi 2015) errungen und will in der kommenden Saison endlich konstant an der Spitze mitmischen.
Der Kalex-Pilot aus dem deutschen Dynavolt Intact GP-Team hat im Vorjahr mehrmals durch starke Qualifying-Leistungen überzeugt, aber in den Rennen oft in den erste Runden viele kostbare Plätze verloren.
Diese Schwäche muss der 26-jährige Berkheimer 2016 dringend loswerden, sonst lassen sich die erhofften Podestplätze nicht in die Tat umsetzen.
«Das war dann gut, wenn ich konstant bin und rausfahre und sofort schnell fahre», sagt Cortese. «Das ist eine Sache des Selbstvertrauens. Ich erinnere mich an den Saisonstart 2014 in Doha. ich bin rausgefahren und war in jedem Training und war in jedem Training unter den ersten zwei. Dann bin ich in der letzten Quali-Runde gestürzt und dann im Rennen mit gebrochenem Fersenbein Siebter geworden. Ich glaube, die Schmerzen und Beschwerden habe ich erst viel später realisiert, das Adrenalin hat alles verdrängt... So wie damals muss ich wieder agieren. In jedem Training schnell sein, in jedem Training unter den Top-Platzierungen sein, um dann auch im Rennen gut abschneiden zu können. Selbst wenn man dann einmal von Platz 7, 8 oder 10 startet, kann man das im Rennen ausmerzen, wenn man mental stark genug ist.»
Hat also 2015 durch die vielen Stürze und Rückschläge auch das Selbstvertrauen arg gelitten? «Wenn ich mental nicht so stark wäre, wäre es noch viel schlimmer geworden», ist der Moto3-Weltmeister von 2012 überzeugt. «Das hat man bei vielen anderen Fahrern gesehen. Zum Beispiel bei Terol, ein Superbeispiel. Schlechtes erstes Moto2-Jahr, super zweites Jahr, das dritte Jahr war katastrophal. Bei mir ist es so, ich kämpfe, kämpfe, kämpfe. Klar, ich muss auch immer viel Kritik in Kauf nehmen. Meine ganze Karriere wird kritisiert. Aber das gehört zu unserem Sport dazu. Aber ich habe daraus gelernt, ich lerne jedes Jahr dazu. Und bei mir dauert das vielleicht ein bisschen länger als bei einem anderen Fahrer.»
Dynavolt-Intact-Teammanager Jürgen Lingg meinte nach der Saison 2015, Cortese mache sich zu viel Druck. «Ich bin der, der sich am meisten Druck macht. Aber den Druck macht man sich nicht mehr, sobald man wieder Selbstvertrauen hat. Denn dann weiss man: Okay, man hat mal ein schlechtes Training gefahren, das nächste wird wieder gut. Aber wenn man immer am Ende des Tunnels etwas Licht sieht, den Lichtblick aber nie erreicht, dann kann man nicht so dranstehen wie in der Saison 2012. Da sagte ich mir: Kein Problem, ich mach das.»
«Man muss sich dieses Selbstvertrauen bei den Wintertests und über die ersten Rennen hinweg erarbeiten. Das kommt nicht von selbst. Ich kann mich jetzt nicht hinstellen und sagen: Ich fahre in Jerez beim IRTA-Test ab Mittwoch alle in Grund und Boden. Das wäre wieder eine Träumerei.»
Jürgen Lingg, Technik-Direktor des Dynavolt Intact GP-Teams, war bei den jüngsten Februar-Tests von seinem Schützlingen Folger und Cortese begeistert. Er traut beiden Piloten zu, in Jerez (2. bis 4. März) unter die ersten fünf zu fahren.
Cortese zieht es vor, den Ball flach zu halten. «Wenn das gelingt, wären wir für Doha gut vorbereitet», schmunzelt Cortese. «Nein, wir müssen uns klarmachen, die Konkurrenz schläft nicht. Ausser Tito Rabat ist keiner n die MotoGP-Klasse hoch gegangen. Man muss Realist bleiben. Unser Ziel muss sein, konstant zu werden. Und schnell. Konstant schnell. Wie ich gesagt habe: Ich habe kein Problem, rauszufahren und eine schnelle Runde hinzulegen. Aber das spiegelt nicht das wider, was ich erreichen will.»
Kann es wieder zu Überraschungen durch Moto2-Rookies wie Miguel Oliveira kommen? «Das kann ich im Moment überhaupt nicht einschätzen», betont Cortese. «Diese Klasse verzeiht nichts. Es ist ganz komisch. Manchmal kommen Neuling und mischen sofort vorne mit. Andere, von denen man meint, sie müssten gut sein, haben Mühe», wundert sich Sandro, der 2015 in der Moto2-WM klar im Schatten seines neuen Teamkollegen Jonas Folger stand.
Was kann der siebenfache GP-Sieger Cortese von Folger lernen?
«Ich kenne den Jonas noch zu wenig, wenn ich ehrlich bin. Wir haben bisher fünf Testtage miteinander verbracht. Aber an so einem Testtag hast du auf deiner Seite so viel Arbeit, dass du gar nicht schaust, was jetzt der Teamkollege. Die ersten GP-Wochenenden werden mehr Klarheit bringen. In der kurzen Zeit der GP-Trainings Topleistungen zu bringen ist etwas anderes als bei einem Test, bei dem du den ganzen Tag Zeit hast, um eine schnelle Runde zu fahren.»