Marcel Schrötter: Deutschland ohne gezielte Förderung
Marcel Schrötter gilt in Deutschland schon lange als großes Talent. Der Bayer gewann 2008 und 2009 den Meistertitel der IDM 125, wurde Europameister und schaffte bei seinem Wildcard-Einsatz 2009 in Valencia eine Sensation. Schrötter erkämpfte sich Platz 5 und lag damit vor großen Namen wie Sandro Cortese, Dominique Aegerter und Nicolás Terol, dem 125-ccm-Weltmeister von 2011.
2010 stieg er mit der Unterstützung des fünffachen Weltmeisters Toni Mang, Techniker-Legende Sepp Schlögl und HRC-Mann Adi Stadler mit einem eigenen Team in die Weltmeisterschaft auf. Er schloss seine Rookie-Saison mit 27 Punkten auf dem 18. Platz ab. Im folgenden Jahr wechselte Schrötter zu Mahindra und ging im indischen Team unter. Erst sein Aufstieg während der laufenden Saison 2012 in die Moto2-Klasse brachte die Wende.
Die Saison 2013, seine erste volle Moto2-Saison für das SAG-Team, beendete der 21-Jährige mit 33 Punkten auf Rang 17. 2014 wechselte er in das Tech3-Team und beendete die Saison unter den Top-10 der Moto2-WM.
Marcel, ohne die intensive und umsichtige Förderung durch Mang, Schlögl und Stadler hättest du es wohl nicht in die Weltmeisterschaft geschafft. Was läuft bei der Nachwuchsarbeit in Deutschland falsch? «Für uns Deutsche ist es wirklich sehr, sehr schwierig. Als Land ist Deutschland finanziell gut aufgestellt, aber wichtige Motorradsport-Sponsoren aus Deutschland gibt es kaum. Das ist schade. Ab einem gewissen Zeitpunkt werden die deutschen Fahrer nicht mehr genug gefördert. Im Minibike- und Junior-Cup gab es für mich zum Beispiel noch Geld von der Stiftung Sport. Danach wird man von offizieller Seite nicht mehr wirklich gefördert. Doch genau dann wäre es so wichtig, denn im Minibike- und Junior-Cup konnten wir das als Familie fast noch selbst finanziell stemmen. Das sind noch angepasste Summen, obwohl wir keine reiche Familie sind. Ab der IDM geht es einfach um teurere Motorräder, Teile und Tests.»
«Genau dort müssten die für Motorsport zuständigen Stellen in Deutschland helfen. Sie müssten die Initiative ergreifen, Talente erkennen und dann auch gezielt fördern. Wenn sich ein Deutscher beispielsweise mit den Spaniern messen kann, dann müsste auch der WM-Einstieg ermöglicht werden. In dieser Hinsicht passiert nichts. Was hilft die Förderung im Minibike-Cup, wenn die IDM und WM noch so weit weg ist? In Spanien, einem Land das derzeit finanziell in Schwierigkeiten ist, ist das ganz anders. Natürlich sind dort auch die Kontakte in die Weltmeisterschaft besser, denn dort kommen sehr viele wichtige Leute aus Spanien. Egal, ob man in Barcelona, Alicante oder Valencia ist, es gibt überall Motorradschulen. Sie werden bis in die Spanische Meisterschaft gefördert und dann kommen auf die besten Fahrer Teams wie das von Emilio Alzamora zu. Der Franzose Fabio Quartararo bekommt nun genau durch diese Vorgehensweise die Chance in einem Top-Team in der Weltmeisterschaft. Er musste nicht selbst einen großen Haufen Geld auftreiben», weiß Schrötter.
Auch der zweifache Deutsche Meister und Europameister hatte es nicht leicht. «Auch bei mir war es schwer. Wir wollten eigentlich schon ein Jahr früher in die Weltmeisterschaft. Im zweiten Jahr hat es dann ganz knapp gereicht. Sich dann in der Weltmeisterschaft zu halten, wenn es nicht sofort läuft, ist ebenfalls sehr schwer.»
Doch auch die fehlende Konkurrenz in der IDM sieht Schrötter als Problem. «Das Level ist einfach nicht so hoch wie in Spanien. Wenn man wie Luca Grünwald dann direkt aus der Deutschen Meisterschaft in die Weltmeisterschaft kommt, dann muss man extrem viel lernen: wie man die Sessions angeht und wie man sich ans Limit pusht. In der Weltmeisterschaft musst du plötzlich in allen Sitzungen und in jeder Runde 110 Prozent geben. Auch ich musste das lernen. Nur so kann man ordentliche Ergebnisse einfahren. Spanische Fahrer kommen meist mit einem ganz anderem Wissen, Material und Teams in die Weltmeisterschaft und können sich viel einfacher behaupten.»
Schrötter fordert eine gezielte Förderung junger Fahrer. «Es gibt sicher noch andere Gründe dafür, warum es die Deutschen so schwer haben. Doch das sind die Sachen, die ich als Fahrer erlebt habe und beurteilen kann. Es ist sehr schade, dass von den zuständigen Stellen in Deutschland einfach viel, viel zu wenig kommt. Viele schnelle Fahrer können sich nicht einmal die IDM leisten, weil sie nicht genügend Sponsoren haben. Das ist traurig. Es besteht Handlungsbedarf, denn von alleine passiert nichts. Man muss gezielt fördern.»
«Offizielle Stellen sagen gern, dass sie stolz auf die deutschen WM-Fahrer sind, aber sie uns sicher nicht hierher gebracht. Es sollte denen geholfen werden, die sich im Junior-Cup durchgesetzt haben, damit sie ein gutes Team für die IDM finden. Die besten Zwei der IDM sollten dann nach Spanien in ein gutes Team kommen oder direkt den WM-Einstieg wagen. Auch in den ersten beiden WM-Jahren muss noch geholfen werden. Doch klar ist: Man kann nicht alle unterstützen, es haben auch nicht alle verdient. Einige hätten aber eine echte Chance verdient.»