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Mahindra: Aufruhr bei den Kundenteams und Peugeot

Von Günther Wiesinger
Der Gleichbehandlungsparagraph wird bei Mahindra in der Moto3-WM offenbar sträflich missachtet. Sämtliche Manager und Besitzer der Kundenteams schimpfen und ärgern sich über den hilflosen Technikchef Davide Borghesi.

Bei den Mahindra-Kundenteams in der Moto3-Weltmeisterschaft wächst der Unmut über das wie im Vorjahr nicht konkurrenzfähige Material.

Schon am Donnerstag vor dem ersten Training wurde in Jerez ein Mahindra-Teammanager beim Betreten des KTM Factory-Trucks beobachtet.

«Davide Borghesi, der neue Technical Director von Mahindra, hat gar keine Zeit zur Weiterentwicklung der MGP3O», ätzte ein Teamchef in Spanien. «Er braucht den Grossteil seiner Arbeitszeit, um bei Mahindra-Rennchef Mufaddal Choonia seinen Arsch zu retten.»

Ein anderer renommierter Mahindra-Teambesitzer wetterte: «Was Mahindra in der Moto3 betreibt, ist Selbstmord.»

«Die Situation ist auf jeden Fall schwierig», seufzte ein anderer Mahindra-Teamchef, der seinen Namen vorläufig nicht in diesem Zusammenhang lesen will. «Wir haben viele grosse Probleme. In Texas waren die Getriebeprobleme besonders prekär. Wir können nur hoffen, dass Mahindra bald Abhilfe schafft und die Motorräder konkurrenzfähig werden.»

Klar, einige Mahindra-Teams haben schon für 2016 wegen der letztjährigen Misserfolge keine vielversprechenden Fahrer mehr gefunden.

Aber zumindest das inoffizielle Mahindra-Aspar-Werksteam von Jorge Martinez hat mit Francesco Bagnaia und Jorge Martin zwei Spitzenfahrer unter Vertrag.

Kein Wunder, wenn der Frust bei der Aspar-Truppe besonders gross ist, auch wenn es mit Platz 3 durch Bagnaia in Jerez einen Lichtblick gab. Denn Teamchef Jorge «Aspar» Martinez kann sch ausmalen, dass Bagnaia auf den schnellen Strecken wie Mugello und Barcelona wieder bös unten durch muss. Und Jorge Martin, seine schnelle Nummer 2, hat 2016 erst acht Punkte erbeutet.

Mahindra-Getriebe: Das grösste Ärgernis

«Wenn es so weitergeht, werde ich für 2017 keinen Fahrer und keine Sponsoren mehr finden», ist sich ein Mahindra-Teammanager bewusst, der nur im Schutz der Anonymität mit SPEEDWEEK.com sprach.

Ein anderer Gesprächspartner flüchtete sich in Galgenhumor: «Wenn ich dir etwas erzähle, musst du mich in ein Zeugenschutzprogramm aufnehmen.»

Tatsache ist, dass der neue 2016-Motor mit 81 mm statt 78 mm Bohrung nicht ausgereift ist, dass er nicht ausreichend auf dem Prüfstand lief und vor dem Saisonstart nicht ausrechend getestet wurde. Und das Getriebe stellt ein Ärgernis sondergleichen dar.

«Was ich nicht verstehe, Mahindra ist ein Konzern mit 190.000 Beschäftigten. Es ist genug Geld vorhanden. Aber es wird an den völlig falschen Stellen ausgegeben», wundert sich ein Teamchef.

Als absolut lachhaft bezeichnen die Teammanager die in Wirklichkeit gar nicht existierende «Track Assistance» von Mahindra. «Wo ist der Technical Support», schimpfte ein zorniger Teamchef in der Box in Jerez. Dann drehte er sich dreimal im Kreis. «Siehst du jemanden? Wo ist die Assistance?»

Immerhin kostet diese Track Assistance 27.500 Euro im Jahr – pro Fahrer!

Ein schönes Taschengeld für Mahindra.

Ein Paket für zwei Maschinen kostet 350.000 Euro. Vier Teams mit acht Fahrern haben diese Beträge bezahlt, die Aspar-Truppe dürfte das Material kostenlos erhalten, vermuten die Chefs der Kundenteams inklusive Peugeot MC Saxoprint. Beim deutschen Team zahlte Peugeot die 350.000 für das Material, dazu die Motoren und den Öhlins-Vertrag. Die restlichen operativen Kosten muss die Heidolf-Truppe beisteuern. Aber das Geld reicht nach der Racing-Team-Germany-Insolvenz hinten und vorne nicht.

Die Teams beklagen sich auch über die Top-Speed-Werte: In Texas legte Guevara auf der RBA-KTM 237,1 km/h vor. De beste Mahindra erreichte unter Bagnaia 232,8 km/h. Karel Hanika auf der Mahindra sogar nur 229,5 km/h, damit war er das Schlusslicht in der Top-Speed-Tabelle. In Jerez spielte der Top-Speed weniger Rolle.

Der Tscheche Hanika, 2014 und im Vorjahr noch im Red Bull-KTM-Werksteam unterwegs, dort manchmal in der ersten Startreihe, mehrmals in den Top-Ten, ist bei Mahindra am Verzweifeln. Null Punkte in vier Rennen.

«Bei KTM konnte Karel aus dem Windschatten heraus jeden Gegner überholen. Mit der Mahindra kann er sich kaum im Windschatten der besten Bikes halten», sagt ein Planinum-Bay-Real-Estate-Teammitglied über den zweifelsohne talentierten Red Bull Rookies-Cup-Gesamtsieger von 2013.

Dazu existiert noch das Theater mit der Verkleidung: Bagnaia rückte in Katar mit einer 2014-Verkleidung aus, die gegnerischen Teams mussten das per Unterschrift erlauben.

CIP-Mahindra-Teambesitzer Alain Bronec: «Bei mir fuhr Spiranelli zuletzt eine Verkleidung von 2015, Suzuki eine von 2016. Am Freitag in Jerez hat auch Suzuki eine 2015 Verkleidung ausprobiert.»

Mahindra: Kundenteams springen ab

Fakt ist: Jeder einzelne Besitzer eines Mahindra-Kundenteams hat bereits in Jerez Kontakte zu KTM geknüpft.

Aber keiner will sich momentan öffentlich äussern. Das ist absolut verständlich, denn es sind noch 14 Rennen mit Mahindra zu absolvieren.

Für Alfredo Mastropasqua, Manager des 3570 Team Italia, ist das Thema KTM schon seit 2012 aktuell, als Romano Fenati von der FTR-Honda enttäuscht war. Das Team Italia wollte schon im Sommer 2015 mit KTM einen Deal abschliessen und zu diesem Zwecke Philipp Öttl neben dem Rookies-Cup-Helden Fabio Giannantonio engagieren.

Die Mahindra-Teamchefs Caponera, Bronec und Mastropasqua haben bei Mahindra Racing längst den Technical Director Davide Borghesi als Übeltäter und Sündenbock festgenagelt. Er sei einst bei Aprilia Reparto Corse in die Offroad-Abteilung zu Enduro und Supermoto abgeschoben worden und habe von Rennmotoren keine Ahnung, wird berichtet.

Mit den erfolgreichen GP-Projekten von Aprilia in der 125er-WM und 250er-WM hatte er jedenfalls nichts zu tun. «Wir haben ihn ins Abseits befördert», erinnert sich Carlo Pernat, der damals gemeinsam mit Jan Witteveen die GP-Geschicke von Aprilia leitete.

In Jerez wurde Borghesi der Boden bald zu heiss. Er reiste noch am Samstag ab.

«Borghesi hat sich in Jerez nicht an die Absprachen gehalten. Deshalb war er dann am Samstagabend nicht mehr erreichbar», schildert Peugeot-Teammanager Terrell Thien. «Er hat sich vorher mit einigen technischen Entscheidungen durchgesetzt. Uns wurde von Mufaddal Choonia versprochen, wir bekommen einen komplett neu entwickelten Auspuff. Aber dann hat Davide Borghesi diesen Auspuff lieber dem Wildcard-Fahrer Albert Arenas aus dem Aspar-Team gegeben. Uns hat er doof da stehen lassen. Aber inzwischen kümmert sich Peugeot um dieses Problem. Peugeot sollte ja von Mahindra als Werksteam behandelt werden...»

Wie gesagt: Mit diesem grotesken Methoden wird Mahindra für 2017 wohl alle Kundenteams verlieren, die immerhin 350.000 Euro für zwei Fahrer plus finanzielle Nebengeräusche abliefern.

«Das könnte nur anders aussehen, wenn die letzten sechs Rennen von Mahindra gewonnen werden», meint Thien.

Da das Peugeot MC Saxoprint-Team auf wackligen Beinen steht, ist auch hier die Zukunft ungewiss, obwohl ein Drei-Jahres-Vertrag zwischen den Sachsen und Peugeot abgeschlossen wurde.

Allerdings: Bei den augenblicklichen Zuständen wird sich kein halbwegs aufgeweckter GP-Fahrer auf einen Deal mit den ehemaligen RTG-Leuten einlassen.

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